70. Geburtstag Christoph Daum - der Meister der Kampfansage
Christoph Daum hat die Bundesliga als Trainer geprägt. Er war ein Meister der Motivation und der Selbstvermarktung. Am Dienstag feiert er seinen 70. Geburtstag.
Da war er wieder, dieser typische, laute Daum. "Die Chemotherapie ist wie Doping", sagte er in einem Interview zu Beginn des Jahres. Optimismus ausstrahlen, keine Schwächen zeigen, den Blick voraus. Auf diese Weise hat er sich bundesweit als Fußballlehrer einen Namen gemacht.
Seine Botschaft: Christoph Daum geht voran. Egal was kommt, egal was passiert. Nicht einmal eine Krebsbehandlung kann ihn aufhalten. Wer siegen lernen will, sollte sich an Daum wenden. So war es immer, und so war es auch im Angesicht einer ernsthaften Lungenkrebs-Erkrankung mit 22 Chemotherapien.
"War natürlich Schwachsinn", sagt er nun, ein paar Monate später. Daum rudert zurück. So hat es der gebürtige Zwickauer, der in Duisburg aufgewachsen ist, häufig gehalten in seiner langen Trainer-Karriere. Er hat sich Gehör verschafft, hat auch mal (verbale) Grenzen überschritten, hat die ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es war immer Teil eines Spiels, seines Spiels.
Kein besonders talentierter Spieler
Daum war erfolgreich in einer Zeit, in denen sich vor allem Ex-Profis und Alt-Internationale als Trainer versuchen durften. Weil er seinen Vereinen und seinen Spielern neben großen Worten substanziell etwas zu bieten hatte. So ist er zu dem geworden, was er heute ist. Daum ist seit vielen Jahren ein international beachteter Trainer.
Daum gehörte einer Generation an, die lautstark auf sich aufmerksam machen musste, weil sie sonst nie gehört worden wäre. Das hat er etwa mit seinem Trainerkollegen Peter Neururer gemeinsam. Und das haben beide erkannt. Daum und Neururer waren selbst keine besonders talentierten Profis, sondern kickten in Amateurligen. Aber sie wollten unbedingt hinein in dieses Profigeschäft. Und dafür haben sie die Werbetrommel in eigener Sache bis zum Erreichen der Schmerzgrenze des Publikums gerührt. Beide sind völlig unterschiedliche Charaktere. Diese Herangehensweise eint sie.
Streitgespräch im Aktuellen Sportstudio
Daum war davon überzeugt, dass er es in der Bundesliga schaffen kann, es sogar besser könne als die meisten, die sich dort versuchten. Er wurde erst Assistenztrainer des 1. FC Köln, nach rund einem Jahr saß er 1986 bereits auf dem Cheftrainer-Sessel. Vom Relegationsplatz führte er die "Geißböcke" zu zwei Vize-Meisterschaften und wurde einmal Dritter. Laut war er auch damals schon.
Etwa, als er Jupp Heynckes, den damaligen Trainer des Hauptkonkurrenten FC Bayern, im Endspurt der Saison 1988/89 scharf attackierte. "Die Wetterkarte ist interessanter als ein Gespräch mit Jupp Heynckes", wetterte Daum unter anderem. Die Auseinandersetzungen mündeten in einem verbalen Scharmützel im Aktuellen Sportstudio des ZDF, bei dem sich Daum, Heynckes und Bayern-Manager Uli Hoeneß duellierten.
Das war auch deshalb ein bundesweiter Aufreger, weil Sportsendungen zum damaligen Zeitpunkt eher bieder daherkamen - und ein derartiger Krawall nicht vorgesehen war. Das entscheidende Duell gegen die Münchner danach ging zwar am 31. Spieltag krachend mit 1:3 verloren, aber dennoch: Daum war spätestens an diesem Abend im ZDF Meister der Kampfansage geworden.
Motivationsspiele
Es folgten einige Titel und Triumphe, etwa die Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart 1992, drei türkische Landestitel mit Fenerbahce und Besiktas Istanbul, eine österreichische Meisterschaft mit Austria Wien, dazu zwei Pokalsiege.
Besonders in Erinnerung geblieben sind aber auch Daums spektakuläre Motivations-Auftritte. Etwa als er in einem schillernd blauen Anzug für einen Werbepartner bei einem Spiel erschien. Oder als bekannt wurde, dass er 40.000 Mark an die Kabinentür klebte, um seine Kölner Spieler zusätzlich für eine Partie zu motivieren. Oder barfuß mit seinen Leverkusener Spielern über glühende Kohlen ging. Daum war immer ein Fußball lehrender Entertainer, der die öffentliche Bühne für sich und seine Sache nutzte.
Kokainkonsum und Bundestrainer
Natürlich war auch er nicht vor dem Scheitern gefeit. Etwa als er am letzten Spieltag der Saison 1999/2000 mit einer Pleite bei der SpVgg Unterhaching (0:2) die Meisterschaft mit Bayer 04 Leverkusen noch spektakulär verspielte. Wieder triumphierte der FC Bayern.
Seine wohl größte persönliche Niederlage musste er im Oktober 2000 hinnehmen, als er als designierter Bundestrainer über eine Haarprobe stolperte, bei der ihm Kokain-Gebrauch nachgewiesen wurde. Daum hatte diese Probe abgegeben und behauptete ein wenig großspurig: "Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe."
Das Institut für Rechtsmedizin der Universität Köln bewies ihm allerdings das Gegenteil, woraufhin er nicht mehr als Nationaltrainer infrage kam und für rund zwei Monate nach Florida in den USA flüchtete.
Die Reue des Ertappten
Auf einer danach einberufenen Pressekonferenz in einem Kölner Krankenhaus ruderte er zurück. Er gestand ein, dass er die Substanz "gelegentlich im privaten Bereich" zu sich genommen habe.
"Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen, mein Verhalten war nicht richtig“, sagte er und zeigte aufrichtige Reue. Auch das ist der laute Christoph Daum. Am Dienstag (24.10.2023) feiert er seinen 70. Geburtstag.