Ralph Denk, Teammanager von Red Bull - BORA - hansgrohe

Red Bull-Bora-hansgrohe Hohe Ziele und der Traum vom Tour-Sieg

Stand: 27.01.2025 10:53 Uhr

Das deutsche Radteam Red Bull-Bora-hansgrohe startete mit drei Siegen in sechs Tagen erfolgreich in die neue World-Tour-Saison. Das soll der Auftakt für ein erfolgreiches Jahr auf jedem Terrain sein.

Von Stephan Klemm

Die neue Saison begann für das deutsche Team Red Bull-Bora-hansgrohe am anderen Ende der Welt mit zwei Erfolgen an den beiden ersten Renntagen der World Tour. Der sperrige Name dieser Auswahl galt seit der Verkündung der Kooperation der Weltmarke mit einem mittelständischen Radsport-Unternehmen im vergangenen Jahr bereits als Gütesiegel, bei der Tour de France im Juli 2024 war er erstmals auf der allergrößten Bühne präsent. Sie endete für die neue Formation allerdings nach dem verletzungsbedingten Ausscheiden des Kapitäns Primoz Roglic mit einer Enttäuschung.

Doch nun, im Januar 2025, gewann der Australier Sam Welsford die ersten beiden Etappen der Tour Down Under sowie die sechste und letzte im Sprint. Finn Fisher-Black, 23, ein neuverpflichtetes Rundfahrt-Talent, wurde schließlich Dritter der Gesamtwertung.

Sam Welsford vom Team Red Bull-Bora-hansgrohe

Sam Welsford gewann bei der Tour Down Under drei Etappen.

Synergien sollen verstärkt greifen

Ein erfolgreicher Mann für die Sprints, ein potenzieller Helfer für die Kapitäne in den Bergen einer Grand Tour – die nach Australien entsandte Red-Bull-Reisegruppe zeigte bereits auf, dass die zweite gemeinsame Saison für Teammanager Ralph Denk eine erfolgreiche werden könnte.

Denk freut sich über die Synergien, die er dank des Performance-Centers von Red Bull auf sein Team übertragen kann, aber klar ist, dass diese Situation vor allem der Vorbereitung auf den ganz großen Coup dient, einem Triumph bei der Tour de France. Das bleibt Denks Lebensziel, das er mit dem Wissen von Red Bull nun verwirklichen will. Im kommenden Sommer wird wieder Primoz Roglic die Nummer eins auf Frankreichs Straßen sein, der Slowene ist dann allerdings bereits 35 Jahre alt und dürfte auch deshalb chancenlos gegen den juvenilen Titelverteidiger Tadej Pogacar und dessen Herausforderer Jonas Vingegaard sein.

 Primoz Roglic beim Bora-Trainingslager im Dezember

Primoz Roglic beim Bora-Trainingslager im Dezember

"Irgendwann werden wir die Tour gewinnen"

"Das kann schon sein", sagt Denk, er betont aber, "dass ich keinerlei Zeitdruck habe. Das haben wir auch mit Red Bull intensiv diskutiert, und wir haben dieselbe Meinung. Wenn wir die Tour erst in fünf Jahren gewinnen, dann warten wir eben noch fünf Jahre." Aber klar sei für ihn: "Irgendwann werden wir die Tour schon gewinnen. Davon bin ich überzeugt."

Pogacar und Vingegaard sind die derzeit besten Rundfahrer der Welt, für Denk ist das allerdings trotz eines sehr üppigen Budgets "weiterhin kein Grund, dazu überzugehen, einen von beiden zu verpflichten. Wir wollen uns aus uns heraus entwickeln, die Möglichkeiten dazu haben wir nun geschaffen." Nachhelfen könnte man mit der Verpflichtung von Remco Evenepoel, Belgiens goldenem Kind. Dessen Vertrag bei Quick Step läuft noch bis 2026. "Den Remco, diesen mega talentierten Fahrer, will jedes ambitionierte Team haben, das ist doch klar", sagt Denk. Bisher seien gegenseitige Annäherungen allerdings nicht mehr als Gerüchte gewesen, "und wir respektieren seine Vertragsverhältnisse".

