Bundestrainer Hansi Flick nachdenklich auf der Pressekonferenz

Testländerspiel gegen Kolumbien Flicks Hoffnung heißt Gündogan

Stand: 19.06.2023 18:01 Uhr

Nach zuletzt mageren Auftritten der Nationalmannschaft steht Bundestrainer Hansi Flick rund ein Jahr vor der Heim-EM unter Druck. Gegen Kolumbien soll es Ilkay Gündogan richten.

Die drei Testländerspiele gegen die Ukraine (3:3), Polen (0:1) und Kolumbien am Dienstag wollten die deutsche Fußball-Nationalmannschaft und ihr Trainer Hansi Flick dazu nutzen, um sich rund ein Jahr vor dem Start der EM im eigenen Land Selbstvertrauen zu holen und ein Gerüst zu finden, das das Team dort zum Erfolg führt. Zudem wollte die DFB-Elf die so dringend benötigte EM-Euphorie im Land entfachen.

Völler: Keine Debatte über den Bundestrainer

Doch nach den mageren Auftritten in den beiden ersten Partien sieht sich Flick plötzlich mit Spekulationen um seinen Posten konfrontiert. So sehr, dass sogar Rudi Völler schon einschreiten musste. Der DFB-Direktor tat das, was von ihm erwartet wurde und verteidigte den in die Kritik geratenen Flick mit Feuereifer und stellte klar, dass es beim Deutschen Fußball-Bund keine Debatte über den Bundestrainer gibt. Das tat Völler glaubhaft. Schließlich ist er Medienprofi. Und auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf sagt: "Direkt das Ende des Abendlandes auszurufen, ist völlig überzogen."

Flick braucht einen Sieg

Doch die Mechanismen des Geschäfts sind unerbittlich. Sollte sich die Nationalmannschaft mit einem weiteren Rückschlag gegen Kolumbien in die lange Länderspielpause verabschieden und auch der Saisonauftakt im September gegen WM-Schreck Japan und Vize-Weltmeister Frankreich missraten, dann ist die Trainerdiskussion voll entbrannt. Denn bis zur Heim-WM sind es dann nur noch neun Monate. Kurzum: Der Druck vor dem Spiel in Gelsenkirchen gegen die Südamerikaner ist mächtig und die Partie ist nun plötzlich enorm wichtig für Flick. Ein Sieg muss her – und um die Volksseele zu beruhigen am besten ein überzeugender. Auch Völler fordert: "Am Dienstag ist es kein Freundschaftsspiel. Wir müssen den Menschen zeigen, dass sie auf uns bauen können."

Fakt ist: Es ist viel mehr als eine Ergebniskrise. In den vergangenen 15 Länderspielen gab es nur vier Siege - gegen eine italienische B-Elf, den Oman, Costa Rica und Peru. Die Nationalmannschaft enttäuscht mehr oder weniger seit fünf Jahren regelmäßig. Es gibt weder ein gefestigtes System, noch eine eingespielte Achse, um darauf jederzeit zurückgreifen zu können. Der DFB-Auswahl mangelt es an Überzeugung und Automatismen.

Flick stoisch: "Glauben an uns"

Flick gibt sich gelassen, die Kritik nimmt er freilich an: "Die Ergebnisse geben wenig Spielraum für etwas anderes", sagt er, betont aber auch: "Wir glauben an unseren Weg, sind überzeugt von unserem Weg. Im September wird das aber ganz anders aussehen. Wir werden im September eine Mannschaft sehen, die den Erfolg haben wird, den wir uns wünschen."

Hansi Flick - "Wir glauben an unseren Weg"

Sportschau, 19.06.2023 13:37 Uhr

Dass Flick einen Masterplan für ein erfolgreiches Turnier hat, nimmt man ihm ab. Die taktischen und personellen Experimente (zuletzt im Spiel gegen Polen gab es neun Veränderungen in der Startelf) sind erlaubt. Doch ob er dann am Ende auch aufgeht, der Masterplan, ist ungewiss. "Die Mannschaft entwickelt sich", sagt Flick immer und immer wieder.

Viel Lob für Gündogan

Richten soll es schon gegen Kolumbien Champions-League-Sieger Ilkay Gündogan. Der Mann von Manchester City wird gegen die seit zehn Spielen ungeschlagenen Kolumbianer von Beginn an auflaufen.

Die Stärken "schlummern irgendwo in uns"

Sportschau, 19.06.2023 13:53 Uhr

Flick beschreibt ihn als "sehr wichtigen Spieler. Auf und neben dem Platz." Gündogan sei ein Spieler, der "jeder Mannschaft absolut weiterhilft und dementsprechend auch uns", sagte Robin Gosens: "Wir alle haben das verfolgt, was Ilkay diese Saison geleistet hat." Mit den "Citizens" hatte Gündogan als Kapitän der Starauswahl von Trainer Pep Guardiola auch die englische Meisterschaft sowie den FA Cup gewonnen. Das Pokalfinale entschied er beim 2:1 gegen Stadtrivale Manchester United mit zwei Toren.

"Er ist ein sehr wichtiger Spieler, der aufgrund der Saison, die er selber gespielt hat, und die sein Verein gespielt hat, mit großem Selbstbewusstsein hier hinkommt", sagte Gosens: "Wenn er das schafft, hier einzubringen, und das schafft er, das hat er in der Vergangenheit bewiesen, dann ist er ein riesengroßer Mehrwert als Leader, als sehr erfahrener Spieler, als Spieler, der einiges gewonnen hat in seiner Karriere, und als Spieler, der auch schon mit Niederlagen umgehen musste."

Gündogan mit positiver Energie und Ruhe

Ob der als Heilsbringer auserkorene Gündogan im Alleingang die Wende bringen kann, wird sich zeigen. Als solcher sieht er sich nicht. "Ich werde versuchen, an mein Leistungsniveau zu kommen und der Mannschaft bestmöglichst zu helfen", sagt er: "Ich kann viel positive Energie und eine gewisse Ruhe reinbringen. Wir dürfen jetzt nicht in Aktionismus verfallen. Wir wissen um unsere Stärken und müssen sie auf dem Platz abrufen."