American Football Brock Purdy - "Mr. Irrelevant" mischt die NFL auf
Er kam aus dem Nichts: Brock Purdy, dritter Quarterback bei den San Francisco 49ers und beim Draft als "Mr. Irrelevant" eingestuft. Im Nichts und unbedeutend wird er kaum bleiben.
Du hast keine Chance, also nutze sie. So in etwa könnte man den kometenhaften Aufstieg von Brock Purdy überschreiben, dem dritten Quarterback bei den San Francisco 49ers in der US-Profi-Football-Liga NFL.
Tatsächlich profitiert der 22-jährige Nobody derzeit vom Verletzungspech der als qualitativ gleichwertig geltenden Quarterbacks Trey Lance und Jimmy Garoppolo - oder vielmehr nutzt er dieses auf schon sensationell anmutende Weise.
"Mr. Irrelevant" - beim Draft als Letzter gezogen
Beim NFL-Draft im April war Purdy in der siebten Runde als Letzter, als Nummer 262, von den 49ers gezogen worden - was ihm den nicht schmeichelhaften Titel "Mr. Irrelevant", also "Mister Unbedeutend", einbrachte. Er war der letzte von neun Quarterbacks, die geholt wurden. "Er ist wichtig für uns", sagte damals San Franciscos General Manager John Lynch - und es waren geradezu prophetische Worte.
In drei Spielen einen Namen gemacht
Denn Purdy benötigte gerade einmal drei Spiele, um für sein Team sehr relevant zu werden. Am Donnerstag (15.12.2022) steuerte er in einer fehlerfreien Partie zwei Touchdown-Pässe zum Sieg gegen die Seattle Seahawks bei, wodurch der vorzeitige Einzug in die Playoffs gelang.
Superstar Brady die Show gestohlen
Historisches war dem Rookie am Sonntag zuvor gelungen beim 35:7 seiner Niners gegen die Tampa Bay Buccaneers mit Quarterback-Megastar Tom Brady. Purdy avancierte zum ersten "Mr. Irrelevant", der als Quarterback in der Startformation stand.
Zudem warf er zwei Touchdown-Pässe und lief einmal selbst in die Endzone. Alleine schon mit Brady gemeinsam auf dem Spielfeld gestanden zu haben, empfand Purdy als unwirklich: "Als Kind habe ich gesehen, wie er es in all den Super Bowls hinbekommen hat über die Jahre, und jetzt mit ihm abklatschen zu können, das ist schon ziemlich cool."
"Geschichte des Jahres"
Für Ex-NFL-Profi Greg Olsen und "Fox Sports"-Kommentator Kevin Burkhardt war Purdys Auftritt die "Geschichte des Jahres". Purdy ist nun nämlich auch der erste Quarterback, der bei seiner Starter-Premiere Brady geschlagen hat. In sieben vorherigen Versuchen war das keinem Debütanten geglückt.
So zollte auch der siebenmalige Super-Bowl-Champion Brady dem Youngster seinen Respekt: "Brock hat wirklich gut gespielt." Ironie der Geschichte: Der inzwischen 45-jährige Brady, bester Quarterback aller Zeiten, war bei seinem Draft 2000 ebenfalls in der Rubrik "unter ferner liefen" zu finden gewesen - nämlich auf Rang 199.
Vor der großen Show gegen Brady war Purdy beim 33:17-Erfolg gegen die Miami Dolphins für Garoppolo, der einen Fußbruch erlitt, eingewechselt worden. Auch dabei war ihm etwas Einzigartiges gelungen: Als erster "Mr. Irrelevant" warf er einen Touchdown-Pass.
Karriere-Verzögerung wegen fehlender Konstanz
Experten sind sich sicher, dass Purdy ein ganz Großer seiner Zunft werden kann. Geboren wurde er in Arizona, sammelte ab 2018 erste Meriten im College Football für die Cyclones der Iowa State University. 2020 und 2021 wurde er mit Nominierungen für das All-Star-Team der "Big 12 Conference", einer derzeit aus zehn Universitäten bestehenden Liga für diverse Sportarten, geehrt.
Purdy galt als potenzieller Erstrunden-Pick im NFL-Draft 2021, fehlende Konstanz in seinem Spiel machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung. Ein Jahr später gelang ihm dann der Sprung in die NFL.
Vater in Tränen aufgelöst
Sein großer Rückhalt ist die Familie. Schon bei seinem ersten Touchdown im Spiel gegen Brady und die Tampa Bay Buccaneers hatte sein Vater Shawn, einst Baseball-Spieler in den Minor Leagues, auf der Tribüne Tränen in den Augen. Nach der Partie feierte die ganze Familie.
In US-Medien äußerte sich Purdy so dazu: "Allein die Emotionen nach dem Spiel und die Art, wie mich meine Familie von der Tribüne aus ansah, bedeuten mir sehr viel.“ Und er ergänzte gerührt: "Während meines ganzen Lebens, bei allen Höhen und Tiefen, als Quarterback in der High School, im College und jetzt haben die Leute zu Hause an mich geglaubt und das Beste in mir gesehen. Sie haben an mich geglaubt, als ich der letzte Pick war."
Selbst Montana ist beeindruckt
Mittlerweile glauben nicht nur seine Leute an ihn. In den USA gibt es bereits erste Anzeichen für eine "Purdymania". Selbst Niners-Legende Joe Montana, viermaliger Super-Bowl-Gewinner, glaubt, dass das auch Purdy und seinem Team in dieser Saison gelingen kann.
"Wenn er weiterhin das tut, was er in der vergangenen Woche getan hat, dann ja", sagte Montana nach Purdys NFL-Debüt mit zwei Touchdowns und 25 von 37 angebrachten Pässen für 267 Yards. Sein Rat an den Rookie: "Locker bleiben, einfach rausgehen und spielen, auch mal akzeptieren, dass ein Spielzug oder eine komplette Serie nicht klappt."
Denn genau das könnte neben allen sportlichen Fähigkeiten das größte Pfund des 22-Jährigen sein: seine Unbekümmertheit.