30 neue Stellen geschaffen

Um eine erfolgreiche Saison zu absolvieren, hat Denk seinen Staff deutlich erweitert. 30 Stellen sind neu geschaffen und besetzt worden, weil "der moderne Radsport ganz anders gedacht werden muss als in der jüngeren Vergangenheit. Es gibt nun Spezialisten für nahezu alle Themen bei uns, sei es Technik, Performance, Ernährung, Regeneration oder so ein Detail wie Kühlstrategien an heißen Renntagen. Da haben wir jetzt deutlich mehr Ressourcen."

Denk will nach dem bereits vollzogenen Neuaufbau der Strukturen vor allem im Bereich der Performance-Erfahrungen von der Kooperation mit Red Bull profitieren. Das betrifft unter anderem den Blick über den eigenen Kosmos hinaus. Für Denk ist es ganz besonders spannend, von anderen Sportarten zu lernen. Gerade von dieser Möglichkeit erhofft er sich "einen großen Impact". Alle Fahrer seien nun auch Teil einer neuen Infrastruktur und Performance-Ausbildung, "von der wir hoffen, dass wir alle neuen und alten Fahrer bei uns besser machen werden", sagt Denk.

Internationale Zusammenstellung des Teams

Insgesamt aber müsse dieses neue immaterielle und materielle Engagement für das Team, das neben Visma-Lease A Bike und UAE-Team-Emirates zu den finanziell am besten versorgten Mannschaften der World Tour zählt, "auch sportlich spürbar sein, in Form von Erfolgen. Das ist das Wichtigste für ein Projekt wie unseres."

Die Mannschaft hat in weiten Teilen eine deutlich internationalere Zusammensetzung erhalten als in der Vorsaison, was nicht jeder Anhänger dieses Teams verstanden hat. Die bewusst nicht verhinderten Abgänge einer gesamten deutschen Fahrergeneration um Lennard Kämna, Maximilian Schachmann oder Emanuel Buchmann wurden vor allem mit einer neuen Klassiker-Garde kompensiert, "denn da hatten wir Bedarf". Dazu gehören die niederländischen Zwillinge Mick und Tim van Dyke, der Belgier Maxim van Gils oder der Neuseeländer Laurence Pithie.

Nur noch sechs deutsche Fahrer

Die deutsche Fraktion innerhalb des 29 Fahrer umfassenden Aufgebots der Mannschaft für die neue Saison umfasst sechs Profis, mit denen Denk "sehr zufrieden ist". Nico Denz etwa habe sich zu einem starken Helfer entwickelt. Der ehemalige Junioren-Weltmeister Emil Herzog sei "auf einem sehr guten Weg". Und mit Florian Lipowitz besitzt Denk sogar ein 24-jähriges Rundfahrt-Talent, das zuletzt Platz sieben bei der Vuelta belegt hatte.

 Florian Lipowitz bei der Vuelta 2024

Florian Lipowitz bei der Vuelta

Rolf Aldag, der sportliche Leiter des Teams, hat sich noch nicht endgültig darauf festgelegt, welche Grand Tour Lipowitz in diesem Jahr bestreiten wird, es gebe aber eine Tendenz zur Tour de France. "Florian ist ein Guter. Bisher gelang ihm vieles spielerisch. Dieses Spielerische wollen wir uns gemeinsam erhalten. Wir lassen uns überraschen, was dabei herauskommt", sagt Denk.

2025 soll der Senior Roglic, der im Vorjahr im Red-Bull-Dress die Vuelta gewann, auch schon beim Giro d’Italia im Frühjahr möglichst weit vorne landen und bei der Tour einen Podiumsplatz erobern. Klassiker-Siege sind genauso erwünscht, Sprinterfolge wie die von Welsford ohnehin. Denks Credo für 2025 lautet daher: "Wir wollen allumfassend auffallen."