Gefälschte Spielerpässe Der große Betrug in Afrikas Jugendfußball
Aufregung im afrikanischen Jugendfußball: Der kamerunische Verband ließ sein U17-Team per MRT-Scans auf das Alter untersuchen. Ergebnis: 21 von 30 Spielern hatten gemogelt. Altersmanipulationen sind in Afrikas Fußball nichts Neues.
Vor dem Uniffac-Turnier (12. bis 24. Januar) in Limbe, bei dem sich die U17-Teams der zentralafrikanischen Staaten für den kommenden Afrika-Cup qualifizieren können, führte der kamerunische Fußballverband Fecafoot MRT-Tests bei seinen jungen Auswahlspielern durch. Etwaige Altersmanipulationen sollten ausgeschlossen werden.
Resultat: 21 der 30 nominierten Akteure fielen durch. Die Spieler waren offenbar alle älter als in ihren Spielerpässen dokumentiert.
"Thema lastet auf unserem Fußball"
Angeordnet hatte die Untersuchung Samuel Eto’o – der ehemalige Nationalspieler Kameruns, einst Stürmerstar unter anderem beim FC Barcelona und Inter Mailand und seit Dezember 2021 Fußballpräsident seines Landes. Bereits bei seiner Amtsübernahme hatte der heute 41-Jährige angekündigt, gegen den systematischen Altersbetrug im Jugendfußball seines Landes vorgehen zu wollen. "Dieses Thema lastet auf unserem Fußball und hat unserem Image schweren Schaden zugefügt", so Eto’o damals zur Begründung.
Bombe ist geplatzt - Samuel Eto'o
Nun hat er seinen Worten Taten folgen lassen und das U17-Team, das sich in einem Vorort der Hauptstadt Yaounde auf das wichtige Turnier vorbereitete, regelrecht zerfleddert. Nach den ersten Tests nominierte U17-Trainer Jean-Pierre Fiala im Handumdrehen 15 Akteure nach, um so schnell wie möglich noch ein spielfähiges Team zusammenstellen zu können – doch von diesen fielen anschließend ebenfalls elf durch die Tests. "Der Präsident ist empört über die Ergebnisse der Tests und wird nicht locker lassen, bis diese Art des Betruges aufhört", ließ Fecafoot daraufhin in einer offiziellen Pressemitteilung verlauten.
Seit 2009 punktuelle Untersuchungen der Fifa
Nun ist das Thema Altersmanipulation in Afrikas Jugendfußball weder neu noch ein exklusives kamerunisches Problem. Der Weltverband Fifa begann schon 2009 bei der U17-Weltmeisterschaft in Nigeria mit der Durchführung von MRT-Scans, die sich auf die Handgelenke der Spieler konzentrierten, um ihr Alter zu berechnen.
Mittlerweile haben sich die Tests weiterentwickelt. Heute liefern MRT-Untersuchungen von Hüftknochen sehr genaue Ergebnisse. Derlei Scans sind allerdings aus Kostengründen nicht obligatorisch. Ein Verband muss schon – wie nun bei Kamerun passiert – selbst aktiv werden und tief in die Tasche greifen, um Gewissheit zu erhalten. Gerade in zahlreichen finanzschwachen Ländern Afrikas wird von diesen Tests abgesehen.
Altersmanipulation - ein bekanntes Problem in Afrika
Das Problem aber wird zunehmend drängender - es geht um nicht weniger als die Glaubwürdigkeit des afrikanischen Jugendfußballs. Vor allem in Ghana - einem im Jugendfußball auch international traditionell sehr erfolgreichen Land - hat man schon mehrmals Erfahrungen damit gemacht. 2014 wurde die U17-Mannschaft Ghanas vom Afrikanischen Nationen-Pokal 2015 ausgeschlossen, nachdem sie in einem Qualifikationsspiel gegen Kamerun des Altersbetrugs für schuldig befunden worden war. Damals wurden die jungen "Black Stars" von der Zentralafrikanischen Republik ersetzt.
Schon in den 80er und 90er Jahren war es ein offenes Geheimnis, dass bei vielen afrikanischen Verbänden im Juniorenfußball nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Legendär ist Ghanas WM-Team 1991, das in Italien den großen Coup schaffte und U17-Weltmeister wurde. Es gab stets Gerüchte, dass bei einem Großteil der Ghanaer der Spielerpass "frisiert" gewesen sei.
Nii Lamptey - wie alt war das "Jahrhunderttalent"?
Spieler des Turniers wurde seinerzeit der alle Konkurrenten um Längen überragende Nii Odartey Lamptey, der mit seinen jungen Gegenspielern machte was er wollte. Er galt seinerzeit als Jahrhunderttalent. Das sich aber in den Folgejahren bei diversen europäischen Klubs keinen Meter weiter entwickelte. Hatte er seinen Leistungszenit einfach schon überschritten?
Nii Lamptey - wie alt war er?
Als "Spieler ohne Geburtsdatum" ist später Tobie Mimboe Bayard in die Fußballgeschichte eingegangen. Beim Afrika-Cup 1996 tauchte der Kameruner mit einem Dokument auf, das sein Geburtsdatum als 30. Juni 1964 auswies. Wenig später tauchte er mit einem Pass mit Geburtsjahr 1970 auf - er war plötzlich sechs Jahre jünger. Nach einem Engagement in Paraguay war er plötzlich auch für einen Profiklub aus Argentinien interessant und wechselte eine Stufe bergauf.
Tobie Bayard - Geburtsdatum wechselnd
Wenig später landete er sogar in Europa, beim türkischen Klub Genclerbirligi. In Bayards Spielerpass stand nun das Geburtsjahr 1974. Die Rolle rückwärts vollzog Bayard beim Afrika-Cup 1998 in Burkina Faso. Nun war er laut Spielerpass wieder im Jahr 1970 geboren. Laut internationaler Statistiken beendete er irgendwann zwischen 2003 und 2006 seine Karriere in Südamerika – wie alt er damals war, wird er wahrscheinlich nur selbst wissen.
Quali-Turnier in Kamerun mit dezimierter Team-Anzahl
Das aktuelle U17-Qualifikationsturnier in Kamerun wurde nunmehr auf die Schnelle komplett neu aufgestellt. Zwar schaffte es Kamerun auf den letzten Drücker doch noch, 30 korrekt registrierte U17-Spieler zu nominieren, dafür schied die Demokratische Republik Kongo 48 Stunden vor dem Eröffnungsspiel aus. Hier waren 25 von 40 nominierten Spielern beim Alterstest durchgefallen. Daraufhin zog der Verband sein Team zurück. Das Turnier wird nun mit den vier verbliebenen Teams Kamerun, Republik Kongo, Tschad und Zentralafrikanische Republik gespielt.