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Fußball | Initiative der Ostklubs NOFV-Boss Winkler reagiert verschnupft, aber auch viel Rückenwind für DFB-Reform
NOFV-Präsident Hermann Winkler hat auf die Initiative der Ostklubs geantwortet und ihr Vorgehen kritisiert. Dagegen schließen sich weitere Regionalligisten bundesweit der Reformbewegung an. "Sport im Osten" analysiert.
NOFV-Boss Hermann Winkler hat auf die Reformpläne der 17 Regionalligisten reagiert. "Grundsätzlich hätte ich mir ein anderes Vorgehen der Vereine gewünscht. Es geht nur gemeinsam. Wir haben als Verband mit Beteiligung der Vereine, man hatte sich damals für Jena und Viktoria Berlin entschieden, schon sehr viele Gespräche und Verhandlungen geführt. Ehrlicherweise müssen wir sagen, dass wir für unsere Vorschläge keine Mehrheit gefunden haben", meinte Winkler in einem schriftlichen Statement. Allerdings sind die Gespräche, auf die er sich bezieht, schon mehr als zwei Jahre her. Sein Verband hatte selbst für den DFB-Bundestag 2025 einen vorbereiteten Anlauf versprochen. Konkrete Pläne seitens des NOFV sollen nach Meinung der Vereine aber nicht vorgelegen haben. "Wir hatten ebenfalls nicht den Eindruck, dass ernsthafte Vorbereitungen vom NOFV für einen Antrag auf dem kommenden DFB-Bundestag vorangetrieben wurden", erklärt stellvertretend Tommy Haeder vom Chemnitzer FC.
Juristischer Weg gegen den DFB könnte bestritten werden
Winkler rügte die Vereine: "Mit einer klugen Strategie bin ich als NOFV sofort wieder mit unseren Vereinen im Boot. Drohungen und die Ankündigung fraglicher juristischer Schritte sind dabei allerdings wenig hilfreich." Provoziert sah sich Winkler offenbar von Aussagen Haeders: "Wenn wir merken, dass das Thema wieder weggewischt werden soll. Dann scheuen wir uns nicht vor weiteren Maßnahmen."
Es war eine neue Tonart der Ostvereine, die nur alle drei Jahre einen direkten Drittliga-Aufsteiger im Nordosten haben und sich so seit 2019 benachteiligt sehen. "Unter anderem würden wir auch vor ein ordentliches Gericht ziehen. Dafür gründen wir als Klubs zusammen einen Verein als Interessensvertretung. Und der Ball kann auch während des Spieltags am Wochenende mal komplett für ein paar Minuten liegen bleiben." Solche geplanten Protestaktionen und juristischen Androhungen sind neu, obwohl das Thema seit Jahren regelmäßig an der Tagesordnung war.
Positive Reaktionen von Ulf Kirsten und Erzgebirge Aue
Die Initiative hatte am Mittwoch den ersten konkreten Vorschlag seit 2019 auf den Tisch gelegt. Aus den fünf Regionalligen sollen vier gemacht werden, dafür aber die Staffeln jeweils von 18 auf 20 Teams aufgestockt werden. Gesamt spielen dann statt 90 Vereinen noch 80 in der Viertklassigkeit. Dafür dürfte jeder Meister aufsteigen.
