Polizisten in einem Stadion

Bundesverfassungsgericht Profifußball muss höhere Polizeikosten bei Hochrisikospielen zahlen

Stand: 14.01.2025 22:02 Uhr

Bremen darf der Deutschen Fußballliga die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in Rechnung stellen. Das Bundesverfassungsgericht entschied gegen die DFL und wies eine Verfassungsbeschwerde ab. Sachsens Innenminister Armin Schuster begrüßte das Urteil. Fußball-Drittligist Dynamo Dresden teilte mit, eine Beteiligung an den Polizeikosten würde eine erhebliche finanzielle Herausforderung bedeuten. Thüringen will sich für eine bundesweit einheitliche Lösung einsetzen.

Von MDR AKTUELL

Die deutschen Profi-Fußballvereine müssen sich an den Polizeikosten für Hochrisikospiele beteiligen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte ein entsprechendes Gesetz des Bundeslandes Bremen für verfassungsgemäß. Damit wurde die Verfassungsbeschwerde der Deutschen Fußball Liga (DFL), dem Zusammenschluss der Bundesliga-Vereine, abgewiesen.

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Verfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth erklärte zu der Entscheidung: "Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Gefahrenvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt und ausschließlich aus dem Steueraufkommen finanziert werden müsste." Die DFL bezeichnete das Urteil als "enttäuschend". Die Konsequenzen seien erst in den kommenden Wochen und Monaten absehbar, sagte DFL-Anwalt Bernd Hoefer.

Was sind Hochrisikospiele?
Als Hochrisikospiele werden Partien bezeichnet, bei denen besonders mit Auseinandersetzungen zwischen den Fanlagern gerechnet wird. Nach DFL-Angaben gab es in der Saison 2022/23 bei insgesamt 612 Begegnungen in der 1. und 2. Liga 52 sogenannte "Rotspiele".

Reaktionen aus Mitteldeutschland

Sollte sich das Bremer Modell nach der Karlsruher Entscheidung auch in den anderen Bundesländern durchsetzen, kämen auf die Profivereine erhebliche finanzielle Mehrbelastungen zu. Dies könnte vor allem unterklassige Clubs besonders hart treffen.

In den Ländern wurde das Urteil zunächst unterschiedlich aufgenommen. Sachsens Innenminister Armin Schuster sagte, er begrüße, dass jetzt Rechtssicherheit herrsche. Welche Konsequenzen Sachsen aus dem Urteil ziehen wird, ließ der CDU-Politiker allerdings offen. Fußball-Drittligist Dynamo Dresden wiederum wollte sich auf MDR-Anfrage noch nicht detailliert äußern. Der Geschäftsführer Kommunikation, David Fischer, teilte mit, eine Beteiligung an den Polizeikosten würde für Dynamo eine erhebliche finanzielle Herausforderung bedeuten. Thüringen will sich derweil für eine bundesweit einheitliche Lösung einsetzen, hieß es aus dem Innenministerium in Erfurt.

Sachsens Landesrechnungshof hatte bereits 2021 vom Freistaat gefordert, wie Bremen zu verfahren. Die Behörde verwies darauf, dass 2019 für 93 Spiele von fünf Vereinen der 1., 2. und 3. Liga Gesamtkosten von 7,3 Millionen Euro aufgelaufen seien. Würde man wie Bremen verfahren, könnten 3,8 Millionen Euro gegenfinanziert werden, hieß es.

Die Fanhilfe Magdeburg, die Fans des 1. FC Magdeburg unterstützt, fürchtet nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fatale Folgen für Vereine und Fans. Bisher bestimme allein die Polizei, wie viele Kräfte sie bei Hochrisikospielen einsetze. Die Einsatzstärken müssten aber jeweils an der Realität ausgerichtet werden, so die Forderung aus Magdeburg.

Veranstaltungen ab 5.000 Teilnehmern

Das Land Bremen hatte bereits 2014 beschlossen, dass sich die Veranstalter von Profi-Fußballspielen an den Mehrkosten beteiligen müssen, die bei Hochrisiko-Begegnungen für den erhöhten Polizeieinsatz entstehen. Die Gebühr wird bei allen Großveranstaltungen fällig, die gewinnorientiert sind, über 5.000 Teilnehmer haben und bei denen es erfahrungsgemäß zu Gewalt kommen kann. Im Jahr 2015 erfolgte dann der erste Kostenbescheid für das Spiel Werder Bremen gegen Hamburger SV über rund 425.000 Euro.

Fans vom SV Werder Bremen brennen Pyrotechnik ab

Fans brennen bei der Begegnung zwischen dem Hamburger SV und SV Werder Bremen in der Saison 2014/2015 Pyrotechnik ab. (Archivbild)

Bremen einziges Bundesland mit Gebühren

Inzwischen wurden über drei Millionen Euro fällig, die die DFL aber nur teilweise und unter Vorbehalt bezahlte. Der Ligaverband hatte vor mehreren Gerichtsinstanzen gegen die Bescheide geklagt. Aber schon 2019 hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Kostenbeteiligung für rechtmäßig erklärt. Jetzt blieb auch die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg. Bremen ist das erste und bisher einzige Bundesland, das die Gebühren erhebt. Andere Bundesländer könnten jedoch folgen. (AZ: 1 BvR 548/22)

Berlin plant weiter keine Kostenbeteiligung

Das Land Berlin plant auch nach dem Scheitern der DFL-Beschwerde keine Kostenbeteiligung der Fußball-Clubs an Polizeieinsätzen bei Hochrisikospielen. Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) sagte der Nachrichtenagentur dpa, man werde das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und seine Begründung bewerten, sobald sie vorlägen. "Es gilt aber auch weiterhin meine Position, dass das Land Berlin keine Kostenbeteiligung für Vereine an Zusatzausgaben bei Polizeieinsätzen im Hinblick auf Hochrisikospiele plant."

Reuters/AFP/dpa(dni)