
NDR-Sport HSV - Zu wenig Dynamik, Druck und Dringlichkeit für Platz eins
Der HSV hat beim 1:1 in Regensburg mal wieder eine Chance liegen gelassen, sich an die Tabellenspitze der 2. Liga zu setzen. Das auch, weil der Auftritt des Teams von Merlin Polzin ein kleiner Rückfall war. Mit Blick auf das Topspiel gegen Kaiserslautern muss der Trainer Anpassungen vornehmen.
Das Internet war natürlich schnell. Quasi mit dem Abpfiff des Remis des HSV in Regensburg geisterten die ersten Memes auf Instagram, Facebook und Co. umher. Das Thema, man kennt es aus den vergangenen Jahren zur Genüge: das regelmäßige Hamburger Stolpern gegen - wahlweise - einen Aufsteiger oder ein Team aus dem unteren Tabelendrittel.
Vorlage an das jeweilige Spiel angepasst und zack, raus damit - tausende Likes und Häme-Emojis sind garantiert. Die Vorlagen dafür, dass es diesen sozial-medialen Reflex gibt, liefert der HSV verlässlich selbst. Er hat es in mittlerweile sieben Zweitliga-Jahren oft getan. Er tat es auch am Sonntag, selbst wenn Davie Selke mit seinem späten Ausgleich den aus Hamburger Sicht größtmöglichen Unfall abwendete (83.).
HSV verpasst Tabellenführung - mal wieder
Natürlich war der späte Punkt - zumal nach Emir Sahitis Platzverweis (76.) - ein kleiner moralischer Erfolg. Und ja, einige Faktoren hatten dem Polzin-Team nicht in die Karten gespielt. Doch weder der holprige Platz noch der frühe - zumal selbstverschuldete - Rückstand (6.) konnten nach einem eigentlich guten Beginn den insgesamt mauen Vortrag beim Tabellenletzten erklären.
Denn entscheidender: Weder Körpersprache - der Jahn gewann eigentlich alle entscheidenden Zweikämpfe - noch Dynamik, Druck und Dringlichkeit stimmten. Schon gar nicht für ein Team, das am Sonntag hätte Tabellenführer werden können. In dieser Hinsicht erinnerte die Partie erschreckend an eines der schwächsten Spiele der Saison: das 1:1 in Ulm.
Auch gegen den anderen SSV hatte der HSV sich im Wissen um die eigene höhere Qualität zu einem Sieg "mogeln" wollen. Und, um die Analogie abzuschließen: Auch im Dezember in Ulm hätten die Hamburger, zumindest temporär, Tabellenführer werden können.
"Wir sind nicht an unser Maximum gekommen. Wir können nicht zufrieden sein."
— HSV-Torschütze Davie Selke
Dass es am Sonntag damit nach den Ausrutschern der Konkurrenz - Kölns Niederlage in Magdeburg und Kaiserslauterns 0:0 gegen Hannover 96 - wieder nichts wurde, ärgerte Polzin. Mehr aber noch, dass der Auftritt im Vergleich zu den soliden fünf Partien zuvor einen kleinen Rückfall bedeutete. Der 34-Jährige bemängelte, dass sein Team "nicht so zwingend war wie erhofft". Und auch wenn er nicht konkret wurde, hatte er "einige Dinge" gesehen, "die uns nicht so gut gefallen haben".
Kaiserslautern kommt zum Topspiel
Torschütze Selke wurde da schon deutlicher. Der 30-Jährige, der per Elfmeter ausglich, zuvor aber auch einen Strafstoß verschossen hatte (54.), kritisierte, "dass wir nicht an unser Maximum gekommen sind. Wir können nicht zufrieden sein." Vor allem spielerisch fand der Mittelstürmer den Auftritt nicht gut. "Das müssen wir analysieren, um dann am Freitag zu Hause ein anderes Gesicht zu zeigen." Dann kommt der punktgleiche 1. FC Kaiserslautern zum Topspiel ins Volksparkstadion (18.30 Uhr, im NDR Livecenter).
Schonlau wird zum Sicherheitsrisiko
Mit Blick auf das wegweisende Duell wird Polzin sich auch hinsichtlich der Aufstellung Gedanken machen müssen. Denn erstmals muss er sich vorwerfen lassen, dass er sich ein wenig verkalkuliert hat, indem er Sebastian Schonlau anstelle von Daniel Elfadli aufstellte. Eine Entscheidung, die nicht aufging, denn der Kapitän war ein Sicherheitsrisiko. Natürlich war das 0:1 durch Sargis Adamyan nach einer kollabierten Konterabsicherung vor allem ein kollektiver Fehler. Das Laufduell mit Vorlagengeber Eric Hottmann verdeutlichte aber auch (mal wieder), dass es dem 30-Jährigen massiv an Tempo mangelt.
Und auch in puncto Zweikampfstärke, Antizipation und Passqualität - ehemals Stärken Schonlaus - offenbarte er eklatante Schwächen. Sinnbildlich die 21. Minute, als er - unter Druck - einen Pass ans eigene Außennetz spielte.
Elfadli ist stabiler und dynamischer
Dass der eingewechselte Elfadli, in dieser Saison sowohl im defensiven Mittelfeld als auch im Abwehrzentrum bislang der stärkste Hamburger, als Defensiv-Joker mit seinem beherzten Vorstoß den zweiten Elfmeter erzwang, passte da zusätzlich ins Bild. Der Deutsch-Libyer ist schlicht stabiler, vor allem aber auch mit Blick auf das eigene Spiel dynamischer. Immer wieder setzt er - egal in welcher Rolle - zu Läufen im Zentrum an und durchbricht so die erste Pressinglinie des Gegners.
Gegen Kaiserslautern wird es am Freitag beides in hohem Maße brauchen: defensive Robustheit und Tempo sowie offensive "Spielauslösung" aus dem Zentrum heraus. Der HSV könnte gegen den FCK übrigens wieder einmal an die Tabellenspitze springen. Sollte das nicht gelingen, hagelt es, das ist sicher, wieder Memes im Netz.
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Sportclub | 16.02.2025 | 22:50 Uhr