Tag zehn bei der Darts-WM Schindler und Clemens raus, Littler weiter
Die deutschen Darts-Profis Gabriel Clemens und Martin Schindler haben das WM-Achtelfinale verpasst. Schindlers Gegner Williams leistete sich nach dem Match einen verbalen Komplett-Aussetzer. Und Ausnahmetalent Luke Littler steht im Achtelfinale, ebenso wie die bärenstarken Michael van Gerwen und Titelverteidiger Michael Smith.
Während Clemens sich am Mittwoch (27.12.2023) mit einem 1:4 deutlich dem Engländer Dave Chisnall geschlagen geben musste, erlebte Schindler einen Thriller ohne Happy End. Trotz einer 2:0-Satzführung unterlag der Strausberger dem Engländer Scott Williams nach einer Achterbahnfahrt der Gefühle im Londoner Alexandra Palace 3:4.
In der Nachmittagssession erreichte der englische Mitfavorit Rob Cross letztlich souverän das Achtelfinale. Der Weltmeister von 2018 gewann mit 4:2 Sätzen gegen den mutigen Schweden Jeffrey de Graaf.
Teenie Littler begeistert die Fans weiter, van Gerwen makellos
Auch Ausnahmetalent Luke Littler ist mit einem weiteren fulminanten Auftritt ins Achtelfinale gestürmt. Der 16-Jährige ließ am Abend beim 4:1 nach Sätzen gegen den chancenlosen Kanadier Matt Campbell nichts anbrennen. In der Runde der letzten 16 könnte es nun zum Generationen-Duell mit dem niederländischen Altstar Raymond van Barneveld kommen.
Littler begeisterte mit acht 180er-Aufnahmen und einem Average von 97,19 Punkten, die ersten beiden Sätze sicherte er sich zu Null. "The Nuke" ist mit seinen starken Vorstellungen und seiner jugendlichen Art im Alexandra Palace schnell zum Publikumsliebling aufgestiegen. Bei den Buchmachern werden nur noch Michael van Gerwen, Luke Humphries und Gerwyn Price höher gehandelt.
Van Gerwen und Champion Smith mit Gala-Auftritten
Van Gerwen brillierte jedenfalls erneut. Beim deutlichen 4:0 ließ "Mighty Mike" seinem Landsmann Richard Veenstra nicht den Hauch einer Chance. Direkt den ersten Match-Dart auf die Doppel-5 nutzte van Gerwen, der 2014, 2017 und 2019 das Turnier im Alexandra Palace gewonnen hatte. Bereits sein Erstrundenmatch hatte van Gerwen klar mit 3:0 gegen Keane Barry (Irland) für sich entschieden. Er bleibt bei dem Turnier makellos.
Auch Titelverteidiger Michael Smith zeigte eine große Show. Er besiegte den Letten Madars Razma mit 4:1.
Schindler mit besserem Average als Williams
"Ich habe nicht viel falsch gemacht, nur minimal, ein bisschen", sagte Schindler am "Sport1"-Mikrofon nach seiner Niederlage gegen Williams frustriert. Auch wenn er mit 13 perfekten 180er-Würfen einen deutschen WM-Rekord aufstellte und unter dem Strich einen besseren Average als sein Gegner warf, reichte es am Ende nicht, um als zweiter Deutscher überhaupt in die Runde der letzten 16 einzuziehen.
Zunächst hatte Schindler mit zwei gewonnenen Sätzen an seinen überzeugenden Zweitrunden-Auftritt gegen den Niederländer Jermaine Wattimena (3:1) angeknüpft, dann verlor er aber mit fünf verlorenen Legs in Folge den Faden. Erst nach der dritten Pause spielte Schindler wieder groß auf, musste sich in einem Match mit stetigen Richtungswechseln aber letztlich geschlagen geben. Williams fand fast immer eine Antwort.
