Acht Punkte Vorsprung für Leverkusen FC Bayern nimmt sich selbst aus dem Titelrennen
Bayer Leverkusen liegt in der Fußball-Bundesliga mit acht Punkten vorne. Einen so großen Vorsprung nach dem 22. Spieltag hat noch kein Spitzenreiter verspielt. Serienmeister FC Bayern ist vor allem mit der eigenen Krise beschäftigt – ist das Titelrennen schon entschieden?
Hätte es noch einen Beleg dafür gebraucht, dass Bayer Leverkusen aktuell die größte Nummer im deutschen Fußball ist, dann wäre es diese Meldung aus England: Das Portal "Footballinsider" berichtete am Montagmorgen, aus "gut informierten Quellen", dass der FC Liverpool im Sommer Leverkusens sportliches Erfolgsduo verpflichten möchte. Neben Coach Xabi Alonso, der schon länger als Wunschkandidat für die Nachfolge von Jürgen Klopp gilt, soll gleich auch Sportvorstand Simon Rolfes mit zu den "Reds" kommen.
Leverkusen weiter auf Kurs zum ersten Meistertitel
Beide dann womöglich als Meistermacher - denn die Aussicht, dass Bayer Leverkusen in dieser Saison tatsächlich erstmals den Titel gewinnt, ist nach dem vergangenen Spieltag wieder ein Stück realistischer geworden. Nach der nächsten, irritierenden Pleite des FC Bayern am Sonntagabend beim VfL Bochum ist Leverkusens Polster an der Spitze auf acht Punkte angewachsen.
Acht Punkte Vorsprung nach 22 Spieltagen wurden noch nie verspielt
Einen derart großen Vorsprung nach dem 22. Spieltag hat kein Tabellenführer in der Liga-Historie jemals weggegeben. Stuttgart holte im Meisterjahr 2007 mal sieben Punkte Rückstand nach dem 26. Spieltag auf, Wolfsburg lag 2009 am 18. Spieltag elf Punkte hinten und stürmte noch zum Titel. Zuletzt büßte Borussia Dortmund in der Rückrunde der Saison 2018/19 einen großen Vorsprung ein. Der FC Bayern lag nach dem 20. Spieltag mit sieben Punkten hinter den Dortmundern, holte am Ende aber mit zwei Punkten Vorsprung die Schale.
Dies sind alles bislang nicht mehr als schöne Statistiken - denn der aktuelle Spitzenreiter aus Leverkusen setzt seinen Kurs unbeirrt fort. Der von vielen eigentlich längst erwartete Einbruch, Stichwort "Vizekusen", bleibt bislang aus. Nach dem deutlichen 3:0 gegen den FC Bayern, offenbar ein echter Wirkungstreffer für den Serienmeister, löste Bayer 04 im Anschluss auch die knifflige Bewährungsprobe beim stabilen Aufsteiger 1. FC Heidenheim. Mit Geduld und gewachsenem Vertrauen in die eigene Qualität, wie man es von einem souveränen Tabellenführer erwartet.
Mit 32 Pflichtspielen ohne Niederlage hat Leverkusen nun sogar einen Bayern-Rekord eingestellt. Derzeit gibt es auch keine Anzeichen dafür, dass das Team vom Glauben abfallen könnte - und am Ende doch wieder das alte Unterhaching-Trauma zuschlägt. Doch der Druck wird in den kommenden Wochen sicher zunehmen, allein schon wegen der diesmal noch größeren Fallhöhe: Wenn Leverkusen jetzt nicht den Titel holt, dann wahrscheinlich wirklich niemals.
Goretzka zu Bayerns Titel-Chance: "Fühlt sich momentan nicht so an"
Und der FC Bayern, haben die Münchner die Meisterschaft bereits abgehakt? "Momentan fühlt es nicht so an, als hätten wir noch eine Chance, das muss man ganz klar sagen", sagte Leon Goretzka am Sportschau-Mikrofon nach der 2:3-Niederlage in Bochum. "Wir werden nicht aufgeben", fügte Goretzka hinzu. Grundsätzlich aber, bringe es "zurzeit wohl nichts", sich mit der Frage nach dem Titel zu beschäftigen.
Die Münchner, so die Botschaft, sind derzeit vor allem mit ihrer eigenen Krise beschäftigt. Der erneute Systemabsturz in Bochum bestätigte den alarmierenden Zustand des Teams, der offene Streit zwischen Joshua Kimmich und Co-Trainer Zsolt Löw nach dem Spiel diente da als weiterer Beleg.
Job-Garantie für Tuchel - aber für wie lange?
Das beunruhigendeste Signal, vor allem für die kommenden, entscheidenden Wochen der Saison, dürfte aber sein, dass auch der Trainer ermattet wirkt - und zunehmend ratlos. Thomas Tuchel sprach in Bochum, wie schon nach der Pleite gegen Lazio, von einer "unglücklichen" Niederlage.
Vorstandschef Jan-Christian Dreesen gab für Tuchel vorerst eine Job-Garantie ab. Wie stark dies aber auf Überzeugung beruht - oder doch eher darauf, dass derzeit kein echter Alternativkandidat verfügbar wäre, werden die kommenden Wochen zeigen. Ein Aus im Achtelfinale der Champions League, gegen ein alles andere als furchteinflößendes Lazio, würde alles verändern. Die wortspielverliebte englische Boulevardzeitung "Sun" schrieb von "TUC-HELL" - und wähnt den Bayern-Coach bereits in der Hölle.