NBA-Profi im Interview Daniel Theis - "Das war ein Schlag ins Gesicht"
Der deutsche Profi Daniel Theis hat in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA eine schwierige Saison bei den Indiana Pacers hinter sich. Nach langer Verletzungspause durfte er nur kurz spielen und musste dann Platz für junge Spieler machen. Im Interview mit der Sportschau spricht er außerdem über den Titelfavoriten Boston und Dennis Schröder.
Sportschau: Die Pacers können sich kurz vor Ende der Saison nicht mehr für die Playoffs qualifizieren. Von außen betrachtet war das bisher eine seltsame Saison für Indiana: Es hat vor der Saison viel dafür gesprochen, dass ein Neuanfang mit jungen Spielern anstehen würde, aber dann hat das Team so gut gespielt, dass die Playoffs möglich waren. Wie gucken Sie auf die Saison zurück?
Daniel Theis: Das wird nicht mit Spielern besprochen, aber es sah am Anfang schon nach Rebuild aus, dass wir junge Spieler entwickeln und schauen wollten, wie es läuft. Aber dann haben wir einfach zu gut gespielt. Bis sich Tyrese Haliburton verletzt hat, waren wir sogar Vierter oder Fünfter im Osten. Dann wurde von der Organisation gesehen: 'So viel Rebuild brauchen wir doch nicht.' Aber dann haben wir, glaube ich, 19 von 21 Spielen verloren.
Sportschau: Die Pacers haben vergangenes Jahr ihren Star Domantas Sabonis abgegeben und dafür unter anderem den jungen Aufbauspieler Tyrese Haliburton bekommen. Der hat sich sehr schnell zu einem richtig guten Spieler entwickelt und legt diese Saison 21 Punkte und zehn Assists pro Spiel auf. Wie würden Sie seine Spielweise beschreiben?
Theis: Er war erst vor allem ein Pass-First-Spieler, manchmal war es so, dass ihm Aggressivität gefehlt hat und er zu sehr auf andere Spieler geguckt hat. Wir hatten eine Regel, dass wir den Ball innerhalb von drei Sekunden über die Mittelinie bringen mussten und das kam ihm dann entgegen. Das war ein großer Teil, warum wir so erfolgreich waren. Keiner wollte gegen uns verteidigen, weil wir so schnell gespielt haben. Bevor ich ihn kannte, würde man denken, sein Wurf sieht ein bisschen komisch aus, aber es ist unfassbar, wie gut er trifft.
Sportschau: Kurz vor der Trade Deadline waren viele Spieler der Pacers im Gespräch, getraded zu werden. Wie wirkt sich das auf die Stimmung im Team aus, wie sind Sie damit als Team umgegangen?
Theis: Für die Jüngeren war es eine neue Situation. Für die meisten, die schon länger in der NBA sind, war es weniger dramatisch. Myles Turner ist seit acht Jahren hier und seit acht Jahren heißt es, er soll getraded werden.
Sportschau: Sie haben nach Ihrer Verletzung pro Spiel 16 Minuten gespielt und sieben Punkte, drei Rebounds und einen Block aufgelegt. Ihr Coach hat viele lobende Worte für Sie gefunden. Aber nach nur sieben Spielen wurden Sie nicht mehr eingesetzt. Wie hat sich das entwickelt?
Theis: Es hat angefangen im Sommer mit dem Trade von Boston nach Indiana, das war keine ideale Situation. Der Sommer mit der Nationalmannschaft war dann gut für mich. Aber dann in der Vorbereitung auf die NBA-Saison war es mit meinem Knie nicht gut, ich konnte kaum laufen und springen. Ich hatte Gespräche mit sechs verschiedenen Kniespezialisten, was kann man machen, was nicht? Ich habe mich mit Marc-André ter Stegen unterhalten, der hatte eine OP in Schweden und das habe ich dann auch gemacht. Die Reha war zwölf Wochen. Und dann, als ich gerade im Rhythmus war, hatte ich ein Gespräch mit dem Coach und dem Front Office, dass sie jetzt sehen wollen, wie gut die jungen Spieler sind. Das ist dann natürlich ein ziemlicher Schlag ins Gesicht.
Sportschau: Sie haben in einem Ihrer Spiele im Februar gegen ihr Ex-Team, die Boston Celtics, gespielt. Die Celtics gehören zu den Favoriten auf den Meistertitel. Was macht sie Ihrer Meinung nach so stark?
Theis: Dass der Kern seit Jahren zusammen ist. Die Spieler, mit denen wir vergangenes Jahr zusammen in den Finals waren, wollen da wieder hinkommen und gewinnen. Das ist wie Blut lecken, man will es wieder. Vor allem Jayson Tatum hat das motiviert, weil er in den Finals nicht so gut gespielt hat, wie in den Runden davor. Dann haben sie mit Malcom Brogdon jemanden dazubekommen, mit dem die Bank jetzt viel besser ist.
Sportschau: Die Los Angeles Lakers haben seit mehreren Wochen die beste Defense in der NBA. Sie haben viele gute, individuelle Verteidiger, zum Beispiel auch Ihren Nationalmannschaftskollegen Dennis Schröder. Er wirkt vor allem in dieser Saison so, als ob er sehr motiviert ist. Wie würden Sie seine Defense beschreiben?
Theis: Ich glaube für Dennis war es wichtig zu zeigen, dass er der beste Verteidiger auf der Guard-Position ist. Die Lakers haben mit LeBron James, Anthony Davis und D'Angelo Russell Leute, die scoren wollen und dadurch dem Team helfen. Für so ein Team ist es wichtig, so jemanden wie Dennis zu haben, der jede Sekunde verteidigt und sich keine Auszeit nimmt.
NBA-Star Daniel Theis im Trikot der deutschen Basketball-Nationalmannschaft.
Sportschau: Sie haben beim dritten Platz der Nationalmannschaft bei der EM vergangenes Jahr eine wichtige Rolle gespielt. Gab es schon Gespräche, ob Sie bei der WM im Sommer wieder dabei sind?
Theis: Ich habe mich vor einigen Wochen mit Gordon Herbert getroffen und das Ziel ist auf jeden Fall, dass ich spiele und wir den Kern vom vergangenen Mal zusammenbekommen.
Die NBA-Playoffs beginnen am 15. April. Der Basketball-Kanal der Sportschau auf Instagram, NBA Overtime, berichtet täglich. Dort gibt es auch weitere Auszüge aus dem Interview mit Daniel Theis.