Erstplatzierte Mollie O'Callaghan (M) aus Australien, Zweitplatzierte Ariarne Titmus (l) aus Australien und Drittplatzierte Siobhan Bernadette Haughey aus Hongkong feiern mit Medaillen

WDR-Sport Olympia-Athleten: Warum der Ruhm vielen kaum Geld einbringt

Stand: 31.07.2024 14:51 Uhr

Was ist ein Olympia-Sieg wert? Neben dem Erfolg kämpfen die Sportler auch um Preisgelder, die jedoch meist nicht so hoch ausfallen.

Von Catharina Coblenz

Sie werden für ihre Leistungen gefeiert und bejubelt - Spitzensportler sind zu beneiden, könnte man meinen. Tatsächlich leben viele Athleten und Athletinnen, die für Deutschland bei Olympia antreten, aber in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen. "Das hängt natürlich stark von der Sportart und dem Bekanntheitsgrad der Sportler ab", meint Sportsoziologe Gunter Gebauer im Gespräch mit dem WDR.

Porträt Gunter Gebauer

Gunter Gebauer

Prekäre Verhältnisse seien sogar in den meisten olympischen Sommer-Sportarten die Regel, meint Gebauer: "Fechten, Rudern, Turnen, teilweise auch in der Leichtathletik." Wer es nicht schaffe, regelmäßig auf dem Siegertreppchen zu landen und so einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erlangen, sei oft auf finanzielle Hilfe der Familie angewiesen. "Ich kenne Fälle, wo die Sportkarriere ohne Zuwendungen der Großeltern gar nicht möglich wäre."

Es gibt natürlich auch Ausnahmen: Basketballer Dennis Schröder verdiente allein in der Saison 2023/24 als NBA-Profi rund 12,4 Millionen Dollar. Auch Tennisspielerin Angelique Kerber konnte im Laufe ihrer Karriere Preisgelder in Millionenhöhe kassieren. Die meisten Olympioniken bräuchten aber vor allem eins, um Spitzenleistungen zu erzielen, meint Gebauer: "Sehr viel Idealismus und Ehrgeiz."

Kein Geld von den Sportverbänden

Selbst wenn die Athletinnen und Athleten es aufs Treppchen schaffen und Gold, Silber oder Bronze nach Hause bringen, werden sie hauptsächlich mit Ruhm, Freude und Genugtuung entlohnt.

Die internationalen Verbände der einzelnen Sportarten zahlen den Siegern nichts, und auch vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) werden keine Prämien gezahlt. Das hängt damit zusammen, dass die Olympischen Spiele ab der Neuzeit bis in die 1980er-Jahre den Amateursportlern vorbehalten waren.

Und auch abseits der Wettbewerbe verdienen die Spitzensportlerinnen und Spitzensportler im Schnitt sehr wenig. Doch wie finanzieren die Athletinnen und Athleten dann ihre sportliche Karriere? Wie schaffen sie es, auch nach dem Leistungssport finanziell abgesichert zu sein?

Die Deutsche Sporthilfe

Olympia, Paris 2024, Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele, Die Fahnen der Teilnehmer Nationen werden ins Trocadero-Stadion getragen.

Eröffnungsfeier in Paris

95,8 Prozent der deutschen Olympia-Starterinnen und -Starter in Paris wurden im Laufe ihrer Karriere von der Stiftung Deutsche Sporthilfe gefördert oder werden noch heute von ihr unterstützt. Die Sporthilfe begleitet Deutschlands beste Nachwuchs- und Spitzensportler auf dem Weg zu Medaillen-Erfolgen bei Welt- und Europameisterschaften sowie insbesondere im Hinblick auf die Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris 2024 und Cortina D'ampezzo 2026.

Die Stiftung fördert Athleten je nach Status im Schnitt mit monatlichen Beträgen zwischen 300 und 600 Euro. Außerdem honoriert die Sporthilfe die Leistungen ihrer Athleten und Athletinnen mit Medaillen-Prämien: Für Gold gibt es 20.000 Euro, für Silber 15.000 Euro und für Bronze 10.000 Euro.

Auch Sportler auf den weiteren Plätzen erhalten Geld: Platz vier wird mit 5.000 Euro honoriert, Platz fünf mit 4.000 Euro, Platz sechs mit 3.000 Euro,  Platz sieben mit 2.000 Euro und Platz acht mit 1.500 Euro.

