NDR-Sport "Geile Energie" - HSV nimmt gegen Köln Stufe eins des 17-Spiele-Plans
Der HSV hat am Samstagabend beim Sieg über den 1. FC Köln eine konzentrierte und kontrollierte Leistung gezeigt. Gegen die Rheinländer gelang speziell in der Offensive beileibe nicht alles, Energie und Einsatz aber stimmten. Daran wollen die Hamburger gegen Hertha BSC anknüpfen.
Davie Selke hatte am Ende des für den HSV gelungenen Abends dann doch noch etwas zu bekritteln. "Das geht so nicht", zürnte der Stürmer nach dem knappen, aber verdienten 1:0-Erfolg gegen seinen Ex-Club 1. FC Köln - und meinte damit den Rasen im Volksparkstadion. Das glitschige Geläuf war alles andere als auf Topniveau.
Auch im Spiel des HSV genügte beileibe nicht alles höchsten Ansprüchen. Und doch hatten Selke und Co. zum Jahresauftakt gegen die zuvor seit Oktober ungeschlagenen Rheinländer vieles gezeigt, was es für ein erfolgreiches Aufstiegsrennen brauchen wird: Energie, Einsatz - und auch ein Stück weit Resilienz. Der doppelte Lohn: den FC überholt und zumindest temporär Tabellenplatz eins.
Und so wich der Rasenärger beim 29-Jährigen schnell einer Riesenfreuede. Ausgelassen hüpfte er Arm in Arm mit Teamkollege Daniel Elfadli vor der Nordtribüne über das kurz zuvor noch so verschmähte Grün. "Wir haben im Trainingslager 17 Spiele ausgerufen, in denen wir genau das auf den Platz bringen wollen, was wir heute gezeigt haben", erklärte Selke.
"Man hat das Volksparkstadion wie in besten Zeiten erlebt, es war eine richtig geile Energie."
— HSV-Trainer Merlin Polzin
So sah es auch sein Trainer Merlin Polzin, der vor allem - wie schon seit Wochen - den für den avisierten Bundesliga-Aufstieg nötigen Zusammenhalt hervorhob. "Am Ende haben wir die große Geschlossenheit gesehen", sagte der 34-Jährige, der sich als Chefcoach immer mehr freischwimmmt: "Man hat das Volksparkstadion wie in besten Zeiten erlebt, es war eine richtig geile Energie."
Besonders freute den gebürtigen Hamburger, dass die Null stand, "daran haben wir im Winter viel gearbeitet. Mit Aggressivität und Laufbereitschaft wollten wir es den Kölnern schwer machen". Das gelang über weite Strecken der Partie sehr gut. Am gefährlichsten wurde es kurz vor Schluss, als Torhüter Daniel Heuer Fernandes einen Schuss des eingewechselten Marvin Obuz im kurzen Eck per Fußabwehr parierte (89.).
Meffert: "Sehr reife Leistung"
In der Offensive gelang gegen die im Vergleich zum Saisonbeginn deutlich stabilisierte Kölner Defensive, die nur drei Gegentore in den sieben Ligaspielen zuvor kassiert hatte, beileibe nicht alles. Einsatz, Energie und Wille übertünchten manch spielerischen Lapsus. Oftmals stimmten Wege und Absprachen (noch) nicht. Spätestens der letzte Pass war allzu häufig ein Ballverlust.
Für Jonas Meffert, der anstelle des noch angeschlagenen Sebastian Schonlau als Kapitän aufgelaufen war, war der Sieg dennoch verdient. "Das war schon eine sehr, sehr reife Leistung", sagte der 30-Jährige. "Wir haben keine individuellen Fehler gemacht oder keine, die zu Gegentoren geführt haben. Das ist vielleicht so ein kleiner Unterschied."
Königsdörffers Treffer mit Symbolwert
Die Mannschaft hat Polzins Idee vom Fußball scheinbar verinnerlicht. "Es ist ganz klar, wie wir Fußball spielen wollen. Mit welcher Struktur, in welchem Spielrhythmus und in welchen Zonen wir einfach aktiv sein wollen", erklärte Torwart Heuer Fernandes. "Jeder weiß, was wir vorhaben, jeder weiß, worum es geht." Und genau so, befand Meffert, habe sich die Mannschaft "dieses Glück einfach dadurch erarbeitet, dass wir permanent drangeblieben sind und weitergemacht haben".
Das Siegtor von Ransford-Yeboah Königsdörffer taugte somit perfekt zum Sinnbild. Der eingewechselte 23-Jährige zeigte erst den Mut, sich des wichtigen Strafstoßes - der ebenfalls eingewechselte Marco Richter war gefoult worden - anzunehmen. Dann schoss er denkbar schwach, setzte aber nach und netzte den Abpraller von FC-Torhüter Marvin Schwäbe zum Treffer des Abends ein (78.).
"Für uns gilt es, jetzt Woche für Woche so eine Stimmung zu kreieren und aufzubauen. Das wird nicht immer gelingen, aber wir können die Wahrscheinlichkeit erhöhen."
— HSV-Stürmer Davie Selke
Dranbleiben, hinterhergehen, sich nicht entmutigen lassen, zweite Chancen nutzen - mit dieser Formel traf Königsdörffer im zweiten Anlauf und sicherte den Hamburgern den gelungenen Auftakt in die Rückrunde. Mit dieser Formel soll auch diese als Ganzes bestritten werden, sagte auch Trainer Polzin nach dem "verdienten Arbeitssieg". Denn zu hoch wollte er dessen Bedeutung nicht hängen: "Ab morgen geht es weiter".
So sah es auch Stürmer Selke: "Für uns gilt es, jetzt Woche für Woche so eine Stimmung zu kreieren und aufzubauen. Das wird nicht immer gelingen, aber wir können die Wahrscheinlichkeit erhöhen." Mit Blick auf den 17-Spiele-Plan sei die Mannschaft am Sonnabend "einen Schritt näher gekommen. Jetzt haben wir noch 16 Spiele." Das nächste am kommenden Sonnabend im Berliner Olympiastadion bei Hertha BSC (20.30 Uhr, im NDR Livecenter).
Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 19.01.2025 | 22:50 Uhr