Leonie Beck im Freiwasser bei den Olympischen Spielen in Paris

Schwimmen Leonie Beck moniert "Drauflege-Geschäft" im Spitzensport

Stand: 11.11.2024 09:20 Uhr

Drei WM-Titel, über 100.00 Follower auf Instagram - und doch muss sich Leonie Beck strecken, um ihren Beruf als Top-Schwimmerin ausüben zu können. Im BR erklärt sie die Probleme des deutschen Fördersystems.

Von Hannes Nebelung

Olympia 2024 war für Leonie Beck eine sportliche Enttäuschung. Platz neun im trüben und welligen Wasser der Seine und die folgende Magen-Darm-Infektion hat die Doppel-Weltmeisterin von 2023 aber mittlerweile "abgehakt". Ohnehin blieb in den darauffolgenden drei Monaten nach Paris kaum Zeit zum Luftholen. Denn die Würzburgerin muss aktiv bleiben, sowohl im Wasser als auch an Land.

Erfolgsdruck, sonst "fallen viele Preisgelder weg"

Finanziell über die Runden zu kommen "ist einfach schwer in einer Sportart wie dem Freiwasserschwimmen", erklärt Beck im Blickpunkt Sport-Interview. "Wenn man nicht wirklich die Beste ist, wie es bei mir letztes Jahr der Fall war, dann fallen viele Preisgelder weg." Der finanzielle Druck ist omnipräsent für Sportler, die in weniger populären Sportarten an den Start gehen.

Beck dankbar für Sporthilfe - "Das war's dann aber auch"

"Klar, wir haben die Sporthilfe, wenn man im Kader ist", betont die Weltklasse-Schwimmerin vom SV Würzburg 05 pflichtbewusst: "Da sind wir sehr dankbar. Die tun, was sie können. Das war's aber dann auch." Doch damit lässt sich ein umfangreiches Trainingsprogramm nicht in Gänze finanzieren - vor allem nicht, wenn von Athletinnen wie Beck Titel und Erfolge erwarten werden.

Ihr Bewegungstalent und ihren Ehrgeiz offenbarte die gebürtige Augsburgerin schon früh - überzeugt im Becken und auf der Skipiste. Nach dem familiären Umzug nach Würzburg richtet sich der Fokus auf das Schwimmen, auf die Olympia-Teilnahme 2016 folgt der Wechsel ins Freiwasser-Schwimmen und 2023 der doppelte WM-Triumph in Fukuoka.

Digitaler Spagat: "Habe ich noch Sponsoren?"

Und mit den Erfolgen kommt auch die Prominenz - vor allem zu spüren auf ihrem Instagram-Account. Dort folgen Beck rund 115.000 Menschen. Mit ihrem digitalen Auftritt kann sie sich monetär absichern, doch gleichzeitig bedeutet dies einen heiklen Spagat, den fast alle Olympioniken vollführen müssen.

Neidischer Blick nach Italien: "Viel besser als in Deutschland"

Denn für den maximalen sportlichen Erfolg muss wie bei so vielen ambitionierten Leistungssportlern die Trainings- und Vorbereitungsphase optimal sein. Beck zog deshalb 2021 in den italienischen Badeort Ostia nahe Rom. Dort kommt sie auch in Kontakt mit italienischen Topathletinnen wie der Freiwasser-Bronzemedaillengewinnerin von Paris, Ginevra Taddeucci, und lernt dabei einiges über das italienische Fördermodell.

"In Amerika oder in Italien sind die Sportfördersysteme viel, viel besser als in Deutschland", stellt Beck fest. "In Italien kommt jeder Athlet mit 17,18 Jahren, wenn er oder sie die ersten Erfolge einfährt, in eine Polizei-Sportfördergruppe oder in die Armee und bekommt während der Karriere ein Gehalt." Zuletzt hatte die Initiative von Bayerns Ministerpräsident für Markus Söder für Aufsehen gesorgt, nach der die Olympia-Prämien für bayerische Sportlerinnen und Sportler verdoppelt werden soll.

Ausweg Influencer - Werbung als Geldspritze

Beck hat noch eine weitere Einnahmequelle. Sie angelt sich Verträge mit Unternehmen, die sie auf ihrem Instagram bewirbt. Denn: "Es ist tatsächlich so, dass die Unternehmen viel in Influencer und in Werbung investieren, weil dort die Reichweite viel größer ist, wenn ich meine Werbung bei einem Influencer platziere, der eine Million Follower hat als auf einer Bushaltestelle."

So habe jeder Athlet die Möglichkeit, "diesen Weg zu gehen - wenn man das möchte - um eine bessere Plattform zu haben für Firmen und um sich selbst besser zu präsentieren. Das ist dann irgendwo auch rentabel." Generell rät sie jungen Menschen, die sich auf dem Weg in den Leistungssport befinden: "Studiert etwas nebenbei, macht eure Ausbildung, damit man irgendetwas in der Hand hat für das Leben nach dem Sport."

Endlich "kleine Pause": Australien und Weihnachten

Persönlich möchte Beck nun aber eine "kleine Pause" machen, die sie nach Olympia nicht hatte. Zuletzt absolvierte sie noch zwei Weltcups, "um ins Ranking reinzukommen" und damit weiter Teil der internationalen Schwimm-Elite zu bleiben. Ihr nächste Ziel: "Ich würde vielleicht gerne nach Australien für drei Wochen und die Ostküste entlang fahren. Dann ist Weihnachten und dann geht's auch schon wieder weiter." Auch 2025 gilt es für Beck, im Wasser und an Land ihre Karriere anzukurbeln.

Leonie Beck bei den Olympischen Spiele 2024

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Quelle: Blickpunkt Sport 10.11.2024 - 21:45 Uhr