WDR-Sport Fünf Gründe, warum die EM jetzt richtig Spaß macht
In Deutschland breitet sich das Fußballfieber aus. Die EM-Stimmung ist in der ersten Woche des Turniers deutlich gestiegen. Fünf Gründe, warum das so ist.
Es tut sich was in EM-Deutschland. In der ersten Woche des Turniers hat sich eine Stimmung ausgebreitet, die immer mehr auch jene erfasst, die Fußball sonst kaum bis gar nicht interessiert. Zu früh, um von einem neuen Sommermärchen zu sprechen. Aber es liegt etwas in der Luft, das auf mehr hoffen lässt. Und das kommt nicht von irgendwo her. Fünf Gründe, warum die EM bis jetzt so viel Freude bereitet.
#1 Die Mannschaft
Keine Frage: Ohne Siege der DFB-Elf bliebe die EM-Stimmung im Land gedämpft. Das 5:1 im Auftaktspiel gegen Schottland war eine Wohltat für das seit Jahren vom Turnierspaß entwöhnte Publikum. Das 2:0 gegen Ungarn ließ dann auch viele Zweifler aufhorchen: Da spielt eine Mannschaft, die auf Großes hoffen lässt. Das sah im Herbst noch völlig anders aus, als Deutschland gegen Österreich und die Türkei verlor.
Spieler Ilkay Gündoğan (links) und Toni Kroos beim Spiel gegen Ungarn
Hinzu kommt: Diese Mannschaft erweckt bei vielen Menschen im Land große Sympathie. Da ist zum Beispiel Kapitän Ilkay Gündoğan, der in seine Führungsrolle immer mehr hineinwächst. Da ist Superstar Toni Kroos, der als taktgebender Teamplayer sein Karriereende zelebriert. Und da sind die vielen anderen Charaktere wie Füllkrug, Rüdiger, Müller und Musiala, die in diesem Team bislang ziemlich perfekt zu harmonieren scheinen.
Nicht zuletzt ist da ein alles andere als abgehobener Bundestrainer. Nach dem Spiel gegen Ungarn zog sich Nagelsmann fürs Fernsehinterview erstmal eine kurze Hose an. Weil das für die Rückfahrt bequemer sei, wie er sagte.
#2 Die Fans in Stadien und beim Public Viewing
"Völlig losgelöst", singen die deutschen Fans im Stadion. Und sie haben schon nach dem zweiten Gruppenspiel das Finale vor Augen: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!" Dabei ist bis zum 14. Juli noch ein weiter Weg, der schließlich schon im Achtelfinale am 29. Juni enden könnte. Aber in der Masse macht man sich Mut.
Public Viewing in Köln
Und diese Massen an Fußballbegeisterten sind nicht nur in den Stadien zu finden - 2,7 Millionen Tickets wurden ausgegeben. Sie zeigen sich auch bei den zig Millionen Menschen in den großen Fanzones, bei den unzähligen anderen Public-Viewing-Gelegenheiten und durch schwarz-rot-goldene Fähnchen an Fenstern sowie pinke Trikots in Bussen, Bahnen und Büros.
Von einer "genialen Stimmung" spricht Trainer Nagelsmann. "Das macht was mit uns."
#3 Die Fans aus Europa bei uns zu Gast
Fans beim Schottlandspiel in Köln
Wenn in Supermärkten in Gelsenkirchen, Dortmund, Düsseldorf und Köln plötzlich auffällig viele Kunden Englisch, Spanisch oder "Österreichisch" sprechen, dann ist irgendetwas los im Land. Wer es bis dahin noch nicht bemerkt hat: Europa blickt in diesen Wochen freudig nach Deutschland und ist mit bestens gelaunten Fans zu Gast.
Sie ziehen singend durch die Straßen, bevölkern Biergarten und Kneipen und fühlen sich pudelwohl, wie man von vielen hört. Für gute Stimmung in NRW sorgten bislang vor allem die Schotten. Vor dem Spiel gegen die Schweiz zogen sie sogar zu Tausenden in einem Fan-Marsch mit Schottenröcken und Dudelsäcken durch die Kölner Straßen.
#4 Die friedliche Stimmung bei den meisten Fans
Es könnte auch alles ganz anders sein: Zahlreiche Massenprügeleien zwischen Fans, feindselige Großdemos gegen einzelne Nationen, ständige Pyrotechnik und Bierbecherwürfe in den Stadien bis hin zum Terror-Anschlag. Zumindest bislang hält sich die Zahl negativer Ereignisse wie die Massenschlägerei in Gelsenkirchen in Grenzen. Auch an anderen Stellen gab es vereinzelt Ärger: Die Serben zum Beispiel fühlten sich von Hassgesängen diskriminiert.
Ein Herz von Schottland für die Schweiz
Die EM-Fans in Deutschland feiern jedoch weitgehend friedlich und nicht selten nationenübergreifend ein Fest des Fußballs. Nach den bisherigen Spielen zog die Polizei trotz einzelner Probleme stets eine positive Bilanz.
#5 Die Vorfreude auf echtes Sommerwetter
Nein, das Wetter hat in der ersten Woche des Turniers nicht wirklich zur hervorragenden EM-Stimmung beigetragen. Man könnte sogar sagen: Trotz des Wetters ist die Stimmung gut. Besonderes Pech hatte die große türkische Community beim ersten Spiel der Türkei. Denn wegen der Unwettergefahr blieben die Fanzonen am Dienstag geschlossen. Trotzdem ließen sich die Fans ihre gute Stimmung nicht nehmen. Der Sieg gegen Georgien im Stadion Dortmund wog schwerer als die vom Himmel gefallenen Wassermassen.
Meteorologisch scheint einem neuen Sommermärchen zumindest in den nächsten Tagen nichts mehr im Wege zu stehen. Nach einem noch durchwachsenen Wochenende mit Wolken, Sonne und auch mal Regen wird es ab Montag richtig warm und sonnig. Das dürfte auch die EM-Stimmung noch mal richtig anheizen.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Pressemeldungen der Polizei
- Spielberichte der Sportschau
- Turnierdirektor Philipp Lahm im Interview mit dem ARD-"Morgenmagazin"
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 21.06.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.