Leichtathletik-DM Jessie Maduka - Hop, Step, Jump mit Umwegen
Jessie Maduka war in der Jugend noch Sprinterin, der Umstieg auf den Dreisprung brachte ihr den Einzug in die deutsche Leichtathletik-Elite. Ein komplizierter Fußbruch veränderte alles. Bei den nationalen Titelkämpfen in Dortmund (hier ab Samstag live im Stream) an diesem Wochenende ist sie als Titelverteidigerin trotzdem die Gejagte.
Hop, Step, Jump - es lief alles wie geschmiert für Jessie Maduka. Die Dreispringerin war im Frühjahr 2018 - nach einem vierjährigen USA-Aufenthalt - pfeilgerade auf dem Weg in die nationale Spitze - mindestens. Mit 13,81 Metern war sie bei den deutschen Hallenmeisterschaften Vizemeisterin geworden - im Sommer sollte der nächste Schritt folgen, der erste Sprung über die 14-Meter-Marke. Und dann mehr...
Daraus wurde nichts. Zwar sprang sie im Sommer 2018 tatsächlich mit 13,95 Metern nah an ihr Zwischenziel heran, doch dann passierte es: Sie brach sich den Fuß. Gleich mehrfach. Kompliziert. Eine solche Verletzung kann keine Sportlerin gebrauchen, eine Dreispringerin schon gar nicht - der Fuß ist in dieser Disziplin größter Belastung ausgesetzt.
"Hab mich nicht mehr getraut"
"Nicht nur der Heilungsprozess hat lange gedauert, ich habe mich auch später nicht mehr getraut, richtig auf den Fuß draufzuspringen. Bei Wettkämpfen haben mich immer wiederkehrende Schmerzen begleitet", sagte die gebürtige Düsseldorferin dem Portal "leichtathletik.de". Statt über die 14 Meter hinaus ging das Leistungsniveau zurück. 2019 gelangen nur 13,32 Meter, 2020 13,57 Meter und 2021 immerhin wieder 13,85 Meter. Für die Zugehörigkeit zum Bundeskader reichte das jedoch nicht mehr.
Hop, Step, Jump - Dreispringerin Jessie Maduka
In geduldiger und behutsamer Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Top-Dreispringer Ralf Jaros gelang es Jessie Maduka im Aufbau der Wintersaison 2022 dann aber, den anspruchsvollen Bewegungsablauf auf den lädierten Fuß abzustimmen. "Ich setze den Fuß etwas anders auf, damit er nicht mehr so belastet wird. Dadurch habe ich keine Schmerzen mehr und die Blockade gelöst. Der Kopf ist vor dem Springen nicht mehr im Panikmodus, in dem er Schmerzen erwartet", so die Springerin des TV Wattenscheid bei "leichtathletik.de".
2022 - mit 14 Metern zum Hallen-Titel
Was der 1,84 Meter großen Athletin zudem enorm half, war ihre Grundschnelligkeit - die hatte sie trotz der schweren Verletzung nicht verloren. Und so sprang sie bei den Hallenmeisterschaften 2022 in Leipzig ganz nach vorn: 14,00 Meter - erzielt, ohne dass der Absprungfuß das Brett berührt hatte. Man durfte inoffiziell also bei ihrem Sprung, der den Titel brachte, gern noch einmal 20 Zentimeter draufrechnen. "Dass ich am Brett 20 Zentimeter verschenkt habe, ist ärgerlich, aber erst einmal Nebensache. Nachdem ich 2018 die Aufmerksamkeit auf mich gezogen habe, diese dann abgeflacht ist, konnte ich jetzt zeigen, dass ich was draufhabe", jubelte die Psychologie-Studentin.
Auch Bundestrainer Charles Friedek stellte zufrieden fest: "Jessie ist groß, sehr schnell und auch sprunggewaltig. Körperlich hat sie die idealen Voraussetzungen für eine Dreispringerin. Ursprünglich vom Sprint kommend, traut sie sich nun, immer mehr Anlaufgeschwindigkeit in den Sprung zu transportieren. Langfristig würde ich Jessie Weiten deutlich über 14,50 Meter zutrauen."
Radikale Änderung: Wechsel des Sprungbeins
Doch es kam mal wieder alles anders. Der Fuß reagierte, Jessie Maduka blieb nichts anderes übrig, als eine radikale Änderung zu vollziehen: Sie wechselte das Sprungbein - von rechts nach links. Es dürfte für sie spechen, dass sie trotz der anhaltenden Probleme dem Leistungssport nicht etwa Adieu sagte, sondern einfach trotzdem dabeiblieb. Auch wenn sie - zumindest im Dreisprung - noch einmal fast von ganz vorn starten musste.
Gut tat ihr bei dieser Entscheidung sicher auch der Umstand, dass sie bei ihrem Sport nicht ausschließlich nach Erfolg und Bestleistungen schielt. Sie verbindet mit der Leichtathletik und dem Training mehr: "Es ist einfach auch eine schöne Beschäftigung, bei der ich mit Freunden und jahrelangen Begleitern zusammenkomme und etwas tue, was mir guttut."
In Dortmund nun die Gejagte
In Dortmund bei den Hallenmeisterschaften ist sie trotzdem die Gejagte. Jüngere Athletinnen rücken nach. Mit den besten Vorleistungen im Gepäck reisen zwei Sportlerinnen an, die sich schon im vergangenen Jahr als U23-Athletinnen immer näher an die nationale Spitze herangearbeitet haben. Die 21-jährige Caroline Joyeux (LG Nord Berlin) steigerte sich zuletzt auch unterm Hallendach bis auf 13,77 Meter. Die 22-jährige Kira Wittmann (LG Göttingen) überzeugte mit konstanten Wettkämpfen und neuer Hallenbestleistung von 13,69 Metern. Im Freien hatte sie schon mit 13,90 Metern ihr 14-Meter-Potenzial angedeutet. Beide haben noch nie einen nationalen Titel in der Frauenklasse gewonnen und fordern ein Trio heraus, dem das schon gelungen ist.
Maduka ist nach dem Wechsel ihres Absprungbeins schon wieder bei 13,58 Metern angekommen. Und auch die deutsche Freiluftmeisterin von 2020, Maria Purtsa (LAC Erdgas Chemnitz), möchte beweisen, dass mehr als die bisher in diesem Winter von ihr gezeigten 13,55 Meter in ihr stecken.