Motorsport Formel-1-Hype - was in Österreich anders ist
Die Formel-1-Fans müssen nach Ansicht von Hockenheimring-Chef Jorn Teske noch länger auf die Rückkehr der Rennserie nach Deutschland warten.
"Der Wunsch wäre, dass wir in den nächsten Jahren auf dem Hockenheimring auf regelmäßiger Basis wieder ein Rennen haben werden. Aber da ist noch ein weiter Weg zu gehen", sagt Teske. Derzeit wird am Rennkalender für kommendes Jahr gewerkelt. Nichts deutet darauf hin, dass Deutschland dabei ist.
Der Geschäftsführer der Rennstrecke in Baden-Württemberg betont, dass ein Comeback im Land der Autobauer keine Selbstverständlichkeit sei. "Wenn die finanziellen Rahmen so blieben, wie sie in der Vergangenheit waren, und das Risiko so bliebe, wie es in der Vergangenheit war, dann scheint es nicht sehr realistisch", sagte Teske. Zuletzt scheiterte ein deutscher Grand Prix an der Finanzierung. Die von der Rennserie aufgerufene Antrittsgebühr im mittleren zweistelligen Millionen-Bereich ist alleine für die Streckenbetreiber des Hockenheim- und des Nürburgrings nicht zu stemmen.
Und öffentliche Zuschüsse oder entscheidende Unterstützung aus der Wirtschaft gibt es nicht. In Österreich hilft sowohl Red Bull als Besitzer des Kurses in Spielberg als auch das Land kräftig mit. Und in Kanada oder Brasilien fließt teilweise sehr viel Geld aus der öffentlichen Hand.
"Gefahr, dass man Deutschland als Formel-1-Land verliert"
"Wir sind, waren und bleiben in Kontakt mit der Formel 1 und loten immer wieder gemeinsam aus, ob es eine Möglichkeit gibt", sagt Teske, "die Refinanzierung der Antrittsgebühren rein über Ticketverkäufe bekommt man finanziell nicht hin." Deswegen müssten alternative Erlösquellen und Geldgeber gefunden werden. Aber: "Es besteht ein bisschen die Gefahr, dass man Deutschland als Formel-1-Land vollständig verliert."
Schmerzhafter Blick nach Österreich
Und in dieser Woche fällt der Blick ins Nachbarland Österreich für einige Formel-1-Fans sicher schmerzhaft aus, wenn Zehntausende Fans am Sonntag (15.00 Uhr/Live-Ticker bei sportschau.de) eine PS-Party vor einem Bilderbuch-Panorama feiern werden. "Neid hilft uns nicht weiter. Wir sind hier in Deutschland einfach nicht in der Situation", sagt Teske mit Blick auf den Großen Preis in der Steiermark.
In Deutschland, dem Land der großen Autobauer, ist die Perspektive für den Verbrennungsmotor und den damit verbundenen Sport abhanden gekommen. Sowohl bei den Herstellern selbst als auch in der Wirtschaft. Werksteams wie Mercedes oder ab 2026 Audi konzentrieren sich gerne auf Absatzmärkte wie etwa die USA. In Zonen, in denen auf E-Autos und Klima-Diskussionen der Fokus liegt, hat es der klassische Rennsport schwer. Auch in der Industrie.
Red Bull - aggressives Marketing
Das ist in Österreich anders. Steuernlieferant und Arbeitsplätzeschaffer Red Bull steht hoch in der Gunst der Politik - und im Ansehen der Motorsportfans. Nicht nur dort, sondern weltweit. Denn der größte Konzern der Alpenrepublik hat sich genau den Action-Bereich für seine gigantische und aggressive Marketing-Maschinerie ausgesucht: Wenn es auf der Erde irgendwo schrill, schnell und laut wird, ist das Logo der österreichischen Weltfirma zu sehen. Auf Flugzeugen, Booten, Sportlerhelmen oder eben auch auf Autos.
Und mit Sicherheit geht die Rechnung für Red Bull auch auf. Allein in den USA (2023: drei Rennen) wurde der Umsatz mit Limonade von 880 Mio. US-Dollar im Jahr 2014 auf 1,67 Mrd. USD im Jahr 2022 fast verdoppelt (Quelle: statista). Weltweit soll der Umsatz 2022 bei 9,7 Mrd. USD gelegen haben (2020: 6,3 Mrd.). Die Marketingausgaben sollen 2019 1,65 Mrd. USD betragen haben und sich insgesamt auf 25 Prozent des Umsatzes belaufen. Am Ende kamen 7,41 Mrd. Reingewinn heraus.
Formel 1-Problem deutscher Nachwuchs?
Österreich hatte 13 Formel-1-Piloten, Deutschland 46. Aktuell dreht aus beiden Ländern nur Nico Hülkenberg in der Königsklasse seine Runden. "Leider kommen wenig deutsche Fahrer nach. Das war zu meiner Juniorenzeit noch anders", sagt Hülkenberg, "der Einstieg in den Motorsport wird immer schwerer, weil immer mehr Geld benötigt wird." Ein Grund für den Erfolg der Formel 1 in einem Land? Wohl kaum. Aus den USA fährt einzig Logan Sargeant in einem F1-Auto, das gegenüber der Konkurrenz deutlich unterlegen ist. Aus der Boomzone Naher Osten ist kein einziger Vertreter als Pilot dabei.
Verstappen, Verstappen, Verstappen
Mit Max Verstappen hat die Welt der schnellen Autos und Schönen und Reichen einen neuen Helden. Lewis Hamiltons Stern wird immer schwächer, Verstappens Strahlkraft leuchtet heller als alles andere. Ob nun Ferrari in Spielberg sein erstes sportliches Ausrufezeichen in dieser Saison setzt oder Mercedes und Aston Martin ein kleines Stück näher rutschen an den Honda-getriebenen Rennwagen von Red Bull.
Der Niederländer Verstappen wird mit seinen 25 Jahren bereits auf eine Stufe gestellt mit der weltweit angesehensten Legende Ayrton Senna (Österreichs früherer Formel-1-Star Gerhard Berger: "Mit Max ist das erste Mal einer da, den ich auf eine Stufe stelle."). Einer, der von Sieg zu Sieg eilt und dabei seinen eigenen Arbeitgeber fordert. Er selbst, verriet Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko, hätte sich den 100. Sieg für das Team in der Formel 1 für das Heimrennen in Spielberg gewünscht. Verstappen aber machte den Hunderter schon Mitte Juni in Kanada perfekt.