Sommermärchen-Affäre Frankfurter Landgericht: Verfahren gegen früheren DFB-Präsident Niersbach eingestellt
Im Prozess um die Vergabe der Fußball-WM 2006 endet das Verfahren gegen Ex-DFB-Präsident Niersbach mit einer Geldauflage. Sein Vorgänger Zwanziger muss sich weiter vor dem Frankfurter Landgericht verantworten.
Gegen eine Geldauflage von 25.000 Euro ist das Verfahren gegen den ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach um die Vergabe der Fußball-WM 2006 vor dem Frankfurter Landgericht am Montag vorzeitig zu Ende gegangen. Das Gericht hat den Beschluss gefasst, dass das Verfahren zunächst vorläufig für einen Monat und dann endgültig eingestellt wird, wenn Niersbach die verabredete Zahlung an gemeinnützige Organisationen bis zum 9. September leistet.
"Dies ist kein Freispruch", betonte die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler. Der Verdacht der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall bestehe weiterhin, "auch wenn die Schuld als gering zu betrachten ist", so die Richterin.
Richterin: Niersbach stürzte am tiefsten
Da Niersbach alle Ämter verlor, habe er am meisten unter der Affäre gelitten, sei am tiefsten gestürzt und sei möglicherweise der Einzige, der nicht explizit in die steuerliche Angelegenheit involviert war, führte Distler aus. Zudem sei viel Zeit vergangen, und es bestehe keine Wiederholungsgefahr.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt, die eine Geldauflage von 58.000 Euro angeregt hatte, stimmte der Einstellung zu. Diese Entscheidung sei "sachdienlich und gerechtfertigt", sagte Oberstaatsanwalt Jesco Kümmel bei der Verhandlung.
"Ich stimme zu, ja!", sagte Niersbach selbst vor Gericht. Seine Verteidigerin erklärte, mit Blick auf die Belastungen für ihn und seine Familie durch das Verfahren kämpfe der 73-Jährige nicht weiter für einen Freispruch.
Verfahren um Zwanziger geht weiter
Schon vor der Sommerpause in dem Steuerprozess hatte Richterin Distler die Abtrennung des Verfahrens gegen den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt aus gesundheitlichen Gründen verfügt.
Vor dem Frankfurter Landgericht ist neben Niersbach und Schmidt der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger angeklagt. Dessen Verteidigung ließ in einem Schreiben erklären, dass man sich ärgere, dass eine Einstellung des Verfahrens gegen ihn nicht im Gespräch sei. Zwanzigers Verteidigung lehnt allerdings jegliche Auflagen strikt ab und fordert weiterhin Freispruch.
Die einstigen Spitzenfunktionäre des DFB sollen eine im April 2005 an den Weltverband Fifa erfolgte Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro in der Steuererklärung für 2006 unrechtmäßig als Betriebsausgabe deklariert und damit die Steuer für das WM-Jahr um rund 13,7 Millionen Euro gekürzt haben.
Anwältin: "Kein Schuldeingeständnis"
Alle drei Angeklagten wiesen den Vorwurf im bisherigen Prozess strikt zurück - dabei bleibt es auch bei Niersbach. Seine Anwältin bekräftigte, dass die Einstellung gegen eine Geldauflage "kein Schuldeingeständnis" sei.
Der heute 73-Jährige war nach einem stetigen Aufstieg beim DFB von 2012 bis 2015 dessen Präsident, ehe er wegen der WM-Affäre zurücktrat.
Die Hintergründe
Die Fifa hatte die 6,7 Millionen Euro nur einen Tag nach dem Eingang an Robert Louis-Dreyfus weitergeleitet. Der französische Unternehmer hatte im Jahr 2002 ein Darlehen in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken auf ein Konto von Franz Beckenbauer überwiesen.
Diese Summe war später auf einem Firmenkonto des damaligen Fifa-Vizepräsidenten, Mohamed bin Hammam, in Katar gelandet. Welchem Zweck das Geld diente, ist immer noch unklar. Gemutmaßt wird bis heute, dass mit dem Geld Stimmen bei der WM-Vergabe für Deutschland gekauft wurden.
Wolfgang Niersbach soll als Zeuge im weiteren Prozess geladen werden, sobald sein Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Als weitere Zeugen vor Gericht werden unter anderem noch Fedor Radmann, der einst im Organisationskomitee der WM 2006 saß und als enger Vertrauter des verstorbenen Beckenbauer galt, sowie der ehemalige Fifa-Präsident Joseph Blatter und der Ex-DFB-Präsident Fritz Keller erwartet.