Handball-Nationalspielerin Annika Lott - "Ich bin einfach glücklich"
Nach zwei Schulter-Operationen stand Handballerin Annika Lott (23) vom Thüringer HC kurz vor dem Karriereende. Doch jetzt kämpft sie mit der deutschen Nationalmannschaft um die WM-Teilnahme. Am Sonntag (09.04.2023) spielt die DHB-Auswahl in Hamm das erste von zwei Qualifikationspielen gegen Griechenland. Das Rückspiel findet am 12. April in Griechenland statt. Der Sieger fährt zur Ende November beginnenden WM in Dänemark, Norwegen und Schweden.
Sportschau: Frau Lott, seit dem 3. April bereiten Sie sich in Kamen-Kaiserau mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft auf die Spiele in der WM-Qualifikation gegen Griechenland vor. Worauf lag der Fokus in den vergangenen Tagen?
Annika Lott: Wir trainieren ordentlich und fleißig. Der Fokus lag darauf, dass wir die Abwehr variabler gestalten können. Wir haben noch ein paar Spielzüge dazubekommen und wollen uns einfach variabler aufstelllen.
Worauf wird es in den Spielen gegen Griechenland ankommen?
Lott: Ich bin tatsächlich sehr gespannt. Ich persönlich kenne die Mannschaft noch nicht. Ich hab noch nie gegen Griechenland gespielt. Der Fokus liegt auf unserem Spiel, dass wir das durchziehen. Und dann werden wir sehen, worauf es am Ende ankommen wird. Aber ich glaube, unsere Leistung sollte im Vordergrund stehen, damit wir einfach zeigen, dass wir der Favorit sind und mit einem Sieg da herausgehen.
Die Spiele gegen Griechenland entscheiden nun über die WM-Teilnahme der deutschen Mannschaft. Wie hoch ist der Druck?
Lott: Das große Ziel ist natürlich, zur WM zu fahren. Das ist ganz klar. Wir sind der Favorit und wollen die beiden Spiele einfach gewinnen, damit wir dabei sind. Ein gewisser Druck ist immer dabei, aber wir glauben einfach an das Team und die Mannschaft, dass wir das zusammen gewinnen können.
Sie selbst haben eine lange Leidenszeit hinter sich. Sie mussten 2019 und 2021 zwei Mal an der Schulter operiert werden. Sogar ein Karrierende stand im Raum. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Lott: Erst einmal muss ich sagen, ich bin einfach mega happy, hier zu sein. Es ist immer eine Ehre für die Nationalmannschaft aufzulaufen. Ich freue mich einfach, dabei zu sein, gerade nach meiner Schulterverletzung, wo ich dachte, vielleicht ist es jetzt das Ende. Aber ich habe mich noch einmal hochgekämpft. Ich hatte eine gute Reha und hab es geschafft, wieder dabei zu sein. Ich bin einfach glücklich.
Gab es während Ihrer Verletzungspause einen Wendepunkt, an dem Sie gemerkt haben: Ja, ich kann wieder auf Top-Niveau Handball spielen?
Lott: Ich habe nach der Reha gemerkt, dass ich langsam wieder in die alte Form zurückgekommen bin und es einfach immer besser wurde. Auch mein Wechsel vom Buxtehuder SV zum Thüringer HC war der perfekte Schritt für mich und die Saison lief von Anfang an gut für mich persönlich und für das Team. Da habe ich gemerkt, dass es läuft. Deshalb hab ich mich auch sehr über die Einladung zum Lehrgang gefreut.
Hat Sie die Zeit während ihrer Verletzung persönlich verändert?
Lott: Definitiv. Mir ist klar geworden, dass die Gesundheit im Leistungssport im Vordergrund steht. Weil ohne den Körper kann man es nicht bis ganz nach oben schaffen. Da muss man ein Feingefühl haben. Ich glaube, jeder hat das beste Gefühl für seinen eigenen Körper. Und das habe ich extrem aus der Zeit mitgenommen.
Was würde Ihnen nun eine WM-Teilnahme bedeuten?
Lott: Schon sehr, sehr viel. Wenn ich persönlich dabei sein dürfte, wäre das ein großer Traum, der in Erfüllung geht. Das Ziel ist einfach, die beiden Spiele gegen Griechenland zu gewinnen, damit wir dabei sind. Alles andere - wie der Kader dann aussieht - werden wir dann sehen.
Die deutsche Mannschaft hat das Drei-Länder-Turnier mit Polen und Ungarn gewonnen. Gegen Polen haben sie selbst mit sechs Toren maßgeblich zum Sieg beigetragen. Bei der EM im vergangenen Jahr hat die DHB-Auswahl das Halbfinale allerdings verpasst. Wo steht das Team aktuell im Vergleich zur Weltspitze?
Lott: Das ist eine gute Frage. Ich konnte jetzt erst ein paar Trainingseinheiten mit der Mannschaft machen. Ich kann es gar nicht so richtig sagen. Klar, die EM war noch einmal ein Fortschritt. Ich denke, jedes Turnier bringt eine Mannschaft voran und lässt das Gefüge weiter zusammenwachsen. Der nächste Schritt muss sein, dass wir einfach variabler im Angriff und auch in der Deckung aufgestellt sind, um dann weiter an der Weltspitze angreifen zu können.
Was macht die Mannschaft aktuell stark?
Lott: Das gute Teamgefüge. Jeder steht für jeden ein. Und dann kommen wir aus einer soliden, starken Abwehr in das schnelle Tempospiel nach vorne. Das hat man schon im letzten Länderspiel gegen Polen gesehen, dass es einfach unser Ziel ist, eine konstante Abwehr zu stellen und dann schnell nach vorne zu spielen. Das ist und sollte eine Stärke von uns sein.
Sie haben auch im Verein aktuell spannende Wochen vor sich. Mit dem Thüringer HC stehen sie sensationell im Final Four der European League. Auch die Meisterschaft ist noch drin. Ist es da schwierig, sich auf die Nationalmannschaft zu konzentrieren?
Lott: Wenn man bei der Nationalmannschaft eingeladen ist, ist der Fokus natürlich bei der Nationalmannschaft. In den anderthalb Wochen jetzt denkt man eigentlich gar nicht an den Verein. Natürlich weiß man, was da für harte nächste Wochen anstehen, aber jetzt lebe ich im Moment hier und gebe mein Bestes in jedem Training und will mit der Mannschaft so weit kommen, wie es geht. Auch im Training. Deswegen würde ich sagen, der Verein steht hier nicht im Vordergrund.
Was sind ihre persönlichen Ziele für den Rest der Saison und auch darüber hinaus?
Lott: Mit dem Verein möchte ich im Final Four Gas geben. Es wäre ein großes Ziel und ein großer Traum, im Finale zu stehen. Ich persönlich möchte dort eine gute Leistung abliefern mit dem gesamten Team. Ich sage immer, es ist ein Teamsport. Da geht es nicht um einzelne Personen. Bei der Nationalmannschaft möchte ich weiter im Kader bleiben und zeigen, was ich drauf hab.