Zu Fuß nach Paris Horst Hrubesch - "Menschenfänger" und Erfolgstrainer
Horst Hrubesch erlebt als Interimsbundestrainer der deutschen Fußballerinnen seinen x-ten Frühling. Mit knapp 73 Jahren brennt er für die Arbeit mit seinem Team - und entfacht ein Feuer bei den Spielerinnen. Am Freitag (21 Uhr, live im Ersten) geht es um den Finaleinzug in der Nations League und gleichzeitig um die Qualifikation für die Olympischen Spiele im Sommer. Ein Treffen in Hamburg, wo Hrubesch seit knapp vier Jahren als Nachwuchsdirektor arbeitet.
Horst Hrubesch steht auf dem Trainingsgelände im Volkspark und schaut ins typische Hamburger Februar-Grau. "Also manchmal ist hier auch schönes Wetter", behauptet die HSV-Vereinslegende. "Und wenn Du hier arbeiten darfst, scheint eh immer die Sonne."
Hrubesch ist seit 2020 Nachwuchsdirektor des Zweitligisten und wird für die Aufgaben beim DFB immer wieder freigestellt. Er schätzt die Arbeit an beiden Standorten, mit jungen Talenten in Hamburg und ebenso mit den Nationalspielerinnen wie Kapitänin Alexandra Popp. "Poppi oder auch andere Typen im Team faszinieren mich. Es macht immer wieder Spaß, gemeinsam Ziele vorzugeben und eine gewisse Entwicklung zu sehen. Es geht mir eigentlich immer darum, dass sie besser werden", sagt Hrubesch.
Im vergangenen Herbst hat er das Amt des Bundestrainers nach der Erkrankung von Martina Voss-Tecklenburg zum zweiten Mal interimsmäßig übernommen "Was mich antreibt: dass wir weiter in der Weltspitze bleiben. Wir sind ja noch dabei, wir haben vielleicht ein paar Tage verloren, aber das ist ja nichts, was man nicht aufholen kann", erläutert er mit Blick auf das enttäuschende Vorrundenaus bei der vergangenen WM.
Menschenfänger Hrubesch
Drei Siege, ein Unentschieden, so die Bilanz bisher in seiner zweiten Amtszeit als DFB-Coach. Hrubesch hat die Spielfreude zurück ins Team gebracht, das Vertrauen der Spielerinnen gestärkt, die Sympathie ist beidseitig groß. "Horst ist ein kleiner Menschenfänger. Bei allem Fokus und harten Worten, die er einem entgegenbringen kann, hat er dann auch wieder einen lustigen Spruch oder macht irgendwas Lustiges. Diese Balance ist einfach enorm wichtig", so Alexandra Popp.
Horst Hrubesch mit Spielerinnen
Ähnliche Worte kommen von Ex-Hrubesch-Schützling Manuel Neuer: "Horst Hrubesch war wie ein Freund. Er hat uns angeschnauzt und sofort wieder aus dem Dreck gezogen, so habe ich das noch nie erlebt", blickte der Torhüter einst zurück auf seine Zeit mit dem Trainer. Unter ihm holten die U21-Junioren um Neuer, Hummels und Özil 2009 den Europameistertitel - den ersten überhaupt für Deutschland.
Hrubesch wurde ebenso mit den U19-Junioren Europameister und gewann mit der Olympiaauswahl bei den Spielen von Rio Silber. Eine späte Krönung seiner Trainerkarriere, die zuvor bei Stationen unter anderem in Wolfsburg und Rostock eher holprig verlief.
Das Kopfballungeheuer
"Los Jungs, wir machen mal Ecken, fünf rechts, fünf links", sagte Hrubesch im Training der Junioren häufig an - um dann selbst sieben der Bälle ins Tor zu schädeln. Noch heute arbeitet er mit den Nationalspielerinnen gern anschaulich und gibt viele Hinweise, auch zu technischen Basics oder eben zum Kopfballspiel, denn dafür war er als Spieler Spezialist.
1980 erzielte der gebürtige Westfale im EM-Finale beide Tore, das entscheidende kurz vor Schluss, als er eine Rummenigge-Ecke zum 2:1 gegen Belgien ins Tor wuchtete und so den Deutschen den Titel sicherte. Auch für den Hamburger SV markierte Hrubesch viele wichtige Tore, prägte die erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte mit drei Meistertiteln und dem Sieg im Europapokal der Landesmeister 1983.
Das große Ziel Olympia-Qualifikation
Um einen Titel geht es jetzt auch mit dem DFB-Team - um den in der neu gegründeten Nations League. Am Freitag (23.02.2024, ab 20.15 Uhr live im Ersten) tritt Deutschland in Frankreich an, mit einem Sieg würde das Team nicht nur fünf Tage später im Finale spielen, sondern ebenso die wichtige Olympia-Qualifikation packen. Für diese gäbe es bei einer Niederlage gegen Frankreich gar eine zweite Chance im Spiel um Platz 3. "Wir werden versuchen, unsere Spiele zu gewinnen und Spaß dabei zu haben", sagt Hrubesch, der vor ein paar Wochen angab, er würde auch zu Fuß nach Paris laufen, so sehr fasziniere ihn Olympia.
Gelingt die Qualifikation, soll nach den Spielen im August Schluss sein für den Bundestrainer Hrubesch. Beim HSV, seinem Herzensverein, aber noch lange nicht. Zu groß ist die Freude am Kontakt mit den Nachwuchsspielern. Einige von ihnen schlendern am Campus vorbei, wo sich Hrubeschs Büro befindet, sie tragen enge Jacken und weite Jeans. "Das ist der Lauf der Zeit. Die Beatles haben früher auch nicht anders ausgesehen", kommentiert Hrubesch und weist darauf hin: "Ich habe ein paar Jungs mal gefragt, wie ich eigentlich Musik auf mein Handy bekomme und dann haben die mir das eingerichtet. Man lernt also auch von den Jungen einiges."