Nach Kontroversen Boxerin Khelif gewinnt Gold im Weltergewicht
Die algerische Boxerin Imane Khelif ist Olympiasiegerin im Weltergewicht. Sie trotzte der Kontroverse um ihr Geschlecht und schlug im Finale am Freitag (09.08.2024) Yang Liu aus China klar nach Punkten.
Zahlreiche algerische Fans auf den Tribünen des Tennisstadions Roland Garros machten den Finalkampf zu einem Heimspiel für Khelif. Nach einer Abtastphase war sie es auch, die zuerst die Offensive suchte und Schläge ins Ziel brachte. Yang aber war nicht beeindruckt und konnte mit einfachen Kontern Treffer landen. Die fünf Punktrichter, die jede der dreiminütigen Runden einzeln bewerten, hatten alle Khelif vorne.
Die Chinesin musste damit in der zweiten Runde agieren und suchte die Ringmitte. Bei ihren teils wilden Angriffen musste sie nun wiederum aufpassen, nicht in einen Konter Khelifs zu laufen. Beide Kämpferinnen setzten einige gute Treffer, die Mehrzahl kamen aber von der Algerierin, die sich so auch die zweite Runde sicherte. Damit war klar, dass Yang nun mindestens einen Niederschlag bräuchte, um das Duell noch zu gewinnen. Doch in der letzte Runde kam zu wenig, Khelif agierte klug und brachte ihren Sieg sicher über die Zeit.
Nach der letzte Ringglocke tänzelte Khelif durch den Ring, ihr war klar, dass sie diesen Kampf gewonnen hatte. Alle Punkrichter hatten sie auf ihren Zetteln in jeder Runde vorne. Damit ist die erste Medaille, die Algerien jemals im Boxen gewonnen hat, gleich eine goldene. Nach der Urteilsverkündung wurde Khelif auf den Schultern ihrer Trainer durch die Halle getragen und feierte sichtlich erleichtert mit dem Publikum.
IOC bemängelt "Falschinformationen" und warnt vor "Kulturkrieg"
Neben Khelif stand auch Lin Yu-ting aus Taiwan im Zentrum einer unwürdigen Debatte. Auch sie war vom Amateur-Weltverband IBA bei den Weltmeisterschaften 2023 nach einem nicht näher spezifizierten Geschlechtertest ausgeschlossen worden. Bei Olympia darf die 28-Jährige aber wie Khelif starten und hat es im Federgewicht (bis 57 Kilogramm) ebenfalls ins Finale geschafft. Dort trifft sie am Samstag auf die Polin Julia Szeremeta.
Das IOC begründet seine Entscheidung für einen Start der beiden Athletinnen damit, dass beide Boxerinnen als Frau geboren seien, das weibliche Geschlecht in ihren Pässen stehen hätten und seit Jahren im Frauenboxen antreten würden. Auch bei Olympia in Tokio vor drei Jahren waren sie am Start, eine Debatte gab es damals nicht.
"Wir dürfen daraus keinen Kulturkrieg machen, sondern müssen an die Menschen denken, die von Falschinformationen betroffen sind", sagte IOC-Sprecher Mark Adams. Die Diskussion um das Geschlecht von Khelif und Lin sei "ein Minenfeld", die Athletinnen könnten seelische Schäden erleiden. Schon in der Vergangenheit war die Dachorganisation in der Frage der Kategorisierung in das binäre System von Mann und Frau in Erklärungsnot geraten.
Hält die IBA Wort?
Fraglich ist auch, ob die bei Olympischen Spielen suspendierte IBA nun ihre Ankündigung wahr macht und Khelif die angekündigte Siegprämie überweist. Vor dem Start der Sommerspiele hatte der zwielichtige Verbandpräsident Umar Kremlew angekündigt, Olympiasiege mit 100.000 Dollar zu entlohnen. Insgesamt 3,1 Millionen Dollar würde der Verband dafür bereit stellen, hieß es in einer IBA-Mitteilung. Während des Olympischen Boxturniers, das von einer vom IOC eingesetzten Taskforce organisiert wird, hatte Kremlew auf einer denkwürdigen Pressekonferenz die Olympiaorganisatoren und im Speziellen Präsident Thomas Bach scharf kritisiert.