Der englische Fußball-Nationalspieler Harry Kane bejubelt sein Tor zum 2:0 gegen Finnland

Bayern Münchens Stürmer Der "Kulturschock" des Harry Kane: Erst Wembley, nun Kiel

Stand: 11.09.2024 12:02 Uhr

Superstar Harry Kane hat am Mittwochabend sein 100. Spiel für die englische Fußball-Nationalmannschaft bestritten. Beim 2:0-Erfolg der "Three Lions" im Nations-League-Duell mit Finnland feierten über 70.000 Fans den Stürmer mit stehenden Ovationen. Am Sonnabend wartet auf den Torjäger eine weitaus kleinere Kulisse, wenn er mit Bayern München bei Holstein Kiel gastiert.

Ein Mann der großen Gesten war Harry Edward Kane noch nie. Der 31-Jährige erfreut sich auch deshalb bei den Anhängern so großer Beliebtheit, weil er stets bescheiden geblieben ist. Und so schien es dem vierfachen Familienvater am Mittwochabend beinahe etwas unangenehm, als sich nahezu alle der 70.221 Zuschauer im Wembley-Stadion bei seiner Auswechslung erhoben und ihn mit Standing Ovations verabschiedeten.

Es lief die 80. Minute, als Englands neuer Coach Lee Carsley Kane zu sich beorderte. Der Stürmer streckte vor dem Gang zur Außenlinie die Arme in die Höhe, klatschte als Dank für die Sympathiebekundungen der Fans in die Hände und setzte sich schließlich auf die Ersatzbank, um von dort aus die verbleibende Spielzeit zu verfolgen. Mit seinen Länderspiel-Toren 67 und 68 hatte er zuvor für die 2:0-Führung des Vize-Europameisters gesorgt. Das Ergebnis hatte auch nach dem Schlusspfiff Bestand, sodass es der perfekte Abend für Kane in seinem Jubiläumsspiel wurde.

Bayern-Profi auf dem Weg zum Rekordnationalspieler

Kane ist der zehnte englische Nationalspieler, der die Marke von 100 Länderspielen erreicht hat. Der 31-Jährige hat gute Chancen, den Rekord des ehemaligen Torhüters Peter Shilton von 125 Einsätzen im Dress der "Three Lions" zu brechen. Für sein Jubiläumsspiel bekam der Rekordtorschütze Englands vor dem Anpfiff eine goldene Kappe von Frank Lampard und Ashley Cole überreicht, die ebenfalls Englands "Club der Hunderter" angehören. Seine zwei Töchter durften dafür mit auf den Platz, sie trugen England-Shirts mit der Nummer "100" und dem Namen "Daddy".

"Das war ein großer Abend für mich und ich bin wirklich stolz, 100 Länderspiele erreicht zu haben", gab der 31-Jährige nach der Partie einen Einblick in sein Seelenleben. Typisch Kane: Nahezu im selben Atemzug betonte er, dass es nicht um ihn, sondern das Team ging: "Ich möchte Tore schießen und der Mannschaft helfen. Dementsprechend war es großartig, dass es geklappt hat."

Ein Superstar ohne Skandale

In den Tagen vor der Partie hatte der bevorstehende 100. Länderspiel-Einsatz des Deutschland-Legionärs den englischen Blätterwald bestimmt. Dabei tat sich die berühmt-berüchtigte "Yellow Press" allerdings schwer, große Schlagzeilen über den gebürtigen Londoner zu produzieren. Denn Kane verweigert sich erfolgreich, auch die sogenannte Regenbogenpresse mit Skandalen zu versorgen.

Mit seinem unprätentiösen Auftreten und seiner bescheidenen Art würde er eigentlich besser zu einem kleinen Verein wie Holstein Kiel als zum großen FC Bayern passen, der vom Boulevard ja gerne auch als "FC Hollywood" tituliert wird, wenn an der Säbener Straße wieder einmal einer der "Mia san Mia"-Münchner über die Stränge schlägt.

Kane am Sonnabend erstmals im Holstein-Stadion

Am Sonnabend (18.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) wird Kane nun erstmals in seiner Laufbahn im Holstein-Stadion auflaufen. Natürlich nicht für die KSV, die sein kolportiertes Jahresgehalt von 25 Millionen Euro nur dann bezahlen könnte, wenn sie dem Rest des aktuellen Kaders sofort zum ortsansässigen Jobcenter schicken würde. Einer der weltbesten Stürmer gastiert mit einem der weltbesten Clubs an der Förde.

Statt wie noch am Mittwochabend im Wembley-Stadion über 70.000 Zuschauer werden Kane nun nur noch knapp 16.000 Schaulustige bei der Arbeit zuschauen. Auch die Umkleidekabinen und alles andere im in der Kieler Arena entsprechen nicht ansatzweise dem Standard des legendären Fußball-Tempels in London. Auf Kane wartet also ein kleiner "Kulturschock".

Wie Arp und Co.: Kane geht den "zweiten Bildungsweg"

Die Betonung muss hierbei allerdings auf "kleiner" liegen. Denn der vor rund einem Jahr für 100 Millionen Euro von den Tottenham Hotspur zum FCB transferierte Torjäger weiß um die Besonderheiten von kleinen, engen Arenen. Zu Beginn seiner Karriere lief er selbst in Stadien mit sehr begrenzten Zuschauerkapazitäten auf. Der Superstar von heute war gestern ein "No Name", der sich durchbeißen musste.

Tottenham "parkte" den Angreifer in seinen Anfangsjahren als Profi mehrfach bei unterklassigen Clubs. Eine Zeit, die Kane prägte, wie er am Mittwochabend noch einmal unterstrich. "Als ich an Millwall, Norwich und Leicester ausgeliehen war, hätte ich nie gedacht, auf 100 Länderspiele zu kommen", erklärte der Jubilar. Mit viel harter Arbeit und einer großen Portion Demut kämpfte er sich nach oben.

Sein Credo dabei: "Wenn man im Laufe seiner Karriere an seinen Leistungen zweifelt, macht einen das noch hungriger und entschlossener, den Leuten das Gegenteil zu beweisen und sich selbst zu beweisen, dass man immer noch auf hohem Niveau spielen kann." Eine Aussage, der viele Spieler von Holstein gewiss zu 100 Prozent zustimmen werden. Denn auch Akteure wie Fiete Arp, Finn Porath, Marvin Schulz oder Timo Becker brauchten den "zweiten Bildungsweg", um den Durchbruch zu schaffen.

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Schleswig-Holstein Magazin | 12.09.2024 | 19:30 Uhr