Urteil des Bundesverfassungsgerichts Bundesländer plädieren für einheitliche Lösung
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts könnten weitere Bundesländer dem Bremer Beispiel von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) folgen und den Profifußball zur Kasse zu bitten - besonders die von der SPD geführten Landesregierungen in Hamburg und Niedersachsen sind dafür offen. Nordrhein-Westfalen und Bayern werden nicht dazugehören.
Für Niedersachsen erklärte Landesinnenministerin Daniela Behrens (SPD), die weiteren Schritte "sorgsam abwägen" zu wollen. Ihr vorrangiges Ziel bleibe, "dass die Vereine die Gewalt in ihren Stadien in den Griff bekommen und es gar nicht erst zu Polizei-Einsätzen kommen muss". Sie habe die "klare Erwartungshaltung, dass der DFB und die DFL das Thema Sicherheit im Stadion endlich ernst nehmen, ihre bestehenden Regularien durchsetzen und zeitnah weitere Vorschläge zur Reduzierung der Gewalt präsentieren".
Behrens hält die Ausstellung von Gebührenbescheiden "nicht für die Lösung des Problems", wenn sich an der Situation aber "auch weiterhin keine nachhaltigen Verbesserungen ergeben, werden wir jedoch nicht umhinkommen, ebenfalls Gebühren zu erheben". Davon betroffen könnten insbesondere die Zweitligisten Hannover 96 und Eintracht Braunschweig sein, deren Derby immer wieder für unrühmliche Schlagzeilen sorgt, weil auch die höchste Sicherheitsstufe die obligatorischen Ausschreitungen nicht verhindert.
Hamburg im Prüfmodus
Hamburg wird nun die Einführung eines bundesweiten Polizeikosten-Fonds prüfen - einen entsprechenden Antrag hatte die Bürgerschaft in der Hansestadt im September 2024 beschlossen. Innensenator Andy Grote setzt sich bei dem Thema für ein bundesweit einheitliches Vorgehen ein. "Ich bin gegen eine isolierte Lösung für Hamburg", sagte der SPD-Politiker zuletzt: "Wir brauchen ein einheitliches Vorgehen deutschlandweit."
Die weitere Diskussion nach der Entscheidung in Karlsruhe werde aus seiner Sicht davon abhängen, "ob die jüngsten Vereinbarungen mit dem Fußball aus dem Spitzengespräch jetzt kooperativ und konsequent umgesetzt werden und damit zu einer Verbesserung der Stadionsicherheit beitragen". Damit stehen vor allem der Hamburger SV in der 2. Bundesliga und der FC St. Pauli in der Bundesliga unter Beobachtung.
Berlin will keine Gebühren erheben
Das Land Berlin plant allerdings keine Kostenbeteiligung an Polizeieinsätzen bei Hochrisikospielen. Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) grenzte sich klar vom Genossen Ulrich Mäurer aus Bremen ab: "Wir werden das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und seine Begründung bewerten, sobald sie vorliegt. Es gilt aber auch weiterhin meine Position, dass das Land Berlin keine Kostenbeteiligung für Vereine an Zusatzausgaben bei Polizeieinsätzen im Hinblick auf Hochrisikospiele plant."
Man stehe dazu im regelmäßigen Austausch mit regionalen Vereinen. Union Berlin und Hertha BSC können also aufatmen. Auch in Brandenburg ist nichts zu befürchten. Simple Begründung von Innenministerin Katrin Lange (SPD): "Brandenburg plant derzeit keine Kostenbeteiligung von Vereinen an sogenannten Hochrisikospielen. Anders als Bremen kannte Brandenburg eine solche Kostenbelastung auch in der Vergangenheit nicht. Zudem verfügt das Land derzeit nicht über Vereine in der ersten oder zweiten Bundesliga"
Auch Bayern gibt den Klubs Entwarnung
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will die Fußballvereine nicht für die Kosten von Polizeieinsätzen zur Kasse bitten. Der Freistaat werde "da keinen Zwang machen", versicherte der CSU-Chef. Auch das Land Brandenburg plant derzeit keine Beteiligung der Vereine. Innenministerin Katrin Lange (SPD) sieht den oftmals sehr hohen Mehraufwand für den Polizeieinsatz selbst als Hauptproblem.