Interview: Williams greift verbal komplett daneben
Nach seinem Sieg gegen Schindler griff Williams in einem Interview mit "Sky" (England) komplett daneben. "Ich hatte das Publikum noch nie so auf meiner Seite", sagte er bei "Sky Sports" und fügte hinzu: "Ich weiß, dass wir zwei Weltkriege und eine Weltmeisterschaft gewonnen haben. Auch die deutschen Fans hier waren riesig."
Der Shitstorm im Netz folgte prompt, und auch der übertragende Sender sah sich nach der geschmacklosen Anspielung dazu genötigt, darauf zu reagieren. Die "Sky Sports"-Moderatorin Anna Woolhouse entschuldigte sich nach dem Interview für die Verwendung "beleidigender Sprache".
Entschuldigung: "Bisschen dumm"
Williams selbst bat später in den sozialen Medien um Entschuldigung: "Was ich vorhin auf der Bühne gesagt habe, war ein bisschen dumm", schrieb der Engländer auf X. "Es war nicht beabsichtigt, die Gefühle von irgendjemandem zu verletzen, und ich entschuldige mich vielmals".
Clemens mit Fehlstart in der Partie gegen Chisnall
Im Gegensatz zu Schindler legte Clemens, WM-Halbfinalist der vergangenen Ausgabe, einen Fehlstart hin und kam überhaupt nicht in die Partie. Die Doppel-Quote des Saarländers lag zwischenzeitlich bei unter zehn Prozent - ein katastrophaler Wert. Sein routinierter Gegner konnte das Match von vorne spielen. Die erste Partie zweier gesetzter Spieler wurde so zu einer eindeutigen Angelegenheit - auch wenn Clemens, der 2021 als erster deutscher Darts-Profi den Sprung in ein WM-Achtelfinale geschafft hatte, mit dem gewonnenen vierten Durchgang kurzzeitig Hoffnung schöpfte.
"Darf man das Wort mit sch im Fernsehen sagen? Dann einfach, weil ich scheiße gespielt habe. Vor allem die ersten drei Sätze", begründete Clemens bei "Sport1" seine Niederlage, bei der er weitgehend chancenlos war. Der Frust scheint tief zu sitzen, denn Clemens erschien danach nicht mehr in der offiziellen Pressekonferenz.
Ein Jahr nach seinem unerwarteten WM-Coup, als er Primus Gerwyn Price aus Wales vorführte und sensationell ins Halbfinale stürmte, bleibt eine erneute Überraschung im "Ally Pally" aus.
"Bringt nichts, wenn ich rumheule"
"Ich glaube, man hat gesehen, dass ich es versucht habe. Es ist schwer, ein 0:3 zu drehen. Leider ist es mir auch nicht gelungen", sagte der "German Giant", wie Clemens genannt wird. Der 40 Jahre alte Saarländer war zuletzt gut in Form, hatte bei den Players Championship Finals das Halbfinale erreicht und damit WM-Hoffnungen geweckt.
Zwei Chancen verbleiben den deutschen Darts-Profis am Donnerstag. Florian Hempel und WM-Debütant Ricardo Pietreczko kämpfen um das Weiterkommen - und die Aufgaben haben es in sich. Der Wahl-Kölner Hempel trifft am Nachmittag (13.40 Uhr) auf den hoch gehandelten Stephen Bunting, am Abend (ca. 21.15 Uhr) bekommt es "Pikachu" mit Top-Favorit Luke Humphries zu tun.
Die Partien am Donnerstag im Überblick:
3. Runde (nachmittags ab 13.45 Uhr):
Florian Hempel (Deutschland) - Stephen Bunting (England)
Joe Cullen (England) - Ryan Searle (England)
Ross Smith (England) - Chris Dobey (England)
3. Runde (abends ab 20.15 Uhr):
Gerwyn Price (Wales) - Brendan Dolan (Nordirland)
Luke Humphries (England) - Ricardo Pietreczko (Deutschland)
Ricky Evans (England) - Daryl Gurney (Nordirland)