![Felix Neureuther | picture alliance/dpa | Michael Kappeler Felix Neureuther](https://images.sportschau.de/image/ac9b9b33-419b-4b31-943e-84f4e83d4bf7/AAABlO9pSbI/AAABkZLrr6A/original/br-felix-neureuther-114.jpg?overlay=0d57f450-0e18-4270-9289-20ff985c3cb5&overlayModificationDate=AAABjb08Y0U)
BR24 Sport Neureuther über neue Disziplinen: "Brauche das nicht unbedingt"
Die FIS feilt ständig an neuen Formaten und Disziplinen. Nicht immer kommen diese gut an. Auch Felix Neureuther ist skeptisch, was Parallel-Rennen, Team-Events und die neue Team Kombination bei der Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm angeht.
Seit Jahren versucht die FIS den Skirennsport neu zu erfinden - auch mithilfe von Formaten und Disziplinen "mit Showcharakter", wie es oft heißt. City Events, Parallel-Rennen, verschiedene Versionen der Kombination - immer wieder startete der Weltverband Versuche, um den Ski-Weltcup für Zuschauer attraktiver zu machen und mehr Menschen für den Skirennsport zu begeistern. Doch die eine zündende Idee lässt noch auf sich warten. Auch Felix Neureuther zeigt sich in der aktuellen Folge des BR24Sport-Podcasts "Pizza & Pommes" skeptisch, was das ein oder andere Format angeht.
Zur neuen Folge von "Pizza & Pommes": "Es knistert in Saalbach" - unser Ski-WM-Spezial
"Für mich ist Skifahren vier Disziplinen: Das ist Slalom, Riesenslalom, Super-G, Abfahrt", sagt Neureuther. Team-Parallel-Rennen, wie jenes bei der WM-Eröffnung am Dienstagabend in Saalbach-Hinterglemm hingegen, hätten "wenig mit den Grunddisziplinen des Skisports zu tun." Zwar seien der Hang und die Kurssetzung in Saalbach-Hinterglemm "echt ganz cool gewesen", grundsätzlich aber bleibe er skeptisch:
Außerdem vermisst Neureuther ein fertiggedachtes, finales Konzept. Die Regeln und die Durchführung von Parallel-Rennen seien in der Vergangenheit zu oft abgeändert worden.
Undbekannte Athleten bekommen bei Team-Rennen Chance
Für Kritik sorgte in der Vergangenheit auch, dass die Ski-Hochkaräter bei Parallel-Events oft fehlen. Die Topstars lassen Team- oder Parallel-Rennen häufig aus, um sich für ihre großen Auftritte in ihren Spezialdisziplinen zu schonen. Auch am Dienstagabend waren die Dominatoren Marco Odermatt, Mikaela Shiffrin oder Federica Brignone allesamt nicht am Start. "Das zeigt schon, dass das jetzt nicht unbedingt das ist, worauf der Skisport in Zukunft bauen sollte", so Neureuther bei "Pizza & Pommes".
Der 40-Jährige kann dem Format aber auch etwas Positives abgewinnen: Man sehe dort Athleten und Athletinnen, die "du sonst nicht häufig siehst." Außerdem würden Team-Events den Mannschafts-Spirit fördern.
Neureuther über Team Kombi: Ja bei WM, Nein im Weltcup
In Saalbach-Hinterglemm feiert auch eine Disziplin ihre WM-Premiere, die im Weltcup schon für Aufregung und Kritik sorgte - ohne jemals stattgefunden zu haben. Bei der Team Kombination, die am 11. und 12. Februar auf dem Programm steht, bilden eine Speedfahrerin und eine Technikerin derselben Nation ein Team - die eine fährt Abfahrt, die andere Slalom. Die Zeiten der beiden Läufe werden addiert, das schnellste Duo gewinnt. "Das ist bei einer Weltmeisterschaft und bei Olympischen Spielen ganz gut", findet Neureuther. "Ich finde das Format cool, der schnellste Slalomfahrer und der schnellste Abfahrer einer Nation sind dann das beste Team." Dieses System in den Weltcup zu integrieren und dafür Weltcuppunkte herzugeben, mache aber "überhaupt gar keinen Sinn".
Immerhin hätten Athleten kleiner (Ski)Nationen einen großen Nachteil. Neureuther erklärt: "Für AJ Ginnis aus Griechenland zum Beispiel, der im Slalom Weltklasse ist, der aber keinen Abfahrer aus Griechenland hat, mit dem er ein Team bilden kann - für den ist es total unfair."
Team Kombi wie im Tennis-Doppel?
Deshalb "braucht man dieses Format nicht in den Weltcup integrieren", sagt der ehemalige Skirennfahrer. Viele Athleten - darunter auch AJ Ginnis selbst - hatten sich 2023 mit einem offenen Brief an die FIS gewandt, um genau das zu verhindern. Die Team Kombi war damals schon im Weltcup-Kalender vorgesehen. Die Athleten hätten die Weltcuppunkte, die sie bei der Team Kombi gewonnen hätten, dann auf ihr jeweiliges Abfahrts- oder Slalom-Konto bekommen. "Das macht überhaupt keinen Sinn, das wäre ein totaler Nonsens", so Neureuther im BR24Sport-Podcast "Pizza & Pommes".
AJ Ginnis und die vielen anderen Athleten, die sich gegen die Pläne sträubten, konnten die FIS am Ende überreden, das Konzept noch einmal zu überdenken. Bis heute wurde kein einziges Weltcup-Rennen in der Disziplin durchgeführt. Nur bei der Junioren-WM gab es einen Probelauf.
Eines aber könne funktionieren, so Neureuther: Die Team Kombi nationenübergreifend aufzuziehen. Der Grieche AJ Ginnis könne dann etwa ein Team mit dem Schweizer Justin Murisier, mit dem DSV-Speedfahrer Romed Baumann oder mit Cameron Alexander aus Kanada bilden. "So wie im Tennis", sagt Neureuther. Auch AJ Ginnis selbst hält diese Idee für sinnvoll.
Neureuther gegen Verwässerung der Disziplinen
Allgemein betrachtet bleibt Neureuther aber skeptisch, was die Mischformen und "die Verwässerung der Disziplinen" im Alpinen Skirennsport angeht:
Der ehemalige Skirennläufer zieht die Entwicklungen im Biathlon als Beispiel heran: "Eigentlich geht es um Laufen und Schießen. Aber mittlerweile gibt es acht verschiedene Möglichkeiten, eine Medaille zu gewinnen. Und es gibt jedes Jahr eine Weltmeisterschaft."
Das würde dazu beitragen, dass WM-Medaillen an Bedeutung verlieren und Zuschauer den Überblick verlieren. "Ich bin ein Fan davon, dass man sich auf die Dinge besinnt, die den Sport wirklich groß gemacht haben und nicht versucht, aus dem Sport das allerletzte rauszuquetschen."
Das Team-Parallel-Rennen am Dienstagabend jedenfalls hat viele Zuschauer begeistert und einen gelungenen Show-Start in die WM geboten. Wie die Team Kombi ankommt, wird sich in Woche zwei der WM in Saalbach-Hinterglemm zeigen.
Quelle: BR24Sport 06.02.2025 - 18:30 Uhr