Gala und Tränen zum Abschied Andy Schmid bleibt Happy End verwehrt - "Gibt keinen Handballgott"
Andy Schmid hat in seinem letzten Spiel als Aktiver bei einem großen Turnier für die Schweiz noch einmal eine Handball-Halle von den Sitzen gerissen - und einen Rekord aufgestellt.
Als Andy Schmid mit sichtlich von Emotionen gezeichnetem Gesicht nach der 27:29 (9:13)-Niederlage seiner Schweizer im letzten Vorrundenspiel gegen Nordmazedonien die Auszeichnung zum Spieler des Spiels abholte, brandete in der Berliner Arena lautstarker Jubel auf. Die Schweiz war zwar nun auch rechnerisch raus aus dem Rennen um die Hauptrunde bei der Handball-EM, aber nicht nur die rot gekleideten Anänger der Eidgenossen auf der Tribüne feierten den Mann mit der Nummer 2 frenetisch.
40 Jahre - zwölf Tore - und ein Rekord
"Ich habe in den letzten fünf Minuten dreieinhalb Minuten geweint. Deswegen ist Wehmut wahrscheinlich leicht untertrieben", sagte Schmid nach seiner wohl letzten Gala im Nationaltrikot: "Ich muss mal nach Hause und meine Gedanken sammeln. Ich habe einen Verband, ich habe eine Familie und dann werde ich entscheiden in den nächsten Tagen, ob das vielleicht sogar mein letztes Spiel war."
Schmid, der mittlerweile in der Heimat bei Kriens-Luzern spielt, aber jahrelang bei den Rhein-Neckar Löwen auf der Rückraummitte die Fäden zog, zweimal deutscher Meister und fünf Mal hintereinander Bundesligaspieler der Saison wurde, will im Sommer seine aktive Karriere beenden. Wie ein Handball-Rentner sah er aber an diesem Dienstagabend nicht aus. Mit mittlerweile 40 Jahren erzielte der Spielmacher zwölf Tore gegen die Mazedonier - eine Wahnsinnsleistung. Und das bei nur 16 Versuchen. Und bei jedem Treffer jubelte die Halle noch etwas lauter.
Schmid: "Es gibt keinen Handballgott"
Umso tragischer, dass ihm in der engen Schlussphase der Ball einmal aus der Hand rutschte und die Mazedonier im Gegenzug zur 28:27-Führung trafen. Schmid: "Ich weiß jetzt, dass es keinen Handballgott gibt. Wenn ein Handballgott das Spiel hier geschaut hätte, hätte er uns siegen lassen."
Schmid war es überhaupt gewesen, der die Eidgenossen zurück ins Spiel gebracht hatte - wie er es so oft in den vergangenen 21 (!) Jahren seit seinem Debüt für die Schweiz getan hat.
Sogar ein Tempogegenstoß war dabei - und natürlich die gefürchteten ansatzlosen Würfe, bei denen Schmid halb aus dem Stand ansatzlos hochsteigt und genau in die Ecke trifft, in die der Torhüter gerade nicht geht. Sein zwölftes und letztes Tor war dabei ein ganz besonderes, denn mit seinem 1.094. Tor für die Schweiz überholte er die Schweizer Handball-Ikone Marc Baumgartner, die es auf 1.093 bringt. Als hätte Schmid es gewusst, dass es genau zwölf Treffer für diesen Rekord brauchte.
Ewige Ikone des Schweizer Handballs
Auf dem Rückweg von seiner Auszeichnung zum Spieler des Spiels fiel Schmid der ein oder andere Landsmann um den Hals, Torwart Nikola Portner, neben Schmid bester Mann der Schweizer, war der erste und umarmte seinen Teamkollegen lang. Als die Mannschaft danach in die Fankurve ging, wollte Schmid offenbar gar nicht ganz vorne stehen, wurde von seinen Kollegen aber mit sanfter Gewalt dazu genötigt, sich noch einmal den einzelnen Applaus abzuholen.
Im Sommer tauscht Schmid seine Rückkennummer 2 gegen das C - wie Coach - und wird Nationaltrainer. Natürlich. Denn Handball ohne Andy Schmid gibt es in der Schweiz einfach nicht. "Es ist Zeit, das Feld freizulassen für die Weiterentwicklung", sagte Schmid: "Ich weiß auch, dass es im Schatten von mir nicht einfach ist zu gedeihen."