Podcast zu Protesten im Sport mit Kanu-Olympioniken Saeid Fazloula und Reyhaneh Amro
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Sport im Würgegriff Wie das iranische Regime Sportler in Deutschland bedroht

Stand: 13.10.2023 15:18 Uhr

Der Kampf um Demokratie und Gleichberechtigung in Iran wird auch im Sport geführt. Im COSMO-Videopodcast "Iran im Herzen" sprechen die in Deutschland lebenden ehemaligen Spitzensportler Saeid Fazloula und Reyhane Amro über Solidarität, Protestaktionen und Bedrohungen durch die iranische Regierung.

Als die iranische Kletterin Elnaz Rekabi im Oktober 2022 bei einem internationalen Wettbewerb in Südkorea ohne Kopftuch antritt, macht sie weltweit auf die "Frau, Leben, Freiheit"-Bewegung aufmerksam - und nimmt damit eine Vorreiterrolle in der Sportwelt ein. Etliche Athletinnen und Athleten folgen ihrem Beispiel und machen trotz erheblicher persönlicher Nachteile auf Missstände im Land aufmerksam.

Verhaftet und verhört wegen Besuchs des Mailänder Doms

"Profi-Sportler:innen können auch ein Vorbild für alle anderen sein, sie können damit die Bewegung auch weiterführen", sagt die ehemalige Schwimmerin und Kanutin Reyhaneh Amro, die seit acht Jahren in Deutschland lebt. Sie wünscht sich mehr solcher Solidaritäts-Aktionen, auch wenn sie aus eigener Erfahrung weiß, dass der Druck auf die iranischen Athletinnen und Athleten groß ist. 

Das hat auch Kanute Saeid Fazloula erlebt. Er hat sich lange für die faire Bezahlung von Athleten und Athletinnen in Iran eingesetzt. Bei der Kanurennsport-Weltmeisterschaft in Mailand 2015 wird Fazloula der touristische Besuch des Mailänder Doms von iranischen Sicherheitsmitarbeitern als Konvertieren zum Christentum interpretiert. Zurück in Iran wird er verhaftet und verhört.

"Im Iran machen sie definitiv psychischen Terror. Du sitzt da, deine Augen sind zu, deine Hände sind geschlossen. Sie sagen, entweder spielst du mit, oder du bist tot", erzählt Saeid Fazloula im Videopodcast. Er ist danach nach Deutschland geflohen, aber auch hier wird er mit Anrufen und über Social Media unter Druck gesetzt, wenn er regimekritische Videos auf Instagram hochlädt. 

Amro und Fazloula - Hoffnung auf Solidarität in der Sportwelt

So geht es auch Reyhaneh Amro. Seit Beginn der "Frau, Leben, Freiheit"-Bewegung ist sie mehr zur Aktivistin geworden und organisiert Demonstrationen. Sie macht weiter, auch wenn ihre Familie in Iran Drohanrufe bekommt und sie selbst Opfer einer Cyberattacke geworden ist, von der laut Verfassungsschutz mehrere Zielpersonen in der iranischen Community in Deutschland betroffen sind. Dennoch wollen beide, Amro und Fazloula, sich weiter für die revolutionäre Bewegung in Iran einsetzen.

So hofft Amro auf mehr Solidarität aus der internationalen Sportwelt. "Viele Fußballer, die was gesagt haben, sind verhaftet worden. Dem Regime ist egal wer in welcher Position ist und was sagt, alle werden verhaftet", so die ehemalige Wassersportlerin. "Der Sport befeuert die Proteste, aber viele Leute haben Angst, sich zu äußern. Wenn sich alle gemeinsam in der Familie Sport positionieren würden, dann würde viel mehr passieren."

Die beiden blicken auch zurück auf ihre Profikarrieren in Iran. Athletinnen sind allein durch die Kleidungsvorschriften des Regimes sehr eingeschränkt. Amro selbst musste vermehrt Schikanen durch die Behörden und Disziplinarmaßnahmen hinnehmen, nachdem sie in einem Fernseh-Interview darüber gesprochen hatte, wie bemerkenswert es sei, dass iranische Sportlerinnen trotz der geringeren Beweglichkeit Medaillen gewännen.

Sport unter Kontrolle der iranischen Regierung

Die Sportszene wird massiv durch die Regierung kontrolliert. Die zwei größten Fußballvereine Persepolis und Esteghlal Teheran sind beispielsweise im Besitz des iranischen Sportministeriums. Dementsprechend werden nicht nur im Fußball wichtige Posten in iranischen Sportverbänden oft an Regime-Politiker vergeben. "Du musst einfach Connections haben, nicht nur mit dem Sport-Ministerium, sondern überall", erklärt Kanute Saeid Fazloula. 

Bei "Iran im Herzen" geben Saeid Fazloula und Reyhaneh Amro tiefe Einblicke in den iranischen Profi-Sport und teilen ihre persönlichen Erfahrungen.