Spiel gegen Bochum gedreht BVB - so gerade noch die Kurve gekriegt
Nach dem Stuttgart-Desaster drohte Borussia Dortmund gegen Bochum der nächste Tiefschlag. Dank Serhou Guirassy fiel der BVB nicht um. Die Erleichterung ist enorm.
Als Nuri Sahin vor einigen Wochen den Cheftrainer-Posten bei "seiner" Borussia übernahm, war ihm klar, welch heikle Aufgabe er übernommen hatte. Aber dass es so schwierig werden würde - das scheint ihn zu überraschen. Nach dem 4:2 (1:2)-Sieg über den VfL Bochum am verregneten Freitagabend (27.09.2024) schien der 36-Jährige jedenfalls mit den Nerven ziemlich runter.
"Stehst da und bist erstmal ratlos"
"Da kommt dieser erste Gegentreffer aus dem Nichts und der zweite nach einem 'Unforced Error' gleich hinterher. Da stehst du erst mal da und bist echt ratlos", gestand ein sichtlich geschaffter Sahin nach dem Spiel. Nach dem 1:5 von Stuttgart aus der Vorwoche war Borussia Dortmund mit jeder Menge Druck auf den Schultern in die Heimpartie gegen den kleinen Nachbarn VfL Bochum gegangen. Ein überzeugender Sieg sollte die Dinge wieder gerade rücken und dem Team die Unsicherheit nehmen - so der Plan.
Doch es kam ganz anders: Ein forsch und mutig auftretender VfL legte in der ersten Hälfte der Partie die Schwächen des BVB gnadenlos offen. Die viel zu langsame und dazu naiv postierte letzte Abwehrkette der Dortmunder wurde mehrfach überrumpelt. Das 0:2 nach einer halben Stunde war völlig verdient. Und hätte Bochums Angreifer Myron Boadu in der 33. Minute allein vor Keeper Gregor Kobel nicht die Nerven verloren und knapp links am Tor vorbeigeschossen - die Borussia hätte ein 0:3 wohl kaum noch aufgeholt.
Guirassy dreht auf
Es kam anders. Der BVB kam zurück. Noch vor dem Seitenwechsel sorgte der im Laufe des Spiels immer mehr aufdrehende Serhou Guirassy per Kopfball für den Anschluss. Und dann holte der guineische Stürmer im zweiten Abschnitt den Elfer zum 2:2 heraus und krönte seine Leistung mit der Vorentscheidung zum 3:2.
Was letztlich für jede Menge Erleichterung auch und vor allem bei Nuri Sahin sorgte. Und der fand nach dem Einräumen der Schwächen ("Unsere Restverteidigung war zu Beginn ganz schlecht") dann auch rasch lobende Worte für sein Team. "Die Jungs sind trotz des Rückstands klar geblieben und haben weiter mit viel Druck und Energie nach vorn gespielt. Und so fand ich, dass wir am Ende auch verdient gewonnen haben."
"Es ist ein Prozess"
Der Kopf konnte also noch einmal aus der Schlinge gezogen werden. Kaum auszudenken, was rund um den Borsigplatz los gewesen wäre, wenn's auch gegen Bochum schief gegangen wäre. "Das was wir hier erarbeiten, ist ein Prozess", wird Sahin nicht müde zu sagen. Sein Team befinde sich mitten in einer Entwicklung, erklärt er immer wieder.
So wie Bayer Leverkusen möchte er seine Jungs sehen: Mit einem Selbstverständnis im Spiel nach vorn und viel Resilienz, wenn es mal nicht so läuft. "Leverkusen ist letztes Jahr auch immer ruhig geblieben. Auch bei Rückständen. Und wie sie dann immer wieder spät zurückgekommen sind - so wollen wir auch werden", sagt Sahin.
Individuelle Fehler - das große Rätsel
Ein Selbstgänger wird das freilich nicht. Vor allem die zwar prominent besetzte, aber immer wieder extrem anfällige und unter individuellen Fehlern leidende Hintermannschaft bereitet den BVB-Anhängern Sorge.
Wer kann schon wirklich ergründen, was einen Top-Verteidiger wie Nico Schlotterbeck dazu veranlasst, seinen Keeper Kobel vor dem 0:2 so fies halbhoch anzuspielen, dass dessen Ballverlust gegen einen pressenden Stürmer quasi vorbestimmt ist? Schon Pascal Groß' ungenauer Pass eine Sekunde zuvor zurück zu Schlotterbeck war mies. Aktionen und Fehler wie diese - von gestandenen Nationalspielern - sind es, die dem BVB immer wieder passieren. Und sie sind es, die dem Team sportlich den Hals brechen werden, sollten sie nicht abgestellt werden können.
"Wichtige Erkenntnisse aus jedem Spiel"
"Wir ziehen aus jedem Spiel im Moment wichtige Erkenntnisse", versichert Sahin. Für die Saison des BVB und die noch junge Trainerkarriere Sahins wird wichtig sein, dass er und sein Trainerteam schnell auch die richtigen Schlüsse ziehen. Und passende Maßnahmen ergreifen. Sonst droht dem BVB die nächste wirklich unbefriedigende Spielzeit.