Zwei Weltmeisterinnen unter sich: Silvia Steiniger (rechts) und Johanna Knapp (links)  fachsimplen vor dem Start am Weltcuphang in Lenggries

Fahrrad mit Skiern Skibob Weltmeisterschaft in Lenggries - Exoten auf der Piste

Stand: 21.02.2025 09:33 Uhr

Sie rasen auf einem "umgebauten Rad" den verschneiten Berg runter – die Reifen sind durch Skier ersetzt. Das ist ein Skibob. Die Skibob-Elite trifft sich derzeit in Lenggries zur Weltmeisterschaft. Sie brennen für einen Sport, den kaum jemand kennt.

Von Martin Breitkopf

Die Ski fräsen tiefe Furchen, der Firn-Schnee staubt in Fontänen auf, mit gut 100 km/h geht bergab. Johanna Knapp liegt schief wie auf einem Motorrad in der Kurve. Das ist Adrenalin pur, freut sich die 16-Jährige aus Köln später im Ziel. Johanna gehört zu den Besten der Welt – bei der letzten Weltmeisterschaft in der Schweiz hat sie sich den Schüler Weltmeistertitel geholt. Jetzt will sie es im oberbayerischen Lenggries wissen und hofft auf Treppchenplätze. Gut hundert Skibobbegeisterte treten hier gerade gegeneinander an.

Super-G und Riesenslalom

Der Weltcuphang ist bestens präpariert für Super-G, Slalom und Riesenslalom. Der Skiclub Lenggries und die Gemeinde haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Schon 2018 war Lenggries Austragungsort, berichtet Bürgermeister Stefan Klaffenbacher. Er ist stolz, dass die Skibobpilotinnen und -Piloten immer wieder gern nach Lenggries kommen. Regelmäßig finden hier die deutschen Meisterschaften statt. Klaffenbacher hofft auf ein paar Zuschauer, der Eintritt ist frei.

Skibob führt ein Schattendasein

Allzu oft sind die Athleten unter sich. Wenn sie die Piste auf ihren Skirädern runterpflügen fühlen sie sich wie Exoten. Skibobpilotinnen stehen nicht im Rampenlicht, berichtet Silvia Steiniger. Sie ist Weltmeisterin, Weltcupsiegerin, amtierende bayerische und deutsche Meisterin. Doch das wissen nur Insider, sagt die 27-Jährige aus March im Landkreis Regen. Ihr ist es nicht wichtig, Autogrammkarten zu schreiben. Sie macht es für den Sport und auch die Gemeinschaft. Skibobfahrer sind eine große Familie, sagt sie.

Steininger begann bereits früh mit diesem außergewöhnlichen Sport. Mit rund drei Jahren kam sie das erste Mal in Kontakt mit einem Skibob. Seitdem hat sie die Faszination gepackt und nicht mehr losgelassen. „Das ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man sich in die Kurve legt, das kann man mit nichts anderem vergleichen. Es ist etwas Besonderes, was nicht jeder macht“, sagt sie über ihre Leidenschaft.

Johann Knapp ist 16 Jahre und will nach dem Schülerinnen Weltmeistertitel jetzt bei der Juniorinnen den Weltmeistertitel holen.

Johann Knapp ist 16 Jahre und will nach dem Schülerinnen Weltmeistertitel jetzt bei der Juniorinnen den Weltmeistertitel holen.

Skibob: Ursprung in Oberbayern

Ein Oberbayer hatte 1951 einen der bahnbrechenden Prototypen für den heutigen Skibob patentieren lassen. Georg Gfäller Junior aus Kiefersfelden – dort gabs auch das erste Skibobrennen der Welt, 1967 dann schon die erste Weltmeisterschaft in Österreich. Ein Nischensport ist es trotzdem geblieben. Cristiane Stenchly hat eine Vermutung warum – die Brasilianerin ist Weltmeisterin im Super G und schon seit über 30 Jahren dabei und auch in Lenggries ist sie am Start. In den 70er und 80er war Skibob groß im Kommen und wurde sogar als Olympiadisziplin gehandelt, erklärt sie. Doch dann kam Snowboard und ein Skibob ist dagegen einfach unhandlich. Sperrig zu transportieren und umständlich im Lift. Deswegen sind Skibobfahrer Exoten auf der Piste. Karsten Rokitta der Präsident vom Deutscher Skibobverband e.V. kann das bestätigen.

Skibob ein Sport für Idealisten

Seit Jahren sind die Mitgliedszahlen im Verband rückläufig, so der deutsche Skibob Präsident. Ein Grund ist sicherlich auch das fehlende Sponsoring der Skibob-Sportler. Da gehöre viel Idealismus dazu, ergänzt Bundestrainer Clemens Müller. Sogar bei der Weltmeisterschaft müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Fahrtkosten und Übernachtungskosten tragen. Nur wer Geld mitbringe, habe eine Chance im Skibobsport, so Müller. Das sei nicht konkurrenzfähig zu anderen Sportarten, die Folge ist so gut wie kein Nachwuchs.

Trotzdem möchte Müller den Skibob Sport nicht missen. Er ist Bundestrainer, Busfahrer, Betreuer und Manager in einer Person und die Sportler sind seine Familie. Unbezahlbar seien die Momente auf und abseits der Piste, da ist es egal, ob der Skibob im Rampenlicht stehe oder nicht.

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Quelle: Abendschau - Der Süden 20.02.2025 - 17:49 Uhr