Staatliche Sportfördergruppen

Außerdem gibt es von staatlicher Seite Sportfördergruppen, von denen jedoch nur ein Drittel der deutschen Leistungssportler profitiert. Insgesamt gibt es rund 1.000 Sportförderstellen, die größtenteils aus dem Etat des Bundesinnenministeriums finanziert werden. Diese Leistungssportler sind offiziell bei Polizei, Zoll, Bundeswehr und Bundespolizei angestellt.

Sie machen beispielsweise eine fünfjährige Ausbildung bei der Polizei: Vier Monate im Jahr macht man die Ausbildung zusätzlich zum Training und acht Monate lang kann man sich nur auf den Sport konzentrieren. Wenn die Sportler dann irgendwann mit dem Leistungssport aufhören müssen, können sie so übergangslos in den Polizeidienst wechseln.

Auch diese Athleten werden von der Deutschen Sporthilfe unterstützt, aber mit geringeren Beträgen.

Sponsoren-Verträge

Eine weitere mögliche Einnahmequelle sind Sponsoren-Verträge, die die Olympia-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer mit etwas Glück bekommen können.

Sportmarken wie Adidas, Puma oder Nike statten die Athletinnen und Athleten dann mit Kleidung und Schuhen aus. Und bei Erfolgen werden ihnen monatliche Gehälter oder Prämien ausgezahlt.

Lob und Kritik für den Leichtathletik-Weltverband

In diesem Jahr zahlt der Leichtathletik-Weltverband erstmalig ein Preisgeld für die Goldmedaillen - egal ob Hochsprung oder Kugelstoßen: Jede Goldmedaille soll mit jeweils 50.000 US-Dollar, also umgerechnet rund 46.000 Euro honoriert werden. Bei Staffel-Siegen müssen die Sieger die Summe untereinander aufteilen.

Bisher gibt es dieses Preisgeld nur für Goldmedaillen-Gewinner, bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles sollen jedoch auch Athletinnen und Athleten der Leichtathletik, die Silber oder Bronze nach Hause bringen Geldprämien erhalten.

Seit der Ankündigung dieser Prämien im April wird in der Sportwelt hitzig darüber diskutiert. Die Athletinnen und Athleten befürworten die Einführung der Prämien. Manche Verbände und das Internationale Olympische Komitee (IOC) üben jedoch Kritik. "Die Leichtathletik ist zwar seit jeher eine olympische Kernsportart, aber das ist nicht auf Dauer zementiert", warnt Sportökonom Christoph Breuer. Nun aber seien die Leichtathleten in einer guten Verhandlungsposition.

Auch der umstrittene Box-Weltverband IBA will Medaillen honorieren: Gold mit insgesamt 100.000 US-Dollar, Silber mit 50.000 Dollar und Bronze mit 25.000 Dollar. Der Goldmedaillengewinner erhält dabei 50.000 US-Dollar, der jeweilige Nationalverband und der zuständige Trainer je 25.000 Dollar. Auch die übrigen Gelder werden nach diesem Muster verteilt. Besonders pikant: Das Internationale Olympischen Komitee (IOC) hat den IBA-Verband nach zahlreichen Korruptionsskandalen im vergangenen Jahr endgültig ausgeschlossen.

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

Goldmedaille der Olympischen Spiele mit Schriftzug auf dem Band "Paris 2024"

Eine Goldmedaille wird sehr unterschiedlich belohnt

Im internationalen Vergleich steht Deutschland eher schlecht da. Hongkong, das unabhängig von China bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris antritt, zahlt seinen Athleten für Gold 768.000 Dollar, also umgerechnet 690.000 Euro. Taiwans Goldmedaillen-Gewinner erhalten umgerechnet 550.000 Euro und darüber hinaus lebenslänglich monatlich 3.700 Euro.

In anderen Ländern werden die Sieger im Vergleich zu Deutschland jedoch auch schlechter honoriert. Bis hin zu schwedischen Athletinnen und Athleten, die gar kein Geld bekommen - auch nicht, wenn sie Gold gewinnen. 

In einer früheren Version dieses Beitrags wurde eine Studie der Deutschen Sporthilfe zitiert, der zufolge der durchschnittliche Stundenlohn deutscher Spitzensportler und -sportlerinnen bei 7,41 Euro liegt. Weil diese Daten bereits 2018 erhoben wurden, dürften sie mittlerweile veraltet sein.

Quellen:

  • Gespräch mit Gunter Gebauer
  • Nachrichtenagentur DPA
  • Nachrichtenagentur OTS
  • Website der Deutschen Sporthilfe.
  • Website von "World Athletics"