Erste Reaktionen fallen bundesweit für die Reformbewegung aus. Ex-Bundesliga-Stürmer Ulf Kirsten, heute Berater des Vorstands von Dynamo Dresden, erklärte "Sport im Osten": "In der Nordost-Regionalliga sind viele große Vereine aus dem Osten. Es ist ein berechtigtes Interesse, dass sie eine faire Aufstiegslösung wünschen. Ein Meister muss grundsätzlich immer aufsteigen. Die vorgeschlagene Vier-Staffel-Lösung in der Regionalliga mit klarem Aufstiegsrecht in die 3. Liga ist deshalb angemessen." Dazu lobt Kirsten: "Dass die Ostteams nun Klubs aus dem Westen in ihre Liga aufnehmen wollen, ist ein super Signal. Mit der vorgeschlagenen Aufstockung auf 20 Teams pro Staffel sollte eine Reform möglich sein, ohne dass man den Osten komplett auseinanderreißt.“
Auch Drittligist Erzgebirge Aue stellte sich hinter die Forderungen der Regionalligisten. Sportdirektor Matthias Heidrich betonte: "Wir unterstützen diese Initiative vorbehaltlos und begrüßen es sehr, dass sich nahezu alle Clubs eines großen Verbandes sicher hinter dieser Idee versammeln. Die aktuelle Aufstiegsregelung ist schlicht unfair."
Osten will erstmals Teams aus den alten Bundesländern aufnehmen
"Sport im Osten" liegt das intern favorisierte Modell mit allen Details vor. Dabei erklären sich die Nordost-Teams erstmals bereit, zwei Klubs aus dem Westen in ihre Regionalliga aufzunehmen. Dies sollen Vereine sein, die nah an der Grenze liegen und daher entsprechend kurze Fahrtwege für alle Seiten möglich sind. Beispiele wären wohl Kassel, Fulda oder Bayreuth.
Auf Nachfrage bestätigte Haeder: "Ja, das geht damit einher." Dazu gibt es schon den ersten hessischen Klub, der das Angebot annehmen könnte. Sportchef Sören Gonther von Südwest-Regionalligist Hessen Kassel sagt: "Es ist die einfachste und sinnvollste Lösung. Ich unterstütze den Vorstoß mit vier Staffeln und wir würden es nicht ablehnen, in die Ost-Regionalliga zu wechseln. Wir haben weite Fahrten in den Südwesten, da ist der Osten eine Alternative."
Alter Beschluss aus Bayern soll neu belebt werden
Darüber hinaus beziehen sich die Nordost-Klubs nach "Sport-im-Osten"-Recherchen auf einen öffentlichen Beschluss des Bayerischen Fußball-Verbands von 2018 in Bad Gögging. Damals erklärten die bayerischen Vereine: "Wir würden allerdings einer viergleisigen Regionalliga sehr wohl zustimmen. Dies setzt aber natürlich voraus, dass Bayern ein proportional angemessener Teil einer der vier Ligen ist. Dies wäre zusammen mit Baden-Württemberg oder zusammen mit Sachsen und/oder Thüringen oder zusammen mit Hessen der Fall.“
Zustimmung aus Würzburg, Schweinfurt und Unterhaching
Darauf basierend schlägt der Osten nun eine Regionalliga Süd aus den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg vor. Und auch die bayrischen Spitzenklubs zeigen sofort Verhandlungsbereitschaft. Sebastian Neumann von den Würzburger Kickers teilt mit: "Ich finde es begrüßenswert, dass ein neuer Anlauf genommen wird, an der schrecklichen Aufstiegsregelung etwas zu verändern." Die Unterfranken scheiterten schließlich letzten Sommer im Elfmeterschießen der Relegation am Aufstieg - trotz Meisterschaft. "Eine Neuordnung, die zu vier Regionalligen führt, fände ich gut, wenn diese sich nicht mehr an den Grenzen der Landesverbände ausrichtet. Ich finde, diese Ligen sollten dann auch in Zukunft in den Zuständigkeitsbereich des DFB fallen", ergreift Neumann die Position der Ostklubs.
