BR24 Sport Schon sieben DFB-Absagen: Der Fußball an der Belastungsgrenze
Sieben Nationalspieler mussten ihre Reise zum DFB verletzungsbedingt absagen. Es wirkt wie ein Hilferuf, dass die Profis an der Belastungsgrenze sind. Spieler und Trainer monieren das schon lange. Besserung ist aber kaum in Sicht – im Gegenteil.
So, wie es sich abzeichnet, wird Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht auf die Elf des letzten Jahrgangs vertrauen können – und gewaltig umbauen müssen. Mit Benjamin Henrichs sagte nun der siebte Nationalspieler für die Partien in der Nations League gegen Bosnien-Herzegowina und die Niederlande ab und hat das Teamquartier in Herzogenaurach wegen Rückenproblemen verlassen.
Zuvor hatten David Raum (Sprunggelenk), Jamal Musiala (Hüftgelenk), Kai Havertz (Knie) und Robin Koch (Hüfte) abgesagt. Der monatelang fehlende Stammtorwart Marc-André ter Stegen (Patellasehnenriss) sowie Niclas Füllkrug (Achillessehnenreizung) konnten von Bundestrainer Nagelsmann gar nicht nominiert werden.
Einen Aderlass dieses Ausmaßes gab es schon lange nicht mehr beim DFB. Die Gründe liegen auch in der Belastung der Spieler. Besserung ist nicht in Sicht – ganz im Gegenteil.
Viele Topspieler derzeit verletzt: Tragisches Beispiel Rodri
Des einen Leid, des anderen Freud: So könnte man die Situation von Jamie Leweling, Jonathan Burkhardt, Robin Gosens und Kevin Schade bezeichnen. Sie alle rückten für die Verletzten ins Aufgebot. Mit Musiala und Havertz fehlen echte Topspieler, die bereits im EM-Kader standen. Nach einem Sommer ohne große Erholung, scheint ihr Körper der hohen Belastung Tribut zollen zu müssen. Aber auch international sind viele Topspieler derzeit verletzt.
Eins der prominentesten und zugleich tragischsten Beispiele ist der Spanier Rodri. Der 28-jährige Europameister von Manchester City hatte jüngst die aus seiner Sicht zu hohe Belastung kritisiert und sogar einen Streik nicht ausgeschlossen. "Wenn es so weiter geht, haben wir keine andere Wahl. Wir sind die Akteure, die unter dem Terminkalender leiden", so Rodri vor dem Champions-League-Auftakt gegen Inter Mailand. Wenige Tage später zog sich der Mittelfeldspieler im Spiel gegen den FC Arsenal einen Kreuzbandriss zu und wurde so zum tragischen Anschauungsbeispiel, was zu viele Spiele mit Profis anrichten können.
Rodri hatte in der vergangenen Spielzeit in Verein und Nationalmannschaft insgesamt über 60 Pflichtspiele absolviert. Nationalmannschaftskollege Dani Carvajal zwingt ebenfalls ein Kreuzbandriss zum Zuschauen, den er sich im letzten Spiel vor der Länderspielpause zuzog.
Ganz so schlimm hat es Jamal Musiala nun nicht erwischt, aber auch sein Körper spürte die Belastung am Ende der letzten Saison. Der 21-Jährige fiel die letzten Saisonspiele für den FC Bayern aus. Jetzt zwingt ihn sein Körper erneut zur Ruhe aufgrund von Problemen am Hüftgelenk.
FCB-Trainer Kompany fordert Belastungsgrenze
Neben Rodri hatte auch der Ex-Dortmunder Manuel Akanji die hohe Belastung beklagt und sogar eine Rente mit 30 ins Spiel gebracht. Auch der neue FC-Bayern-Trainer Vincent Kompany kennt das Problem. Schließlich war er selbst jahrelang in der Premier League aktiv, die mit Abstand die meisten Spiele in einer Saison bestreitet.
"Ich habe schon als Spieler gefordert, dass man eine Maximalanzahl bestimmt, die ein Spieler absolvieren darf, man sollte das begrenzen. Damit schützt man die Gesundheit der Spieler, aber auch die Interessen der Klubs. Und am Ende auch die Trainer, für die ist es auch nicht einfach. Das wäre sehr sinnvoll", hatte der 38-Jährige vor einigen Wochen gesagt.
Schon als Profi habe er sich deshalb für eine Reduzierung der Belastung eingesetzt, so Kompany. "Es geht ja nicht nur um die Spiele, sondern auch um die Reisen – auch mit dem Nationalteam. Da geht es um 75, 80 Spiele. Das ist schon fast unrealistisch." Auch sein Vorgänger Thomas Tuchel war nicht müde geworden, über die zu hohe Belastung seiner Spieler zu sprechen. Der Ex-FCB-Coach kritisierte vor einem Jahr die USA-Reise des DFB.
Kein Ende in Sicht: Stattdessen Klub-WM mit 32 Mannschaften
Doch das bleibt wohl nur ein frommer Wunsch. Zusätzlich zum neuen Champions-League-Format, das Klubs je nach Abschneiden zwei Partien mehr beschert, findet im kommenden Sommer auch die erste Klub-WM im neuen Modus statt. 32 Mannschaften nehmen dann erstmals teil – das bedeutet noch mehr Spiele für die Profis. Kritik hagelte es vom Ex-Profi Toni Kroos, der nach eigener Aussage heilfroh sei, die Karriere beendet zu haben. "Man muss irgendwann mal aufwachen und ein bisschen an die Spieler und ein ganz kleines bisschen weniger ans Geld denken", sagte der frühere Münchner.
Quelle: BR24Sport im Radio 09.10.2024 - 13:54 Uhr