Das Symbolfoto zeigt eine Spritze vor dem Wort Doping

Sieben Jahre nach Ausstrahlung ARD-Recherche führt zu Rekordstrafe eines Schweizer Doping-Arztes

Stand: 16.01.2025 19:49 Uhr

Das neue Schweizer Sportgericht sperrt einen Berner Arzt wegen Dopings für 14 Jahre für alle Tätigkeiten im organisierten Sport und verurteilt ihn zu empfindlichen Strafzahlungen.

Von Hajo Seppelt und Jörg Winterfeldt

Ein Arzt aus der Hauptstadt Bern ist als erster Mediziner vom neu geschaffenen Schweizer Sportgericht zu einer Rekordstrafe verurteilt worden. Anlass zu dem Verfahren hatte eine Recherche der ARD-Dopingredaktion mit dem Schweizer Magazin "Republik" im Januar 2018 gegeben. Für den Film "Geheimsache Doping: Das Olympia-Komplott II" war der Arzt mit versteckter Kamera dabei gefilmt worden, wie er mit dem Doping eines deutschen Profi-Radsportteams prahlt und einem Lockvogel genaue Anweisungen gibt, wie fachmännisch zu dopen ist.

Geheimsache Doping - Das Olympiakomplott (Teil II)

Sportschau, 16.07.2022 12:23 Uhr

In dem Film wurden zudem Mails gezeigt, die darauf hinweisen, dass derselbe Arzt auch Auftragsarbeiten für einen der maßgeblichen russischen Dopingärzte ausführte - auch nach dessen Sperre. Die ARD-Dopingredaktion hatte 2014 jenen einstigen Chefmediziner der russischen Leichtathleten, Sergei Portugalow, als einen der führenden Köpfe des russischen Staatsdopings enttarnt.

Außerdem lag der ARD ein Brief des damaligen Präsidenten des Weltradsportverbandes UCI, Pat McQuaid, an die Schweizer Staatsanwaltschaft vor. Daraus geht hervor, dass die UCI offenbar schon 2009 Hinweise auf mögliches Doping an Radsportlern durch den Berner Arzt gab.

Testosteron, Wachstumshormon und Tamoxifen

Dennoch brauchte das sportrechtliche Verfahren gegen den Arzt sieben Jahre und ein neues Sportgericht in der Schweiz, um in dieser Woche abgeschlossen zu werden. Der Arzt ist wegen mehrfachen Verstoßes gegen das Doping-Statut zu einer 14-jährigen Sperre und einer Geldstrafe von 14.000 Schweizer Franken (knapp 15.000 Euro) verurteilt worden. Außerdem muss er die Schweizer Dopingjäger von Swiss Sports Integrity (SSI) mit 29.000 Schweizer Franken (knapp 31.000 Euro) entschädigen.

Er wurde von dem neuen Schweizer Gericht nach einer Hauptverhandlung am 10. Dezember 2024 wegen "wiederholter Abgabe, der versuchten Verabreichung sowie Besitzes und der Anwendung von verbotenen Substanzen" schuldig gesprochen, bevor nun das Strafmaß verkündet wurde. Das Gericht sah es laut Mitteilung von Swiss Sports Integrity als erwiesen an, dass "der Arzt Testosteron, Wachstumshormone sowie Tamoxifen an sogenannte 'Sportfreunde' und weitere Personen abgebeben" habe.

Symbolbild Doping

Außerdem hätte er "mehrfach versucht, einem Spitzensportler Erythropoetin und Testosteron zu verabreichen bzw. abzugeben". Darüber hinaus habe der "aktive Ausdauersportler und Triathlet wiederholt Testosteron, Wachstumsfaktoren und Erythropoetin zur Leistungssteigerung an sich selbst angewendet".

Fall mit Problemen

Die Sperre allerdings ist nicht zu verwechseln mit einem Berufsverbot oder einem Entzug der Approbation. Er darf nur nicht mehr im organisierten Sport tätig werden in der Zeit. Auch Sportlern, die sich von ihm behandeln lassen, drohen Strafen. Allerdings weist die "Luzerner Zeitung" zu Recht auf ein gravierendes Problem des Falles hin.

Weil Swiss Sports Integrity den Namen des Arztes nicht nennen darf, können Sportler gar nicht zwingend wissen, welcher Arzt gemeint ist – bis er auf der bisher 172 Namen umfassenden offiziellen "Prohibited Association List" der Welt-Antidoping-Agentur (WADA) erscheint, die gesperrtes Betreuungspersonal für Athleten erfasst. Dann aber wäre er leicht zu identifizieren: als einziger Schweizer.

"Das Arztgeheimnis bietet ihm einen gewissen Schutz"

Und: Weil der Arzt selbst als Triathlet gestartet ist, listet Swiss Sports Integrity (SSI) ihn selbst namentlich auf seiner Liste gesperrter "Sporttreibender". "Wir sind sehr zufrieden mit diesem Urteil. Es ist ungleich schwieriger, einen Arzt als einen Athleten wegen Dopings zu belangen", wird SSI-Direktor Ernst König in der "Luzerner Zeitung" zitiert: "Das Arztgeheimnis bietet ihm einen gewissen Schutz."

Strafrechtlich waren die Schweizer hingegen sehr viel schneller. Schon vor knapp drei Jahren hatte der Arzt einen Strafbefehl für eine bedingte Geldstrafe von 123 Tagessätzen á 170 Franken (insgesamt etwa 22.500 Euro) der Staatsanwaltschaft Bern akzeptiert. Demnach hatte er zwischen 2015 bis 2018 Dopingmittel im Wert von rund 20.000 Franken (knapp 21.300 Euro) an Freunde, Kollegen und Patienten verkauft, allesamt angeblich Hobbysportler. Dopingunterstützung von Profi-Athleten konnte dem Arzt hingegen trotz der zahlreichen Hinweise nicht nachgewiesen werden.