Analyse | Unions erste Saisonniederlage Unions erste Saisonniederlage in der Analyse: Der Weg ist das Ziel
Am fünften Spieltag kassiert der 1. FC Union seine erste Pflichtspielniederlage der Saison 2024/25. Trotz des 0:1 gegen Borussia Mönchengladbach sieht Trainer Bo Svensson seine Mannschaft auf einem guten Weg. Von Till Oppermann
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 war für viele Deutsche ein Sommermärchen. Den Soundtrack dazu hat unter anderem Xavier Naidoo gesungen. "Dieser Weg wird kein leichter sein", heißt es in einem seiner Lieder. Ein Satz, der seine eigene Karriere beschreibt - geriet er doch wegen seiner politischen Ansichten in die Kritik.
Mindestens genauso gut passt dieser Satz aber auch zum 1. FC Union Berlin. Die Eisernen verloren ihr Auswärtsspiel in Mönchengladbach am Samstagnachmittag in der 96. Minute mit 0:1. Die anderthalb Stunden vorher wirkte es so, als würde der FCU darauf hoffen, 0:0 zu spielen. Spaß kann dieses Fußballspiel niemandem gemacht haben.
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Union defensiv
Man sei enttäuscht, sagte Trainer Bo Svensson auch deshalb nach der späten Niederlage in Gladbach. Das späte Gegentor habe wehgetan. "Aber wir haben wieder gesehen, dass der Weg, auf dem wir sind, gut ist", so Svensson weiter. Nach einem Spiel, das der Sky-Konferenzreporter als "grauenhaft" bezeichnete, klingt das etwas euphemistisch. Aber: Nach fünf Ligaspielen ist klar, dass Bo Svenssons 1. FC Union eine Mannschaft ist, die sich über ihre Defensive definiert.
Als der linke Flügelverteidiger Tom Rothe - ein offensivstarker Spieler - zur Halbzeit ausgewechselt wurde, setzte der Trainer nicht auf den ähnlich veranlagten Robert Skov. Stattdessen wurde Innenverteidiger Diogo Leite auf die linke Seite beordert. Hauptsache stabil stehen! - So definiert sich Unions Fußball in den ersten Wochen der neuen Saison. Verglichen zur Vorsaison ist das ein Quantensprung.
Zurück zu den alten Tugenden - Zu wenig Fußball
Was Union seit dem Aufstieg in die Bundesliga ausgezeichnete, war die Defensive. Weil die Mannschaft auch in der vergangenen Saison, als es sportlich nicht gut lief, die laufstärkste der Bundesliga war, sprach Svensson seit seinem Amtsantritt häufig davon, auf den Union-Tugenden aufbauen zu wollen. Kampf, Einsatz und Leidenschaft, auch wenn es manchmal unfair ist.
Nach dem Spiel in Mönchengladbach ist Union das Team, das ligaweit am häufigsten foult. Knapp 123 Kilometer liefen die Unioner und standen am Ende doch mit leeren Hände da. Unnötig sei die Niederlage gewesen, so Abwehrchef Kevin Vogt, und: "Wir können vorher den Ball besser wegspielen und wenn du in der 96. Minute ein Tor kassierst, ist das bitter."
"Spielen" ist ein gutes Stichwort, denn genau das gelingt Union unter Svensson noch zu selten. Die 68-prozentige Passquote gegen Gladbach ist im Ligavergleich extrem schwach. Vogt hat zwar Recht, wenn er sagt, Union sei in der zweiten Hälfte die bessere Mannschaften gewesen. Aber von insgesamt neun Schüssen gingen nur drei aufs Tor. Ex-Unioner Moritz Nicolas im Tor der Fohlen hatte einen ruhigen Nachmittag, weil Union nicht den Eindruck erweckte, gierig darauf zu sein, ein Tor zu schießen.
Zwei Szenen waren dafür symptomatisch: Nach einer halben Stunde spielte Jeong eine Ecke wie einen Flachpass im Mittelfeld in die Füße eines Gladbacher Verteidigers. Und im zweiten Durchgang entschied sich der eingewechselte Yorbe Vertessen nicht dafür, den Ball von der Grundlinie scharf in den Strafraum zu spielen. Stattdessen drehte er sich um die eigene Achse und dribbelte sich fest.
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Svensson will sich treu bleiben
Ab der 70. Minute spielte Union die meiste Zeit in Gladbachs Hälfte. Klare Torchancen ergaben sich nicht. So fühlte sich das Gegentor in der sechsten Minute der Nachspielzeit zwar unfair an, wie Svensson sagte: "Es ist bitter, so spät noch ein Gegentor zu bekommen - und so viel Nachspielzeit gibt es in der Bundesliga auch nicht oft."
Doch trotz der langen Nachspielzeit war das Gegentor nicht unverdient. Denn spätestens ab der 90. Minute ging es nur noch auf den Kasten der Eisernen. Coach Svensson will sich davon aber nicht beirren lassen: "Jetzt verarbeiten wir das, dann blicken wir nach vorne und werden unserem Weg treu bleiben."
Kapitän Rani Khedira sagte nach dem späten K.O.-Schlag: "Wir wollten kein Gegentor bekommen. Das ist uns über weite Strecken gelungen." Wenn dieser Ansatz weiter verfolgt wird, können sich alle Eisernen darauf einstellen, dass die Spiele ihrer Mannschaft weiter torarm bleiben werden. Obwohl noch nicht alle Partien des 5. Spieltags gespielt sind, sind Union-Spiele, mit 1,4 Toren im Schnitt, die langweiligsten und ereignisärmsten der 1. Fußball-Bundesliga.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich das in dieser Saison ändern wird. Acht Punkte aus den ersten fünf Spielen lassen allerdings ebenfalls erahnen, was nicht zu erwarten ist: Mit dem Abstiegskampf wird der 1. FC Union in dieser Spielzeit nichts zu tun haben. Daran ändert auch ein spätes Gegentor in Mönchengladbach nichts. Das ist Teil des Weges.
Sendung: rbb24, 28.09.2024, 21:45 Uhr