Handball-WM 2023 Bei Deutschland läuft's, wenn der Ball läuft
Die deutschen Handballer haben bei der Weltmeisterschaft eine spielerische Glanzleistung gezeigt. Das Rezept: die Vereinigung von taktischer Disziplin und individueller Klasse.
Nicht nur Sportschau-Experte Dominik Klein, zur aktiven Zeit Linksaußen in der Nationalmannschaft und beim THW Kiel, war begeistert. Auch die Fans feierten Linksaußen Lukas Mertens mit Sprechchören, sodass er am Sportschau-Mikrofon doch ein bisschen lauter sprechen musste.
Deutschland spielt die Spielzüge durch
Mertens war mit sieben Treffern bei sieben Versuchen bester Schütze der deutschen Mannschaft beim 34:33 (19:17) über die starken Serben. Und so beeindruckend seine individuelle Leistung und seine Treffer waren, so gut waren die, vor allem von der Außenposition, auch herausgespielt. Die deutschen Außen erzielten zusammen acht Treffer, die Kreisläufer zehn. Immer wieder landete der Ball dort, wo er hin sollte.
Bundestrainer Alfred Gislason war am Sportschau-Mikrofon ebenfalls sehr glücklich, dass seine Schützlinge die einstudierten Spielzüge konsequent zu Ende spielten und nicht die vorherige Halbchance, sondern die klare Chance am Ende der Passkette suchten. Allein Juri Knorr, im ersten Spiel noch mit acht Toren bester Schütze, verzeichnete elf Assists.
Variabler Rückraum mit Knorr, Köster, Weber und Co.
Wer sich an die vergangenen großen Turniere der DHB-Auswahl erinnert, der erinnert sich auch daran, dass Bälle öfter mal auf der Halbposition hängen blieben, dass unvorbereitete Würfe zu Fehlern führten - und auch wenn das der Mannschaft gegen Serbien vereinzelt ebenfalls passierte, waren gerade die unvorbereiteten Würfe sehr selten. Kein Wunder also, dass zum Beispiel Dominik Klein, der die vergangenen Turniere ebenfalls eng verfolgte, fast schon aus dem Häuschen war.
Zum Erfolgsrezept gehört auch, dass Spieler wie Juri Knorr, Julian Köster oder Philipp Weber, die alle viele Spielanteile im Angriff bekamen, keine reinen "Shooter", sondern sehr flexible Spieler sind, die auch in Eins-gegen-eins-Situationen Torgefahr ausstrahlen. Drei so variable Rückraumspieler, von denen zwei eigentlich immer gleichzeitig auf dem Feld stehen, sind für Abwehrreihen schwer zu verteidigen. Und wenn diese Spieler dann auch noch das Auge und die taktische Disziplin haben, den Ball konsequent zum besser postierten Mitspieler zu bringen, erzielt man sogar gegen eigentlich defensivstarke und physische Serben 34 Tore.
Individuelle Klasse trifft taktische Disziplin
Die individuelle Klasse im deutschen Rückraum ist in diesem Turnier so groß wie seit Jahren nicht mehr. Dass es dem Bundestrainer offenbar gelungen ist, dieses individuelle Talent in ein taktisches Konzept zu integrieren und die Mannschaft auch bereit ist, dieses umzusetzen, ist viel wert.
Gesunde Selbsteinschätzung der Abwehrleistung beim DHB
Dass nahezu alle Spieler nach dem Spiel auch wussten und betonten, dass die Abwehrleistung doch über weite Strecken dürftig war und es am Schluss einige herausragende Paraden von Joel Birlehm brauchte, spricht für die Bodenhaftung der deutschen Auswahl.
Eine solche "Sahnevorstellung" im Angriff nun für jedes Spiel zu erwarten, wäre vermessen, aber wenn die Defensive auch wieder etwas besser hält, ist die ja auch nicht immer nötig. Dass das Team nun gezeigt hat, dass es zu so einer Vorstellung gegen einen so hoch eingeschätzten Gegner fähig ist, macht Hoffnung für die unmittelbare, aber auch die weiter entfernte Zukunft.