Positive Dopingtests Ermittler sieht kein WADA-Fehlverhalten
Ein unabhängiger Ermittler sieht im Fall der 23 positiv getesteten Schwimmerinnen und Schwimmer aus China kein Fehlverhalten der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Aus den USA regt sich Widerspruch. Olympiasieger Florian Wellbrock bezeichnete die Aufarbeitung der Doping-Affäre seitens der Verbände als "schlechten Witz".
Wie die WADA am Dienstag (09.07.2024) mitteilte, habe Ex-Staatsanwalt Eric Cottier aus der Schweiz weder eine Bevorzugung Chinas festgestellt noch die Entscheidung der Agentur gerügt, die Ermittlungen einzustellen. Dies gehe aus dem nun vorgelegten Zwischenbericht hervor.
Der chinesischen Anti-Doping-Agentur Chinada zufolge waren die positiven Dopingtests von Anfang Januar 2021 auf Verunreinigungen in einer Hotelküche zurückzuführen. Laut Recherchen der ARD-Dopingredaktion und der "New York Times" sowie einem Bericht der australischen Zeitung "Daily Telegraph" waren die 23 Top-Schwimmerinnen und -Schwimmer bei einem nationalen Wettkampf in China Anfang 2021 positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet worden.
Abschlussbericht soll folgen
Die WADA hatte die Ermittlungen nach eigenen Angaben mit der Begründung eingestellt, dass den Sportlern nach einem "mehrwöchigen Überprüfungsprozess" weder Verschulden noch Fahrlässigkeit anzulasten sei. Cottier hatte seit Ende April den WADA-Angaben zufolge Zugang zu allen vorliegenden Unterlagen und soll in den kommenden Wochen noch einen Abschlussbericht erstellen.
Wellbrock zum Umgang mit "Akte China": "Schlechter Witz"
Olympiasieger Florian Wellbrock äußerte sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) kritisch zum Umgang mit der Doping-Affäre im chinesischen Schwimmen geäußert. "Also, ich erwarte da tatsächlich nicht mehr wirklich viel zu, weil ich jetzt schon das Gefühl habe, dass es gar keinen mehr interessiert, weder in den Verbänden noch in den Medien", sagte der Magdeburger: "Als Sportler hat man das natürlich als schlechten Witz wahrgenommen."
Auf die Frage, ob er den Eindruck habe, dass für alle die gleichen Regeln gelten, sagte Wellbrock: "Na ja, offensichtlich nicht." Prinzipiell schaue er aber "ganz neutral und souverän", auf mögliche Begegnungen mit belasteten Athleten im olympischen Dorf: "Ich habe mich nicht damit beschäftigt, wer da Teil von diesem Trainingslager war, das abgehalten wurde."
Elf der im Vorfeld der Sommerspiele 2021 in Tokio positiv auf das verbotene Herzmittel Trimetazidin getesteten Schwimmer werden auch in Paris starten.
Bundestrainer Berkhahn kann "WADA-Argumentation nicht mehr folgen"
Für Bundestrainer Bernd Berkhahn steht schon fest, "dass dies sicher einen Schatten auf die Spiele wirft", so Berkhahn in einem Pressegespräch. "Es wird auch wieder Proteste in der Schwimmhalle geben. Es ist nun mal ein selbstgemachtes Problem von den Verbänden und Funktionären. Da spielt so viel Politik hinein, die wir als Sportler oder Trainer nicht beeinflussen können."
Sich intensiv mit dem Thema zu befassen, bringe nur Frustration mit sich, weil man nicht weiß, was hinter den geschlossenen Türen ablaufe. Man könne den Argumentationen der Wada nicht mehr richtig folgen, sagte Berkhahn. Die verschiedenen Maße von Verurteilungen oder Freisprüchen sorge für Unglaubwürdigkeit und tue dem System und dem Sport nicht gut, betonte der Bundestrainer für die Langstrecken.
WADA sieht sich als "Spielball im Machtkampf"
WADA-Präsident Witold Banka verteidigte den Umgang mit den Verdachtsfällen aus China, er sieht seine Agentur als Spielball im Machtkampf der großen Nationen. "Dieser Fall wurde als geopolitisches Werkzeug eingesetzt", sagte er und betonte, dass es nicht neu sei, dass die WADA oder er auf diese Weise ins Visier genommen worden seien.
USADA nicht überzeugt
Er sei "sehr traurig, dass uns Leute diese wirklich fürchterlichen Dinge vorgeworfen haben", sagte Banka: "Wenn ein solcher Fall in einem anderen Land als China passiert wäre, hätte sich niemand dafür interessiert."
Travis Tygart, Geschäftsführer der US-Anti-Doping-Agentur USADA, zeigte sich nicht beeindruckt. Die "meisten kritischen Fragen" seien durch Cottiers Bericht nicht beantwortet worden, sagte er: "Das ist nicht überraschend, da die WADA selbst den Ermittler ausgewählt und den äußerst begrenzten Umfang der Untersuchung festgelegt hat, was eine sinnvolle Überprüfung verhindert hat."