Sportler des Jahres Darum wurde das DBB-Team bei der Sportler-Wahl nicht berücksichtigt

Stand: 20.12.2022 12:19 Uhr

Trotz ihrer Bronze-Medaille bei der Heim-EM spielten die deutschen Basketballer bei der Wahl zum "Sportler des Jahres" keine Rolle. Das sorgt für große Kritik am Veranstalter.

Von Frank van der Velden

Die deutschen Basketballer sorgten im vergangenen Jahr bei der Heim-Europameisterschaft für ein Spätsommermärchen. Das Team von Bundestrainer Gordon Herbert holte die Bronzemedaille und damit das erste Edelmetall seit 17 Jahren.

Für das Team um Spielmacher Dennis Schröder war die EM ein unvergessliches Basketballfest. Die Mannschaft zeigte eine starke Vorrunde in Köln, in der es nur gegen Slowenien eine Niederlage gab, und ging als Gruppenzweiter nach Berlin. Dort gab es Siege gegen Montenegro im Achtelfinale und Mitfavorit Griechenland um NBA-Superstar Giannis Antetokounmpo im Viertelfinale, ehe gegen die Spanier der Traum vom Gold zerplatzte. Im "kleinen Finale" besiegte das Team dann Polen.

Mit teils spektakulären Auftritten verzückte die Mannschaft ihre Fans und begeisterte auch Menschen, die sich zuvor nicht sonderlich für die Sportart interessiert hatten.

"Sportler des Jahres"-Wahl ohne Basketballer

Umso verwunderter waren die Basketballer über ihre Nichtberücksichtigung bei der Wahl zu den "Sportlern des Jahres". Im Dezember küren die deutschen Sportjournalisten den aus ihrer Sicht besten Sportler, die beste Sportlerin und die beste Mannschaft. Am Sonntag (18.12.2022) gab es bei der Gala in Baden-Baden die Ehrungen – live im ZDF. Zur Mannschaft des Jahres 2022 wurden die Fußballer von Eintracht Frankfurt gewählt, Platz zwei ging an die 4x100 Meter Staffel der Frauen, Platz drei an die Frauen-Fußballnationalmannschaft.

Ingo Weiss: "Ich bin sprachlos und irritiert"

Die Basketballer tauchten bei der Abstimmung nicht in der Rangliste auf. Sie hatten es noch nicht einmal auf die Vorschlagsliste der Organisatoren geschafft. "Ich bin sprachlos und irritiert, dass eine Mannschaft, die mit ihren fantastischen Leistungen so viele Emotionen in Sport-Deutschland geweckt und mit Bronze einen großartigen Erfolg gefeiert hat, keine Berücksichtigung findet", sagt der Präsident des Deutschen Basketball Bundes, Ingo Weiss.

Andre Voigt sieht einen Praktikanten am Werk

Unter den Basketball-Fans wird die Entscheidung heiß diskutiert. "Da hat ein Praktikant die Liste zusammengestellt, da hat dann noch mal schnell einer drüber geschaut und am Ende sind die Basketballer einfach vergessen worden, das hat dann keiner gemerkt", sagt Andre Voigt und lacht.

Voigt ist ein deutscher Sportjournalist mit Fachgebiet Basketball. Er gibt den Podcast "Got Nexxt" heraus, der nach seinen Angaben der meistgehörte Basketball-Podcast Deutschlands ist, und war Chefredakteur des Fachmagazins "Five".

"Geringer Stellenwert"

"Das liegt natürlich daran, dass der Sport in Deutschland immer noch keinen allzu großen Stellenwert hat", erklärt Voigt: "Und natürlich wirft das kein gutes Licht auf die Redaktion."

Die Enttäuschung der deutschen Basketballer kann Voigt verstehen. "Klar, die sind gekränkt", sagt er, findet die allgemeine Aufregung dann aber doch etwas zu groß. "Am Ende ist das eine Internetgeschichte, da haben rund 3.000 Leute abgestimmt. Das ist nächste Woche wieder vergessen", sagt Voigt, der selbst nicht mitgemacht hat.

Gold- und Silbererfolge wichtiger

Hätte er aber machen können - und zwar auch für die deutschen Basketballer. "Die 35 Mannschaften umfassende Vorschlagsliste gilt ja nur als Hinweis und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es können also auch Teams gewählt werden, die überhaupt nicht auf der Liste stehen. Da haben die teilnehmenden Journalisten die freie Wahl", erklärt Klaus Dobbratz.

Er ist Gründer der Sportpresse-Agentur "Internationale Sport-Korrespondenz", die die Sportlerwahl organisiert und veranstaltet. Die Entscheidung gegen das Team sei natürlich eine bewusste gewesen, erklärt Dobbratz. Klare Linie sei es, Gold- und Silber-Erfolge zu würdigen.

Doch auch dabei gebe es Ausnahmen. "Auf der Liste standen auch die deutschen Turnerinnen mit ihrer Bronze-Medaille bei den European Championships in München. Das war die erste EM-Medaille überhaupt für den Deutschen Turner-Bund", erklärt er.

Dobbratz: "Vielleicht die falsche Entscheidung"

Den Vorwurf, nur auf Gold und Silber zu schauen und etwa die große Emotionalität, die bei der Basketball-EM zu spüren war, zu vernachlässigen, lässt Dobbratz deshalb nicht gelten. Wegen der European Championships habe es aber eine Flut toller Leistungen gegeben, die auch ähnlich emotional gewesen seien wie der Erfolg der Basketballer.

Deren Kritik kann er aber sehr gut verstehen, und er gibt auch offen zu: "Das war vielleicht die falsche Entscheidung und ist nicht optimal gelaufen."