Eva-Maria Distel, die Vorsitzende Richterin im Sommermärchen-Prozess

Sommermärchen-Prozess Einflussnahme? Richterin kritisiert DFB-Vorgehen

Stand: 30.01.2025 14:53 Uhr

Im Sommermärchen-Prozess vor dem Frankfurter Landgericht hat die Vorsitzende Richterin das Vorgehen des Deutschen Fußball-Bundes kritisiert. Sie sprach eine mögliche Einflussnahme an.

Hintergrund sind Gespräche von DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald im November des vergangenen Jahres mit dem hessischen Finanzministerium, über die Grunwald die Oberstaatsanwaltschaft schriftlich informiert hat. Dabei ging es um die Aberkennung der DFB-Gemeinnützigkeit für die Jahre 2006, 2014 und 2015. Grunwald beklagte in diesem Zusammenhang, dass der DFB deshalb 50 Millionen Euro zurückstellen musste, was die Arbeit des Verbands gefährde.

"Man könnte dies bezeichnen als versuchte Einflussnahme auf das hiesige Verfahren", sagte Richterin Eva-Maria Distler. Der DFB habe seinen Vorstoß damit begründet, dass wegen laufender Gerichtsverfahren eine verlässliche Finanzplanung seit Jahren nicht möglich sei und man könne seiner gemeinnützigen Funktion nur teilweise nachkommen.

Konkrete Kritik an Schatzmeister Grunwald

Die Richterin sprach DFB-Schatzmeister Grunwald konkret an. "Die versuchte Einflussnahme des DFB ist im deutschen Rechtsstaat sehr ungewöhnlich", sagte Distler am 19. Verhandlungstag: "Es wäre nicht der erste Schatzmeister, der mit unbedachten Äußerungen in Schieflage gerät." Zudem wurde Grunwald von Distler vielsagend als "zumindest aktueller" Schatzmeister des DFB bezeichnet.

DFB-Anwalt Jan Olaf Leisner verteidigte das Vorgehen Grunwalds. Dies sei in der Folge zahlreicher gescheiterter Versuche der Verständigung geschehen. Beim DFB sei "niemand so töricht", auf ein Strafverfahren "Einfluss nehmen zu wollen".

DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald

DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald

Was passierte mit den 6,7 Millionen Euro?

In dem Anfang März 2024 eröffneten Prozess mussten sich ursprünglich die drei ehemaligen DFB-Spitzenfunktionäre Niersbach, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall verantworten. Die drei Beschuldigten haben den Vorwurf stets strikt zurückgewiesen.

Zwanziger hatte stets bekräftigt, er werde dem Prozess bis zum Ende beiwohnen. Das Verfahren gegen Niersbach wurde gegen eine Geldauflage von 25.000 Euro eingestellt, das gegen den ehemaligen DFB-Generalsekretär Schmidt bereits im Juni aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt.

Niersbach trat erstmals als Zeuge auf. Der heute 74-Jährige war von 2012 bis 2015 DFB-Präsident. In seinen ersten Aussagen betonte der langjährige Spitzenfunktionär, nicht in Finanzdinge involviert gewesen zu sein. Auch über den Verbleib der ominösen 6,7 Millionen Euro konnte er nichts sagen, obwohl er mit dem verstorbenen Franz Beckenbauer befreundet war. Hintergrund des Verfahrens ist eine im April 2005 erfolgte Zahlung des DFB in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband FIFA, die in der Steuererklärung für das Jahr 2006 nach Ansicht der Staatsanwaltschaft unzulässigerweise als Betriebsausgabe angegeben wurde. Dadurch seien Steuern in Höhe von rund 13,7 Millionen Euro hinterzogen worden.

Die FIFA hatte die 6,7 Millionen Euro nur einen Tag nach dem Eingang an Robert Louis-Dreyfus weitergeleitet. Der französische Unternehmer hatte im Jahr 2002 ein Darlehen in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken auf ein Konto von Beckenbauer überwiesen. Diese Summe war später auf einem Firmenkonto des damaligen FIFA-Vizepräsidenten, Mohamed bin Hammam, in Katar gelandet. Warum, ist immer noch unklar.

Prozessbeginn wegen Steuerhinterziehung

Tagesschau, 04.03.2024 13:43 Uhr