Pferdesport Über den CHIO-Nationenpreis der Springreiter zu Olympia
Wen nimmt Otto Becker neben den drei bereits nominierten Springreitern mit zu Olympia? WDR-Experte Carsten Sostmeier sieht den Nationenpreis als entscheidenden Prüfstein.
Ein Platz ist noch zu vergeben für das deutsche Springreit-Team bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Es ist zwar nur der Platz des Ersatzreiters, aber auch dieser dürfte heiß begehrt sein. Denn die Olympioniken können sich auf "etwas wirklich Besonderes gefasst machen", wie es Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, im WDR-Interview sagte. "Reitsport im Schlosspark von Versaille hat man auch nicht alle Tage."
Der CHIO in Aachen ist das letzte große Kräftemessen vor den Spielen, deren Reitsportdisziplinen am 26. Juli beginnen. Das erste Springreiten ist für den 31. Juli angesetzt, das Einzelfinale als Pferdesport-Abschluss für den 6. August.
Chance für Thieme, Wargers und Brinkop
Bundestrainer Otto Becker wird bei den vielen Prüfungen in Aachen genau hinschauen, besonders aber beim Nationenpreis am Donnerstagabend (ab 20.15 Uhr live im WDR Fernsehen). Carsten Sostmeier, WDR-Kommentator und Reitsport-Fachmann, geht davon aus, dass im Nationenpreis schon die Entscheidung fällt über die Olympia-Nominierung - obwohl am Sonntag noch ein weiteres wichtiges Top-Springen folgt, der Große Preis von Aachen.
Für Deutschland werden beim Nationenpreis neben dem bereits nominierten Christian Kukuk (mit Mumbai) auch Andre Thieme (mit Chakaria), Jana Wargers (mit Limbridge) und Kendra Claricia Brinkop (mit Tabasco) an den Start gehen. "Das sind auch die drei Kandidaten für den letzten zu vergebenen Platz", sagte Sostmeier. Die Chancen sieht er gleich verteilt. "Sich da im Vorfeld auf jemanden festzulegen, wäre Spekulation."
Brinkop war erst zwei Tage vor dem CHIO ins Team gerückt, weil Jörne Sprehe ausgefallen war. Sprehes Pferd "Hot Easy" leidet nach Angaben des Deutschen Reit-Verbandes FN an einem Hüftgeschwür. Auch Sprehe war schon eingesprungen für Hans-Dieter Dreher, dessen Pferd Elysium wegen eines Infekts ausfällt.
Sostmeier: Acht bis neun Medaillenkandidaten
Wie konkurrenzfähig das deutsche Team im Vergleich mit den neun weiteren Nationen ist, bleibt spannend. Am vergangenen Freitag hatte es beim Nationenpreis von Rotterdam einen "kleinen Dämpfer bekommen", wie Becker es formulierte. Durchgang zwei verpasst, am Ende lediglich Platz neun - "das war sehr enttäuschend", so Becker.
Sostmeier ist mit Blick auf Olympia aber durchaus optimistisch, wenngleich er einen sehr engen Wettkampf voraussagt. "Ich sehe acht bis neun Nationen, die um eine Medaille reiten werden, weil die Weltklasse so nah beieinander ist." Herausheben würde er Schweden als großen Favoriten und die Iren. "Am Ende ist es glücks- und tagesformabhängig, weil es kein Streichergebnis geben wird", sagte Sostmeier.
Die drei bereits nominierten deutschen Reiter bei Olympia sind Christian Kukuk mit Checker, Richard Vogel mit United Touch und Philipp Weishaupt mit Zineday. Vogel hat auch dem CHIO schon seinen Stempel aufgedrückt: Er gewann am Mittwoch mit Phenyo zunächst ein Zeitspringen und am Abend dann mit Cepano Baloubet den Preis von Europa. Beim Eröffnungsspringen hatte Vogel mit Cydello nur knapp den Sieg verpasst.
Ohne Ehning, Deußer und Ahlmann
Im deutschen Team fehlen einige namhafte Reiter, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sehr erfolgreich waren - etwa Marcus Ehning, Daniel Deußer und Christian Ahlmann. "Sie haben keine olympiarelevanten Pferde", sagt Sostmeier. "Da sieht man wieder, wer letztlich der entscheidende Faktor im Pferdesport ist."
Auch im Einzelwettbewerb von Olympia sieht Sostmeier einen harten Konkurrenzkampf. "Natürlich ist Henrik von Eckermann mit King Edward der Favorit, aber es gibt 15 bis 20 Paare, die eine Medaille gewinnen können."