NADA-Chef Mortsiefer "verunsichert" "Große Sorgen um Integrität des Anti-Doping-Kampfes"
Die deutsche Nationale Anti-Doping-Agentur fordert nach den Enthüllungen zum Verdachtsfall von massenhaftem Doping unter chinesischen Schwimmern "transparente und schnelle Aufklärung" durch die Welt-Anti-Doping-Agentur und auch eine neue Untersuchung vor Ort.
Die Veröffentlichungen der ARD-Dopingredaktion und der New York Times auch zur fragwürdigen Rolle der WADA hätten Mortsiefer "sehr schockiert". Die NADA mache sich "sehr große Sorgen um die Integrität des Anti-Doping-Kampfes und auch um den Schutz der sauberen Sportlerinnen und Sportler."
Die WADA, weltweit höchste Anti-Doping-Institution, hatte den großen Doping-Verdachtsfall aus dem Jahr 2021 auf sich beruhen lassen, ohne vor Ort in China eine unabhängige Untersuchung veranlasst zu haben. 23 chinesische Spitzenschwimmer waren positiv auf das verbotene Herzmedikament Trimetazidin getestet worden.
Die WADA akzeptierte letztlich die Darstellung in einem vertraulichen chinesischen Untersuchungsbericht, derzufolge die Athletinnen und Athleten im Teamhotel Opfer einer Lebensmittel-Kontamination geworden seien.
NADA fordert unabhängige Ermittlungen
Mortsiefer "erwartet", dass nun auch noch mal vor Ort unabhängig ermittelt werde: "Also ich denke schon, dass der Zeitpunkt da ist, dass jetzt ohne Coronalage und ohne Reiserestriktionen noch mal reingeschaut wird." Es gelte, vor den Olympischen Spielen in Paris im Sommer in der Anti-Doping-Bewegung die "Kräfte zu bündeln". Maßgeblich sei "die Integrität des sportlichen Wettbewerbs" und die "greifbare Angst" der Athletinnen, Athleten. "Wir müssen als Anti-Doping-Organisationen wieder Kredit zurückgewinnen", sagte Mortsiefer.
Der NADA-Chef kritisierte die chinesische Anti-Doping-Agentur CHINADA für die Tatsache, dass sie die betreffenden Athletinnen und Athleten nach den positiven Tests auf Trimetazidin Anfang 2021 nicht suspendiert hatte.
"Da ist das Regelwerk sehr klar. Wenn ein positives Analyseergebnis von dem zuständigen WADA-akkreditierten Labor an uns herangetragen wird und es um eine nicht spezifische, also harte Dopingsubstanz geht, ist für uns ganz klar, was wir zu tun haben: eine vorläufige Suspendierung aussprechen. Das wäre der erste Schritt, den wir machen würden", sagte Mortsiefer. Auch bei möglichen Kontaminationsszenarien würde die NADA laut Mortsiefer entsprechend verfahren.
NADA ist "irritiert und verunsichert"
Er erwarte klare Vorgaben der WADA, wie die nationalen Anti-Doping-Agenturen "mit ähnlichen Fallkonstellation" wie in China, die "jederzeit immer wieder vorkommen können", umzugehen haben. Die NADA sei "irritiert und verunsichert" durch fehlende Vorgaben der WADA.
"Da ist es wirklich an der Welt-Anti-Doping-Agentur, dies in den Rahmen- und Leitlinien festzustellen." Das sei "das, was am meisten schockiert, dass diese Organisation, die das alles im Blick haben sollte, an dieser Stelle jetzt zweierlei Maß anwendet. Das lässt uns auch ein Stück weit ratlos zurück."
Mortsiefer griff damit die Kritik an der WADA nach der Veröffentlichung durch ARD und New York Times auf, unterschiedlich gehandelt zu haben, wenn in Dopingfällen Kontaminationsszenarien als Entlastungsgrund angegeben werden. Die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa hatte etwa in ihrem Trimetazidin-Fall angegeben, versehentlich mit dem Herzmittel ihres Großvaters in Kontakt gekommen zu sein. Walijewa war auch nach einer strikten Forderung der WADA für vier Jahre gesperrt worden.