Frauen-Bundesliga vor dem Start FC Bayern legt vor - Wolfsburg geht auf die Jagd
Am Freitag startet die Bundesliga der Frauen mit dem Duell von Meister FC Bayern bei Aufsteiger Potsdam in die Saison. Der VfL Wolfsburg will die Favoritinnen jagen.
So etwas wäre früher nicht möglich gewesen unter VfL-Trainer Tommy Stroot: Bei der Abschlussbesprechung eines Trainings in der vergangenen Woche formieren sich Spielerinnen und Staff zu einem Kreis, der eher eiförmig aussieht. Vor einer Spielerin steht ein halb voller Wasserkasten, mehrere Füße touchieren die Außenlinie.
Stroot, dem Struktur und Rituale immer wichtig waren, der Flaschen, Bälle oder Leibchen im Besprechungskreis nicht duldete und schon gar keine touchierten Linien, redet trotz des "Durcheinanders" einfach los. Und erklärt mit einem Lächeln dazu später: "Ich kann Dinge loslassen." Verweist auf die nach mehr als drei gemeinsamen Jahren einstudierten Abläufe bei Trainer und Team, die weitere Vorgaben offenbar unnötig machen.
Schmerzhafte Abgänge beim VfL Wolfsburg
Loslassen mussten sie in Wolfsburg auch eine der stärksten defensiven Mittelfeldspielerinnen Europas, Lena Oberdorf. Sie ist ausgerechnet nach München gewechselt, fällt aber mit einem Kreuzbandriss länger aus.
Außerdem Ewa Pajor, die zuverlässige Torelieferantin, die es nach Barcelona zog und ebenso Top-Innenverteidigerin Dominique Janssen (jetzt Manchester United). Ein neues Team muss sich finden - während die Münchner Meisterinnen von schmerzhaften Abgängen verschont blieben.
Sieg für Bayern im Supercup
Im Supercup am vergangenen Sonntag siegte Bayern gegen Wolfsburg. Zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison und der wegen der Olympischen Spiele schwierigen Vorbereitung lässt die Parte keine allzu großen Rückschlüsse zu. Aber: "Der Sieg war wichtig fürs Selbstvertrauen", sagt Angreiferin Jovana Damnjanovic in einer Presserunde am Donnerstag und setzt fort: "Anders wäre es auch komisch - wir sind schließlich Meister. Aber es hat gut getan, wieder gegen Wolfsburg zu gewinnen."
In dieser Saison könnten die Münchnerinnen zum dritten Mal in Folge den Titel holen. Leicht werde dies selbstverständlich nicht, sagt Trainer Alexander Straus: "Wolfsburg ist ein sehr starker Gegner. Aber wir rechnen auch mit Frankfurt, das eine gute Entwicklung genommen hat. Wir wollen auf uns selbst schauen und nicht zu sehr auf andere."
Alexander Straus, Cheftrainer der Frauenmannschaft des FC Bayern München
Bayern oder Wolfsburg - Konstanz ist nötig
Die Bayern siegten in der vergangenen Saison in beiden Liga-Partien gegen den VfL, aber nicht nur deshalb lagen sie im Titelrennen vorn: In der Rückrunde spielten die Wolfsburgerinnen Unentschieden in Leverkusen und verloren in Hoffenheim, während der FCB jede Partie gewann.
Dabei hatte das Team von Alexander Straus vor Weihnachten die schwierigste Phase der Saison. Der FC Bayern verspielte das Weiterkommen in der Champions League und büßte in der Liga Punkte ein.
"Diese Zeit hat uns mental stärker gemacht", sagte Bayern-Spielerin Damnjanovic. "Im Trainingslager in der Winterpause haben wir uns alle zusammengesetzt, unser Mentalcoach hat extrem geholfen. Wir wissen jetzt, dass man Probleme ansprechen und nicht unter den Teppich schieben darf. Ich glaube, das war unser Geheimnis."
Dass die Bayern bei den meisten als Top-Favoritinnen auf den Meistertitel gelten, "triggert schon ein wenig", gibt Alexandra Popp im Gespräch mit der Sportschau zu. "Andererseits haben sie so mehr Druck und müssen die Erwartungen erstmal bestätigen." Der VfL, der von 2013 bis 2022 sieben Mal die Meisterschale holte, nimmt nun die Rolle der Jägerinnen ein. "Wir wollen da sein, wenn sie Punkte liegen lassen", sagt Trainer Stroot.
Mehr Möglichkeiten in München
Der Kader der Münchnerinnen überzeugt mit den deutschen Nationalspielerinnen Gwinn, Bühl, Schüller und Lohmann, dazu kommen internationale Topstars wie die englische Europameisterin Stanway sowie Europas frühere Fußballerin des Jahres Harder.
Münchens Klara Bühl (l) jubelt nach ihrem Tor im Supercup mit Georgia Stanway
Spielerinnen dieser Kategorie könnte der VfL sich nicht leisten. Auch ist es leichter, potenzielle Neuzugänge von der Metropole München als von der Stadt in Ostniedersachsen zu überzeugen. Neid empfinde er nicht, sagt Tommy Stroot. "Ich weiß, wo wir hier sind. Und wir rücken nicht von unserem Weg ab." Der Wolfsburger Weg: hoch talentierte Spielerinnen holen, die beim VfL zur Weltklasse reifen. Wie zuvor Pajor und Oberdorf.
Wolfsburger Klasse
Der VfL hat sieben neue Spielerinnen verpflichtet und einen Kader zusammengestellt, der höchsten Ansprüchen genügt: Es kamen die Nationalspielerinnen Linder aus Hoffenheim und Minge aus Freiburg sowie Angreiferin Beerensteyn (Juventus Turin/über 100 Länderspiele für die Niederlande), Mittelfeldtalent Luca Papp aus Ungarn wird in Wolfsburg eine ähnlich steile Karriere wie einigen ihrer Vorgängerinnen zugetraut. Mit den Routiniers Popp, Hegering, Hendrich, Huth sowie Shootingstar Brand ist internationale Klasse vorhanden.
Und Tommy Stroot? Am Ende dieser Saison endet sein Vertrag in Wolfsburg. Er wird Deutschland nicht verlassen wollen, ohne etwas in den Händen zu halten, Titelambitionen wird er kaum loslassen. Auch, wenn man dem Emsländer nicht mehr entlocken kann, als dass er am Ende auf ein tolles Jahr zurückschauen wolle - "mit vielen Highlights."