Für Mecklenburg-Vorpommern teilte Innenminister Christian Pegel (SPD) mit: "Das heutige Urteil bringt endlich Klarheit in ein Thema, das uns seit Jahren begleitet und wir begrüßen, dass es nun endlich eine rechtliche Grundlage gibt. Dennoch sehen wir dieses Urteil nicht als einfache Blaupause für alle zukünftigen Situationen. Dabei werden sicherlich auch die Verläufe der kommenden Hochrisikospiele bei den künftigen Bewertungen eine Rolle spielen."
Auch Hessen für eine einheitliche Lösung
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) erklärte, das Urteil eröffne die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung. Es spreche aber keine Verpflichtung dafür aus. "Ich strebe ein bundesweit einheitliches Vorgehen an", kündigte er an. "Alles andere würde auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Bei den weiteren Überlegungen kommt es aus meiner Sicht vor allem darauf an, den immensen polizeilichen Aufwand einerseits und die hohe gesellschaftliche Bedeutung des Profifußballs andererseits zu berücksichtigen. Zudem wird es um Abgrenzungsfragen gehen. Dies gilt sowohl für den Umgang mit anderen Fußballligen als auch mit anderen Sportarten und anderen Großveranstaltungen."
In Hessen sind es vor allem die Anhänger von Eintracht Frankfurt, die immer wieder aus der Rolle gefallen sind - auf nationaler Ebene, aber auch bei internationalen Auftritten. Kein Verein hat in der vergangenen Spielzeit so viele Strafzahlungen geleistet: Insgesamt musste die SGE in der Saison 2023/24 stolze 918.950 Euro Strafe für Gewalt- und Pyro-Vergehen zahlen, dahinter folgen Bundesliga-Absteiger 1. FC Köln mit 725.750 Euro und Zweitligist 1. FC Kaiserslautern mit 673.100 Euro.
NRW-Klubs müssen nicht zahlen
Die Fußball-Klubs in Nordrhein-Westfalen sollen auch in Zukunft nicht für die aufwendigen Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen zur Kasse gebeten werden. "Polizeieinsätze dürfen kein Preisschild haben", sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). "Für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, ist ein Versprechen des Staates an seine Bürger."
Rheinland-Pfalz und Saarland wollen Beteiligung der Vereine
Das Land Rheinland-Pfalz hält sich laut Innenminister Michael Ebling (SPD) die Möglichkeit offen, seine Bundesligaklubs an den Polizeikosten zu beteiligen. Das Land ist grundsätzlich gewillt, eine Gebührenordnung zu schaffen, wünscht sich aber eine bundeseinheitliche Lösung.
Saarlands Innenminister Reinhold Jost (SPD) will ebenfalls einen Flickenteppich vermeiden und die Frage mit den anderen Bundesländern einheitlich regeln. Jost macht sich für die Einführung eines Polizeikosten-Fonds stark, in den die Veranstalter gestaffelt einzahlen.
Keine Entscheidung in weiteren Bundesländern
Baden-Württemberg will erst das Urteil prüfen. Innenminister Thomas Strobl (CDU) legt seine Priorität vorerst weiter auf die sogenannten Stadionallianzen. Dabei arbeiten Polizei, Kommunen, Vereine und Fanorganisationen zusammen. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) sieht jetzt die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung, aber keine Verpflichtung dazu. Das Land strebt ein bundesweit einheitliches Vorgehen an.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) will Konsequenzen aus dem Urteil erst mit dem sächsischen Fußballverband besprechen. Sachsen-Anhalt möchte erst nach einer sorgfältigen Auswertung der Entscheidungsgründe eine weitere Bewertung vornehmen, das Land befürwortet ebenso ein bundeseinheitliches Verfahren wie Schleswig-Holstein und Thüringen.