Alexandra Popp

Bundesliga Popps Phantomtor - neue Fragen nach Technik

Stand: 03.09.2024 12:56 Uhr

Alexandra Popp hat in der Bundesliga bei Werder Bremen ein Tor erzielt, das möglicherweise keines war. Bei den Frauen gibt es weder Torlinientechnik noch Video-Assistent - und das wird vorerst so bleiben. Eine Alternative zum VAR bietet aber die FIFA.

Beim Stand von 3:2 für Werder schoss Bremens Torhüterin Livia Peng am Montag (02.09.2024) beim Versuch eines langen Passes Popp an. Der Ball flog auf die Torlinie des Werder-Tores. Er hatte viel Effet und sprang nach vorne ins Spielfeld (im Video oben zu sehen). Die zur Verfügung stehenden Fernsehbilder legen nahe, dass der Ball die Linie nicht vollständig überquert hatte. Schiedsrichterin Nadine Westerhoff entschied im Zusammenspiel mit Assistent Christoph Michels auf Tor, das Spiel endete 3:3.

Schiedsrichterin Nadine Westerhoff

Schiedsrichterin Nadine Westerhoff

DFB: Keine Einführung der Technik vorgesehen

Dem Schiriteam stand im Vergleich zur Bundesliga der Männer keinerlei Technik zur Verfügung. Die Torlinientechnik zur Auflösung gibt es genauso wenig wie den Videobeweis. Das einzige Spiel im deutschen Frauenfußball mit Torlinientechnik und Videobeweis ist seit 2023 das DFB-Pokalfinale in Köln. Eine Einführung beider Techniken ist bei den Frauen derzeit nicht vorgesehen.

Der DFB teilte auf Anfrage der Sportschau mit, die Technik sei "mit hohen Kosten für die notwendige Aufrüstung und technische Installationen verbunden". In gemeinsamer Abstimmung mit den Klubs habe bisher die Erkenntnis gestanden, dass "Kosten und Nutzen noch im Ungleichgewicht stehen", begründete der Verband den bisherigen Verzicht auf die Technik. Zudem gibt es in der Frauen-Bundesliga weniger Kameras als bei den Männern, was die Auflösung vieler Situationen erschwere. "Die öffentliche Erwartung an den VAR und die tatsächliche Leistungsfähigkeit würden stark auseinanderklaffen", so der DFB. Das Thema bleibe aber "in Prüfung".

Neben den Kosten, die viele Klubs nicht tragen können oder wollen, ist auch die Struktur der Stadien ein Problem. Viele Klubs spielen nur unregelmäßig in den großen Stadien, in den kleineren Sportstätten wie dem Franz-Kremer-Stadion des 1. FC Köln oder dem Platz 11 am Weser-Stadion von Werder Bremen wäre es ein großer Aufwand, alle notwendigen Kameras aufzubauen.

Das Franz-Kremer-Stadion des 1. FC Köln

Das Franz-Kremer-Stadion des 1. FC Köln

FIFA führt neuen "Video Support" ein - eine Lösung?

Mittelfristig könnte dieses Problem ein neues Vorgehen des Weltverbands FIFA beseitigen. Der "Video Support" soll eine Lösung mit weniger Aufwand sein. Auch hier ist ein Eingriff nur bei Toren, Strafstößen, Roten Karten und der Verwechslung von Spielerinnen oder Spielern möglich.

Der große Unterschied: Es gibt keinen Videokeller, aus dem eingegriffen wird. Stattdessen hat jeder Trainer die Möglichkeit zur "Challenge", also eine Prüfung bei den Unparteiischen zu verlangen. Jeder Trainer hat pro Spielhälfte eine "Challenge", in der Verlängerung kommt gegebenenfalls eine weitere hinzu. Das neue System wird aktuell bei der am Sonntag gestarteten U20-WM der Frauen in Kolumbien angewendet. Dort prüft laut Regularien zudem die 4. Offizielle die Tore auf klare Fehler. Greift sie nicht ein, können die Trainerinnen und Trainer eine Prüfung fordern.

Der DFB verweist auf mögliche Nachteile des Systems. Bei Entscheidungen im Auslegungsbereich bestehe die Gefahr von großen Protesten. Und: "Wenn die Challenges aufgebraucht sind, kann außerdem auch eine eindeutig falsche Entscheidung nicht mehr überprüft werden." Zudem gelte auch hier: Weniger Kameras könnten weniger Genauigkeit bedeuten.

Kießlings Phantomtor gab Technik in Deutschland Anschub

Ein Phantomtor gab der Einführung von Technik im deutschen Männerfußball Anschub. Nachdem Stefan Kießling im Oktober 2013 in Hoffenheim neben das Tor köpfte, der Ball aber durch das kaputte Tornetz im Tor landete und der Treffer am Ende zählte, kamen in der Bundesliga 2015 trotz Widerspruchs wegen der Kosten die Torlinientechnik und 2017 der Videobeweis.

Die 2. Bundesliga führte 2019 den Videobeweis ein, aus Kostengründen wurde im Unterhaus die Torlinientechnik erst zur Saison 2024/25 nachgezogen. Die vom DFB organisierte 3. Liga verfügt über keine technischen Hilfsmittel. Während bei den Frauen weiter jede Technik fehlt, diskutiert die DFL-Führung derzeit eine Einführung der halb-automatischen Abseitserkennung.

Technik als Form der Anerkennung einer Bedeutung der Spiele

Im Fußball der Frauen wird die Technik teilweise auch als Form der Anerkennung einer Bedeutung der Spiele wahrgenommen. 2019 protestierten vor allem Spielerinnen der USA dagegen, dass bei der WM in Frankreich lange offen war, ob der Videobeweis eingesetzt wird.

Kapitänin Megan Rapinoe sagte damals: "Es muss nicht alles gleich sein. Ich weiß, dass das Spiel der Männer kommerziell größer ist und mehr Geld einbringt. Aber es gibt einige Dinge, bei denen klar wird, dass sie sich nicht um uns kümmern oder nicht mal an uns denken. Es fühlt sich immer so an: Was ist mit uns?" Jill Ellis, damals Trainerin der USA, forderte: "Ich will dieselben Verhältnisse." Auch aus England und Australien kamen ähnliche Töne, am Ende wurde die Technik eingesetzt.

Megan Rapinoe forderte zur WM 2019 den Video-Assistenten.

Megan Rapinoe forderte zur WM 2019 den Video-Assistenten.