Alexander Zverev in Akton.

Finale Australian Open Zverev oder Sinner - eine Frage der Fitness

Stand: 26.01.2025 00:02 Uhr

Alexander Zverev steht am Sonntag (9:30 Uhr im Live-Ticker bei sportschau.de) im dritten Grand-Slam-Finale seiner Karriere. Noch konnte er keins gewinnen. Doch diesmal ist etwas anders: Zverev kommt so ausgeruht wie noch nie zum Showdown.

Von Andreas Thies, Melbourne

Es ist eine der meistgehörten Floskeln im Sport und gleichzeitig eine der wichtigsten Wahrheiten: "Nach vorne schauen." Nichts könnte vor dem Finale gegen die Nummer 1 der Welt entscheidender sein. Doch Alexander Zverev musste nach seinem Sieg gegen Novak Djokovic im Halbfinale der Australian Open ausschließlich Fragen zu seiner Vergangenheit beantworten. Fragen zu Djokovic, Fragen zu dessen verletzungsbedingter Aufgabe, Fragen, was der Deutsche seit seiner letzten Niederlage in einem Grand-Slam-Endspiel bei den French Open 2024 geändert habe.

Der Grund war ein banaler: Zverevs Finalgegner stand noch nicht fest. Das zweite Halbfinale war noch nicht gespielt. Und doch wird Zverev damit gerechnet haben, dass es zur Auseinandersetzung mit der derzeit unumstrittenen Nummer 1 der Welt kommen würde. Jannik Sinner, Titelverteidiger und Turnier-Topfavorit.

Makellose Effizienz

Sinner zu besiegen ist derzeit die größte Aufgabe im Herren-Tennis. Seit den ATP-Finals Ende 2023 hat Sinner von 88 Matches 82 (!) gewonnen. Dabei geht Sinner in seinen Matches fast schon mit steriler Kälte vor. Sein Spiel ist nicht so explosiv wie das von Carlos Alcaraz.

Jannik Sinner in Aktion.

Jannik Sinner in Aktion.

Dennoch ist er in allen Einzelteilen des Spiels Weltklasse. Sein Tennis erinnert in seiner Präzision und Kompromisslosigkeit an das von Novak Djokovic in dessen besten Zeiten. Das reißt die Zuschauer nicht immer mit, aber es ist von makelloser Effizienz.

Wenn man aus Sinners perfektem Paket überhaupt etwas herausstellen kann, dann ist es seine Beweglichkeit. Sinner steht nahezu nie falsch zum Ball. Es ist für seine Gegner dadurch enorm schwierig, ihn aus der Balance zu bekommen, auf dem falschen Fuß zu erwischen. Seine exzellenten Skifahrer-Qualitäten mögen damit zusammenhängen. Fakt ist, wenn Sinner einmal in Führung liegt, dann fährt er diese Führung so gut wie immer ins Ziel.

Körner gespart

Für Zverev wird es deshalb darauf ankommen, in jedem einzelnen Satz geistig und körperlich sofort auf der Höhe zu sein, notfalls bis zum fünften. Die Voraussetzungen dafür sind so gut wie noch nie. Im Gegensatz zu den US Open und den French Open in Paris, als er jeweils das Finale erreichte, hat Zverev im Laufe der zwei Wochen in Melbourne jede Menge Körner gespart und kaum eine kritische Situation zu überstehen gehabt.

Den einzigen Stresstest gab es im Viertelfinal-Match gegen Tommy Paul, als der Amerikaner die ersten beiden Sätze praktisch herschenkte. Dass das abgebrochene Match gegen Djokovic seinen Rhythmus möglicherweise stören könnte, lässt Zverev nicht gelten: "Ich glaube, dass ich immer noch einen Satz auf hohem Level gespielt habe. Es ist nicht so, dass wir gar nicht gespielt haben. Hätte ich vier Tage Pause gehabt, wäre das vielleicht ein bisschen zu viel gewesen."

Im direkten Vergleich führt Zverev mit 4:2. Zwei Mal standen sich die beiden bei Grand Slams gegenüber, jeweils bei den US Open. Als Zverev 2021 in drei Sätzen gewann, war Sinner in seiner Entwicklung noch nicht soweit wie heute. 2023 war das schon anders. Zverev gewann damals bei schwülen Bedingungen einen Kampf, der durch die bessere Kondition des Deutschen entschieden wurde. Auch jetzt könnte die Kondition für Zverev sprechen. Sinner plagt sich seit einer Woche mit offensichtlichen körperlichen Problemen. Was genau er hat, darum machen er und sein Team ein Geheimnis.

Kryptischer Sinner

Auch sein Trainer Darren Cahill bleibt im Ungefähren und spricht nur von "Sachen". Sein Schützling habe hier "mit einigen Sachen zu kämpfen. Aber ich könnte nicht stolzer sein, wie er sich hier auf und abseits des Platzes verhalten hat. Auf den Kampf, den er gezeigt hat und auf seine Widerstandsfähigkeit."

Spekulationen gibt es reichlich, Bestätigungen keine. Angesprochen auf die Wadenkrämpfe im Halbfinale gegen Ben Shelton gab sich Sinner kryptisch: "Es ist nie einfach. Ich stecke an Tagen, an denen ich nicht spielen muss, viel Arbeit in meinen Körper, versuche meinen Körper besser zu verstehen. Es gibt Tage, an denen ist es leichter. An anderen ist es schwieriger."

Was er vom Finale erwarte, wurde Sinner natürlich auch gefragt: "Wir haben schon ein paar Mal gegeneinander gespielt. Es wird ein schwieriges Match für uns beide, es wird sehr physisch werden. Dann werden wir sehen. Schwer zu sagen, wer am Sonntag Favorit ist. Alles kann passieren." Da war er dann doch noch, der Blick nach vorne.