NDR-Sport Gamesright vs. Tipico: Vergleich vor dem BGH gescheitert
Die Vergleichsgespräche zwischen Tipico und "Gamesright" im Sportwettverfahren vor dem Bundesgerichtshof (Aktenzeichen I ZR 90/23) sind gescheitert. Es geht um die Erstattung von Verlusten bei unerlaubten Online-Sportwetten. Der BGH wird nun einen neuen Verhandlungstermin ansetzen.
Das bestätigte Hannes Beuck, einer der Gründer von Gamesright: "Der BGH wird nun einen neuen Verhandlungstermin ansetzen. Ich bin überzeugt, dass dieser im Sinne der Verbraucher entscheiden wird. Diese konnten nicht ahnen, dass namhafte Anbieter verbotene Sportwetten angeboten haben." Die Firma mit Sitz in Hamburg hat es sich zur Aufgabe gemacht, "Betroffenen Geld zurückzuholen, das sie bei Online-Wetten verloren haben".
Verjährungsfrist rückt in den Fokus
Nun könnte sich der BGH auch erstmals näher mit der maßgeblichen Verjährungsfrist in Sportwettenfällen befassen. Tipico vertritt die Auffassung, dass Ansprüche der Spieler bereits nach drei Jahren verjähren sollten. Die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung geht demgegenüber bisher von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus. Der Verbraucher, der in diesem BGH-Fall 2021 Klage eingereicht hatte, hatte im Zeitraum von 2013 bis 2018 gewettet. Es gehe zwar, so Beuck, um eine verhältnismäßig geringe Summe von 3.719,26 Euro. Der Prozess könnte aber, sollte der Kläger Recht bekommen, "eine Welle lostreten".
Gerade erst hatte der BGH einen Hinweisbeschluss erlassen, in dem er ausgeführt hat, dass Sportwettenanbieter ohne Konzession ("Lizenz") grundsätzlich erstattungspflichtig sein dürften. Das Thema der Verjährung hatte er darin offen gelassen.
Die Verjährung entscheidet maßgeblich darüber, welche Rückzahlungssumme für die Anbieter auf dem Spiel steht. Der Schwarzmarkt zwischen 2014 und 2021 wird für Deutschland auf 20 Milliarden Euro geschätzt. "Es geht um einen Erdrutsch für die Sportwettanbieter und einen immensen Schaden. Für uns zählt der Verbraucherschutz", so Beuck.
Online-Sportwetten erst seit 2020 offiziell erlaubt
Erst im Zuge des Glücksspielstaatsvertrages 2020 wurden Online-Sportwetten in Deutschland offiziell erlaubt, als die notwendigen Konzessionen vergeben wurden. Zuvor waren sie seit 2008 vollständig verboten. Die Anbieter boten ihre Wetten deshalb aus dem Ausland an, betrieben deutschsprachige Internetseiten und bewarben diese mit Prominenten. Für den Verjährungsbeginn kommt es in der Regel darauf an, dass der Anspruchsteller überhaupt Kenntnis von einem Rückzahlungsanspruch hat. Allerdings dürften nur die wenigsten Wettteilnehmer von den fehlenden Lizenzen der Anbieter gewusst haben.
Die jüngere Geschichte von Online-Sportwetten in Deutschland
- Bis 2008 hatte der Staat ein Monopol auf Sportwetten: Der Staat ("Oddset") durfte Sportwetten online anbieten, im Gegensatz zu privaten Veranstaltern.
- Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied: Gleiches Recht für alle, auch für die anderen Anbieter.
- Der deutsche Gesetzgeber hielt das für unverantwortlich und verbot Online-Sportwetten vollständig, auch für den Staat.
- Dessen ungeachtet boten Sportwetten-Konzerne ihre Wetten über das Internet exzessiv an, zumeist aus dem europäischen Ausland.
- Um dem illegalen Sportwettgeschäft Einhalt zu gebieten, einigten sich die Bundesländer 2012 auf den 1. Glücksspielstaatsvertrag. Bis zu 20 Anbieter sollten Ausnahmegenehmigungen für Sportwetten im Internet erhalten können.
- Gegen diese Beschränkung auf 20 Konzessionen klagten etliche nicht berücksichtigte Anbieter erfolgreich und verhinderten die Lizenzvergabe.
- Der von den Anbietern als "Grauzone" bezeichnete Zustand bestand damit fort.
- Vor allem Anbieter aus Malta, Gibraltar und Curacao dominierten ohne deutsche Erlaubnis den Markt der nach dem Gesetz verbotenen Online-Sportwetten.
- Erst mit dem Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag wurde 2020 die Beschränkung auf 20 Anbieter aufgehoben.
- Im Oktober 2020 wurden die ersten Konzessionen für Online-Sportwetten vergeben.
Der Verbraucher im konkreten Fall hatte die beiden Vorinstanzen an Amtsgericht und Landgericht verloren. Entsprechend zuversichtlich gibt man sich beim beklagten Anbieter Tipico. Der steht auf dem Standpunkt, dass Deutschland mit seinem Verbot "über viele Jahre hinweg EU-Recht verletzt" habe, wie ein Sprecher sagte.
Die Begründung des Wettanbieters: "Bis Oktober 2020 durfte Tipico auf Basis der bereits seit 2004 erteilten maltesischen Sportwettlizenz und auf Basis der Dienstleistungsfreiheit des Binnenmarktes der Europäischen Union ihr Angebot auch in Deutschland legal anbieten."
Beuck: "Verbrauchern steht ihr verlorenes Geld zu"
"Gamesright" sieht das anders und gibt sich seinerseits siegesgewiss, da in jüngerer Vergangenheit viele Urteile von Oberlandesgerichten in Deutschland zugunsten von Klägern ausfielen. "Die Glücksspielbranche betrieb jahrelang illegale und grundsätzlich verbotene Geschäfte. Sie hätten das Geld der Verbraucher nicht annehmen dürfen. Den Verbrauchern steht deshalb ihr verlorenes Geld zu", so Beuck.
Gamesright interpretiere zudem den Hinweis des BGH so, "dass Spieler auch Anspruch auf Erstattung ihrer Einzahlungen nach Lizenzerteilung haben können. Das gilt insbesondere dann, wenn Anbieter gegen das Einzahlungslimit von 1.000 Euro im Monat verstoßen haben. Nach unserer Ansicht sind dies die meisten."
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Sportclub | 25.02.2024 | 22:50 Uhr