Auch Markus Wolf vom FC Schweinfurt 05, ebenfalls schon unterlegen in einer Aufstiegsrelegation, antwortet: "Grundsätzlich befürworten wir den Vorstoß aus dem Osten für eine Reform der Aufstiegsregelung. Aus unserer Sicht wäre eine Lösung in fünf Staffeln oder vier Staffeln ohne die Reserve-Teams, die in eine U23-Bundesliga gehen, besser. Das Wichtigste aber ist: Wir bräuchten wie zum Beispiel für eine Regionalliga mit Baden-Württemberg die Organisation unterm Dach des DFB, sodass es einen Fernsehvertrag für alle vier Staffeln mit den 20 Teams gibt. Wir verwehren uns dem Lösungsvorschlag aus dem Osten daher nicht, sondern müssen sprechen.“
Auch die Spielvereinigung Unterhaching würde hinter einer Entscheidung für vier Regionalligen stehen, "wenn der Bayerische Fußballverband sich für eine Regionalliga mit Baden-Württemberg entscheidet", erklärte Präsident Manfred Schwabl.
Im Norden sollen die Gebiete ähnlich verändert werden. Dort könnten Klubs aus der Region Westfalen aufgrund der geographischen Nähe von der West- in die Nordstaffel gehen. Es ergibt sich damit einfach eine verschobene Weststaffel.
Meyer: "Südwesten und Westen sollen nichts verlieren!"
Mit diesem Angebot wollen die Klubs im Nordosten mit allen bundesweiten Regionalliga-Vereinen und den anderen Landes- und Regionalverbänden ins Gespräch gehen und so die nötige Unterstützung für den DFB-Bundestag 2025 im Herbst gewinnen. Daniel Meyer vom Halleschen FC sagte: "Der Westen und Südwest sind in einer komfortablen Situation. Es ist eine wichtige Voraussetzung, ihnen klarzumachen, dass sie nichts verlieren. Wir wollen ihnen nichts wegnehmen. Aber wir erwarten ein Maß an Solidarität, dass die bisherige Lösung zu Lasten anderer geht!" Denn es braucht auch Stimmen aus diesen Regionen auf dem DFB-Bundestag, um eine Mehrheit zu bekommen. NOFV-Boss Winkler erklärte dazu: "Inhaltlich möchte ich mich erst äußern, wenn ich von den Clubs über die konkreten Vorschläge informiert worden bin."
![Daniel Meyer vom, Halleschen FC will Gespräche mit den anderen Staffeln aufnehmen. | IMAGO/Picture Point LE Daniel Meyer](https://images.sportschau.de/image/10472447-fbd6-457b-8625-77d846512286/AAABlP-F9DU/AAABkZLlUbs/16x9-960/mdr-daniel-meyer-120.jpg)
Daniel Meyer vom, Halleschen FC will Gespräche mit den anderen Staffeln aufnehmen.
Auch Zerschlagung der Nordost-Staffel wird in Kauf genommen
Bei der Aushandlung der Vier-Staffel-Lösung erklären die Ostklubs "Kompromissbereitschaft" und schließen dabei im Extremfall eine Zerschlagung der Nordost-Regionalliga nicht aus. Weil nach einem solchen Modell zwei Ostvereine pro Saison in unterschiedlichen Staffeln Meister werden und aufsteigen könnten.
Haeder erklärte auf der PK am Mittwoch zur Rolle des NOFV: "Ich möchte nochmal vor Augen führen, warum es den NOFV überhaupt gibt. Er wurde gegründet, um die ostdeutschen Interessen nach der Wiedervereinigung zu vertreten. Deshalb stellt sich die Frage, auch wenn sie hart ist, braucht es diesen überregionalen Verband noch oder geht es auch nur mit den Landesverbänden, die in der alten Bundesrepublik teils auch nur vorhanden sind?" So würde die Existenz des NOFV auf dem Spiel stehen, für den Fall, dass er die eigenen Klubs nicht bei der Mehrheitsfindung ihrer Wunschlösung unterstützen sollte.
Im Vier-Staffel-Modell lauern noch Streitpunkte. Wie zum Beispiel, in welchem Gebiet Regionalligisten abgebaut werden müssen. Dennoch ist erstmals seit dem DFB-Bundestag 2019 ein neuer Vorschlag auf dem Tisch. Letztendlich könnte das auch den DFB auf den Plan rufen, der sich immer eine Vier-Staffel-Lösung gewünscht hatte.