Razzien in Deutschland und Dänemark Großer Schlag gegen internationalen Dopingmittelhandel
Nach ARD-Dokumentation "Dealer": Deutsche und dänische Fahnder heben einen Dopingmittelring aus und beschlagnahmen tonnenweise verbotene Ampullen und Tabletten. Die ARD-Dopingredaktion hatte zuvor den Fall des dänischen Großdealers Jacob Sporon-Fiedler dargestellt. Er lieferte aus Süddänemark.
Gut vier Monate nach Ausstrahlung der ARD-Dokumentation "Dealer" über einen in Indien ansässigen dänischen Großlieferanten von Dopingmitteln vermelden deutsche und dänische Ermittler einen großen Fahndungserfolg im Kampf gegen den illegalen Handel mit Dopingmitteln. Er beruhe auf monatelangen Ermittlungen gemeinsam mit der süddänischen Polizei, teilte das Zollfahndungsamt Hamburg, Dienstsitz Kiel, in dieser Woche mit.
Bei zwei Zugriffen im Juni und Juli dieses Jahres sei es den Ermittlern gelungen, Doping- und Potenz-Produkte mit einem Gesamtgewicht von mehr als acht Tonnen sicherzustellen, einer der größten europäischen Fahndungserfolge der vergangenen Jahre. Den Schwarzmarktwert der von ihnen konfiszierten Ware schätzen die Fahnder auf mehr als 11,5 Millionen Euro. "Dieses Ermittlungsverfahren ist ein hervorragendes Beispiel für die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit von Strafverfolgungsbehörden", lässt sich der Leiter des Zollkriminalamts, Tino Igelmann, zitieren: "Wir ziehen mit unseren europäischen Partnern an einem Strang, wenn es um die Zerschlagung krimineller Strukturen geht."
Sporon-Fiedler war in England verurteilt
Offiziell machen die deutschen Zollfahnder gegenüber der ARD-Dopingredaktion keine Angaben, ob die Zugriffe im Zusammenhang mit den ARD-Recherchen zu der Dokumentation "Dealer" um den dänischen Doping-Großhändler Jacob Sporon-Fiedler und sein Unternehmen Alpha Pharma stehen. Es gehe darum, die fortdauernden Ermittlungen nicht zu gefährden. Mit den Ermittlungen betraute Kreise jedoch bestätigten der ARD-Dopingredaktion, dass es sich nach bisherigen Erkenntnissen zumindest in Teilen um in Verbindung stehende Tatkomplexe handele.
In dem Film "Dealer" hatte die ARD-Dopingredaktion Anfang April die Hintergründe und Lieferwege des Millionengeschäfts mit illegalen Dopingmitteln dargestellt. In dem Film wurde in einer Undercover-Recherche auch gezeigt, wie der 2019 in England bereits verurteilte Großdealer Jacob Sporon-Fiedler nach seiner vorzeitigen Haftentlassung offenbar aus Mumbai den illegalen Dopinghandel umgehend wieder aufgenommen hatte. Er bot den als deutschen Sportmanagern verdeckt auftretenden Journalisten die Lieferung von Dopingmitteln im Wert von knapp 400.000 Euro an.
Tonnenweiser Import über Singapur nach Europa
Eine Sendung mit pharmazeutischen Doping-Probepackungen erhielt die ARD-Dopingredaktion nach Absprache über eine von Sporon-Fiedlers Büro übergebene Email-Adresse aus der dänischen Region Kolding, abgewickelt über eine Packstation in einem Antiquitätenladen, abgeholt und ausgeliefert durch einen großen Paketdienstleister.
Sporon-Fiedlers Marke Alpha Pharma gilt in europäischen Bodybuilder-Kreisen als beliebtes Produkt. Nach Erkenntnissen der ARD-Dopingredaktion hat Sporon-Fiedler seine in Indien produzierte Ware tonnenweise über Singapur in Lager und zu Kunden in Europa transportieren lassen. Nach Logistik-Aufstellungen, die der ARD vorliegen, hat Alpha Pharma zwischen 2018 und 2023 mehr als 400 Lieferungen auf den Weg gebracht, darin enthalten regelmäßig Klassiker des Anabolika-Dopings wie Testosteron-Enantat, Methenolonenantat, Oxanabol oder Drostanolon.
Großoffensive mit 160 Beamten
Die nun aufgeflogenen mutmaßlichen Dopingmittel-Schmuggler und -Händler haben sich offenbar die offene deutsch-dänische Grenze beim Verkauf von illegal aus Drittländern importierten Doping- und Potenzmitteln zunutze gemacht. Schon am 13. Juli haben demnach deutsche Zollfahnder in einer von Eurojust koordinierten Aktion mit der Polizei Südjütlands gleichzeitig zahlreiche Durchsuchungen in Süddänemark und Norddeutschland durchgeführt.
In einer polizeilichen Großoffensive mit insgesamt 160 Beamten warteten die Fahnder ab, bis ein Hauptbeschuldigter im süddänischen Kolding von einem Kurier die illegalen Mittel übernahm und in ein Lager brachte. Beim folgenden Zugriff wurden dann sechs Personen festgenommen und zwei Objekte in Deutschland sowie sechs Objekte in Dänemark durchsucht. Mit Erfolg: In die Asservatenkammern wanderten 1,3 Millionen Stück Potenzmittel, Bargeld im fünfstelligen Bereich, große Mengen Dopingmittel und elektronische Datenträger.
Nicht einmal vier Wochen später, am 7. Juli, hoben die Fahnder, so heißt es, ein weiteres Lager aus. Ihre Beute dieses Mal: Über 780.000 Ampullen, mehr als 3,3 Millionen Tabletten Dopingmittel, mehr als 450.000 Tabletten Betäubungsmittel, mehr als 580.000 Tabletten Potenzmittel sowie Umverpackungen, leere Ampullen, Klebeetiketten, Packungsbeilagen und ähnliches. Nun werden die neuen Spuren ausgewertet. Fortsetzung folgt.