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Dietloff von Arnim stellt sich zur Präsidenten-Wahl Götterdämmerung beim Tennisweltverband ITF?

Stand: 21.09.2023 08:55 Uhr

Der Präsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB), Dietloff von Arnim, stellt sich in Cancun zur Wahl als neuer Weltverbands-Präsident. Der Düsseldorfer gilt als Traditionalist, was hilfreich sein könnte.

Es wird ein besonders spannender und nervenaufreibender Tag für Dietloff von Arnim. Am Sonntag (24.09.2023) stellt sich der Präsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) im mexikanischen Cancun zur Wahl zum Präsidenten der International Tennis Federation (ITF), dem Weltverband des traditionsreichen Sports. "Es passt in meine Lebensplanung. Und ich denke, man kann noch viel Positives für den Tennissport bewirken", sagt der gebürtige Düsseldorfer der Sportschau.

Von Arnims Wahl ist allerdings nicht sicher, auch wenn dem 63-Jährigen gute Chancen zugerechnet werden. Sein Kontrahent: Der US-Amerikaner David Hagerty, der den vakanten Posten seit 2015 inne hat und für eine dritte Amtszeit kandidiert.

Breuer: "Von Arnim gilt als Traditionalist"

Bei dieser Wahl gehe es unabhängig von den Personen auch um eine Richtungsentscheidung des internationalen Tennis, sagt Christoph Breuer, Sportökonom an der Deutschen Sporthochschule in Köln, der Sportschau. "Die Verantwortlichen haben ja in vielen Sportarten parallel die Hoffnung gehabt, dass durch eine weitere Kommerzialisierung und das Hereinholen von Investoren die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Sportarten und einzelner Wettbewerbe gesteigert werden kann." Dieses Kalkül scheint indes nicht aufgegangen zu sein.

Vielmehr sieht der Kölner Institutsleiter in der bevorstehenden Wahl des ITF-Präsidenten auch eine grundsätzliche, weltweite Strategiefrage, die ausstrahlen könnte: "Ich deute die Kritik am Amtsinhaber als eine Art Götterdämmerung im internationalen Sport. Weil man verstärkt zur Einsicht gelangt, dass die Überkommerzialisierung an Grenzen gestoßen ist." Und von Arnim gelte als eine Art Traditionalist in dieser Frage, der als konzeptioneller Gegenentwurf zu den Überkommerzialisierungs-Bemühungen des Amtsinhabers stehe.

Davis Cup als warnendes Beispiel

Ein gutes und auch warnendes Beispiel für den großen Einfluss von Investoren im internationalen Sport ist etwa neben Golf - wo durch viel Geld aus Saudi Arabien eine eigene Tour ins Leben gerufen wurde - auch der Tennissport. Um neue Einnahmen zu generieren hatte Hagerty den traditionsreichen und bei Zuschauern und Spielern überaus beliebten Davis-Cup-Wettbwerb völlig auf den Kopf gestellt.

Die ITF hatte dafür einen Management-Vertrag mit den Investoren von Kosmos, einem Unternehmen des ehemaligen Barcelona-Fußballers Gerard Pique, über 25 Jahre abgeschlossen. Darin versprochen waren Investitionen von drei Milliarden Dollar (2,81 Milliarden Euro). Dafür wurde allerdings die Struktur des Wettbewerbs bis zur Unkenntlichkeit geändert - und die Zuschauer bleiben aus. "Ich war in der vergangenen Woche in Split beim Davis-Cup-Spiel der Kroaten. Da waren kaum kroatische Zuschauer vor Ort", sagt von Arnim.

Dietloff von Arnim ist der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB).

Dietloff von Arnim will Präsident des Tennis-Weltverbandes (ITF) werden.

Mittlerweile, nach nur fünf Jahren, wurde der Vertrag im vergangenen Januar gekündigt. Über die genauen Gründe schweigt Hagerty und verweist auf eine Verschwiegenheitsklausel im Vertrag. Und nicht nur beim Deutschen Tennis-Bund rätseln alle, wie es nach 2023 (auch finanziell) weitergehen soll.

Gespräche mit Spielern und Sponsoren

"Wir haben nicht alle Daten auf dem Tisch. So viel zur Transparenz und Demokratie bei der ITF. Das muss sich grundlegend ändern", sagt von Arnim, der nach seiner möglichen Wahl vor allem auf die unmittelbar Beteiligten zugehen will.

"Wir müssen zuerst sportlich über den Wettbewerb mit den Spielern sprechen, weil das ja vorher niemand gemacht hat. Und dann müssen wir auch mit Sponsoren sprechen, denn es gibt kaum noch welche. Auf diese Weise kann es dann, so glaube ich, wieder ein erfolgreiches Event werden", sagt er. Der Davis-Cup-Wettbewerb bildet seit jeher einen wesentlichen Grundstock für die finanzielle Ausstattung der ITF.

Neue Kommunikationswege

Auch die Positionierung des Weltverbandes (Von Arnim: "Die ITF hat weltweit wenig zu sagen.") zwischen der Männer-Spielerorganisation ATP und der Frauen-Spielerinnenorganisation WTA - eine wohl einmalige Konstruktion im Weltsport - müsse neu entwickelt werden.

"Wir müssen endlich wichtige Entscheidungen gemeinsam treffen. Wir brauchen beispielsweise nicht zwei TV-Vermarktungsabteilungen. Alle sind zwar daran interessiert, zusammenzuarbeiten und zu entscheiden. Aber sie kommen einfach nicht an einen Tisch. Das muss endlich passieren", sagt von Arnim. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die ATP Entscheidungen trifft, die bis zu 30 Jahren Gültigkeit haben und kaum noch zu revidieren sind.

Eine neue Transparenz des Weltverbandes, die Regel-Anpassung von unterschiedlichen Wettbewerben, die in- und externe Kommunikation, eine Kooperation mit dem Padel-Tennis-Verband und viele Aufgabenbereiche mehr - die Anforderungen für Dietloff von Arnim nach einer erfolgreichen Wahl wären vielfältig.