
Fußball | 3. Liga Erzgebirge Aue: Was hat der Trainerwechsel bisher gebracht?
Jens Härtel ist ein echter Ostclub-Kenner, war beim 1. FC Magdeburg und dem F.C. Hansa Rostock erfolgreich, doch in Aue holpert es. Eine (Zwischen)-Bilanz.
Als sich Erzgebirge Aue an einem grauen Novembertag am 16. Spieltag nach einer 2:5-Heimpackung gegen den SC Verl von seinem langjährigen Trainer Pavel Dotchev trennte, waren die "Veilchen" Achter und der Abstand zum Aufstiegsplatz (6 Punkte) geringer als zum ersten Abstiegsplatz (7 Punkte).
Fünf Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz
Viele Tage, Wochen, Monate und einen Trainerwechsel später, hat sich das Blatt gewendet. Der erste direkte Aufstiegsplatz ist unter Neu-Coach Jens Härtel längst außer Reichweite und Aue steckt als Tabellen-14. mit 43 Punkten in Abstiegsgefahr. Ganze fünf Punkte trennen den FCE von einer Zone, in die die Mannschaft nie kommen wollte und wo man sie nach dem starken Saisonstart auch nicht erwartet hätte.
Schwieriges Restprogramm
Dass es das Restprogramm - Dortmund II und Sandhausen sind direkte Konkurrenten, Ingolstadt ein Aufstiegskandidat, dazu geht es gegen Verl und den TSV 1860 München - in sich hat, macht es nicht einfacher. Der erhoffte Effekt des Trainerwechsels blieb jedenfalls aus. In 14 Drittliga-Spielen unter Härtel feierte Aue nur vier Siege, holte zwei Remis und verlor acht Mal. Zuletzt mit 2:4 in Essen. Es war die fünfte Pleite in den letzten sechs Spielen. Nur zu Hause gegen den VfB Stuttgart II gewann man - glücklich.
Dabei hatte Aue auch wegen seiner Ostclub-Affinität auf den 55-jährigen Härtel gesetzt. In Magdeburg (176 Spiele/1,78 Punkte im Schnitt) und Rostock (159 Spiele/1,58 Punkte) glänzte der gebürtige Sachse und führte beide Vereine aus der 3. Liga ins Bundesliga-Unterhaus. Härtels Bilanz in Aue erinnert nun eher an seine Zeit bei Eintracht Braunschweig. Bei den Norddeutschen war 2023 nach elf Spielen und nur einem Sieg wieder Schluss.
Verletzungssorgen werden noch schlimmer
Dass Aue in der Rückrunde ein Abstiegskandidat geworden ist, liegt allerdings auch am nicht enden wollenden Verletzungs- und Krankheitspech. So fielen neben dem Langzeitverletzten Niko Vukancic, Marcel Bär und Can Özkan auch Mika Clausen (Sprunggelenksverletzung) und Linus Rosenlöcher (Magen-Darm-Virus) in Essen aus. Bei den angeschlagenen Omar Sijaric und Marvin Stefaniak reichte es zumindest für einen Kurzeinsatz.
Und die Lage wird nicht besser. In Essen verlor Aue nicht nur das Spiel, sondern auch drei Spieler. Maxim Burghardt (Knie), Erik Majetschak (Taubheitsgefühl im Sprunggelenk) und Maximilian Schmid (Bänder) mussten verletzt raus und treiben Aue und seinen Anhängern Schweißperlen auf die Stirn. Abwehrspieler Steffen Nkansah sagte nach der Niederlage in Essen bei SPORT IM OSTEN: "Wir müssen schleunigst Spiele gewinnen und aufpassen, dass wir die knappen Spiele nicht alle verlieren. Ich bin aber überzeugt, dass wir gegen jeden Gegner auch gewinnen können. Wir schaffen das."
In Essen und Osnabrück fruchteten die Trainerwechsel
Dass Trainerwechsel durchaus schnell Früchte tragen können, zeigt der Blick nach Essen und Osnabrück. An der Hafenstraße übernahm Uwe Koschinat im Dezember. Mit zehn Siegen in 16 Spielen führte er die Mannschaft aus dem Tal der Tränen zur besten Rückrundenmannschaft. Fast ein wenig grotesk: Koschinat war erst im September beim VfL Osnabrück entlassen worden. Der VfL versuchte es anschließend mit Pit Reimers - erfolglos. Nach dem Motto "Aller guten Dinge sind drei" übernahm Marco Antwerpen im Dezember das Zepter - unter ihm verließ Schlusslicht Osnabrück die Abstiegszone.

Uwe Koschinat erlebt in Essen gerade seine erfolgreichste Zeit als Trainer.
Osnabrück ist Aue mittlerweile dicht auf den Fersen und hat nur noch einen Punkt Rückstand. Am 16. Spieltag - also dem Tag der Dotchev-Entlassung - hatte der VfL als Letzter elf Punkte und damit zwölf weniger als Aue gesammelt. Was die Trainer-Rochade in der 3. Liga noch verrückter macht: Antwerpen war nach einem verkorksten Start am fünften Spieltag bei Waldhof Mannheim freigestellt worden.
Regionalligisten drücken Aue die Daumen
Was das zeigt? Ein Trainer funktioniert nicht bei jedem Verein. Bleibt aus mitteldeutscher Sicht zu hoffen, dass Härtel und Aue noch zum Happy End werden. Ansonsten könnte es auch für die Kellerkinder der Regionalliga Nordost ungemütlich werden. Ein Abstieg von Aue wäre gleichbedeutend mit einem weiteren Absteiger aus der vierten Liga in die Oberliga.
sst