Türkisches Talent Partycrasher aus Regensburg - Yildiz glänzt gegen DFB-Team
Kenan Yildiz schob sich beim Sieg der Türkei gegen Deutschland ins Rampenlicht. Sein Traumtor trifft die Nationalmannschaft besonders hart, nicht nur weil der gebürtige Regensburger beim FC Bayern ausgebildet wurde. DFB-Präsident Bernd Neuendorf sieht sich veranlasst, dem Bundestrainer erstmals den Rücken zu stärken und überrascht mit einer Ansage fürs EM-Finale.
Im bislang größten Moment seiner noch jungen Fußballkarriere erinnerte sich Kenan Yildiz offenbar an sein Idol Alessandro Del Piero. Nach seinem Traumtor beim 3:2-Sieg der Türkei gegen die DFB-Auswahl zeigte der türkische Teenager seine Zunge und breitete die Arme zum Jubel aus - ganz so, wie es der große Italiener immer getan hat.
Wie einst Del Piero traf Yildiz die deutsche Nationalmannschaft bei der überraschenden Heimpleite in Berlin ins Herz. Sein herrlicher Schlenzer vom Fünfer-Eck in den Winkel erinnerte einige Beobachter an Del Pieros Treffer zum 2:0-Endstand für Italien im WM-Halbfinale 2006, der der deutschen WM-Party damals den Stecker zog. Türkeis Youngster Yildiz hatte mit seinem Klassetor nun erheblichen Anteil daran, dass die Aufbruchstimmung unter dem neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann einen ersten, empfindlichen Dämper erhielt.
Geboren in Regensburg, bessere Perspektiven bei der Türkei
"Ich bin sehr glücklich", sagte Yildiz, das Video von seinem "netten" Tor teilte er stolz mit drei erhobenen Zeigefinger-Emojis auf Instagram. "Ich danke allen im Verband für das Vertrauen", ergänzte der 18-Jährige. Yildiz kam in Regensburg zur Welt, hat eine deutsche Mutter und einen türkischen Vater. Seine Loyalität, sagte der frühere türkische Nationalcoach Stefan Kuntz, habe aber früh dem Land seines Vaters gegolten. Zumal die Türkei früher mit der Perspektive A-Team locken konnte. "Das ist schwer zu schlagen", sagte Kuntz und wies auch Spekulationen zurück, die deutschen Nachwuchsteams hätten sich nicht ausreichend genug um das beidfüßige Offensivtalent bemüht: "Ich wäre vorsichtig zu sagen: 'Hier schläft der DFB.'"
Yildiz zehn Jahre lang beim FC Bayern ausgebildet
Ausgebildet wurde Yildiz zehn Jahre lang in der Jugend des FC Bayern. Umso berechtigter erscheint da schon die Frage, warum dem Rekordmeister ein Ausnahmetalent wie Yildiz von der Angel ging. "RTL"-Experte Lothar Matthäus nutzte diese Vorlage dann auch gleich für eine seiner Attacken in Richtung Münchner Klubführung: "Da hat Hasan Salihamidzic vielleicht nicht den Job gemacht, den der ein oder andere gemacht hätte."
Der damalige Sportvorstand Salihamidzic hatte Yildiz' Wechsel im vergangenen Jahr zu Juventus Turin mit dessen "finanziellen Forderungen" erklärt, denen die Münchner nicht hätten "entsprechen" wollen. Juventus, erläuterte Türkeis Ex-Coach Kuntz dafür nun, habe Yildiz "den perfekten Karriereplan" vorgelegt. Über die U19 und die zweite Mannschaft ist er inzwischen bei den Profis angekommen, für die er in dieser Saison aber auch erst fünf Kurzeinsätze absolvierte. "Ich bin sicher", sagte Trainer Massimiliano Allegri, "dass er ein wunderbarer, ein Top-Spieler wird."
Bei der deutschen Nationalmannschaft legte Yildiz' Treffer, nach schnellem Umschalten und einem zielstrebig vorgetragenen Angriff, die weiterhin fehlende defensive Grundstabilität offen. Im Anschluss musste Julian Nagelsmann einige unerwartete Umstellungen in der Defensive erklären - und ging zum Gegenangriff über. "Wir können jetzt wieder anfangen, alles schwarzzumalen und alles schlecht zu sehen. Das können wir machen, da werden wir aber nicht weiterkommen als Fußball-Nation."
Neuendorf mit Ansage EM-Finale: "Volles Vertrauen" in Nagelsmann
DFB-Präsident Bernd Neuendorf sah sich veranlasst, dem Bundestrainer nach drei Spielen erstmals den Rücken zu stärken. "Wir gefallen uns oft darin, in eine toxische Situation zu kommen, alles schlechtzureden, und das war es nicht", verteidigte der DFB-Präsident bei "Bild TV" den Kurs von Nagelsmann. Er habe volles Vertrauen in den Bundestrainer, machte Neuendorf klar.
Weitere sportliche Bewertungen vermied Neuendorf, dafür überraschte er mit einer klaren Final-Ansage als Zielsetzung für die EM. Eine Flucht nach vorn als Ablenkungsmanöver? Mit den starken Türken und Kenan Yilmaz könnte es das DFB-Team jedenfalls auch bei der EM zu tun bekommen.