Nach 52 Länderspielen Darum kehrt Torhüterin Merle Frohms dem DFB-Team den Rücken
Mit 29 Jahren hat Torhüterin Merle Frohms am Dienstag ihren Rücktritt aus dem Nationalteam bekannt gegeben. Die Wolfsburgerin wolle den vollen Fokus auf den VfL legen, hieß es in einer Pressemitteilung. Die Gründe für den Rückzug dürften aber tiefer liegen.
52 Mal stand die gebürtige Cellerin im Tor der Nationalmannschaft, von Herbst 2019 bis zu diesem Frühjahr war sie die unangefochtene Nummer eins. Dann erklärte der damalige Bundestrainer Horst Hrubesch, sich nicht auf eine Stammtorhüterin festlegen zu wollen und rief einen Zweikampf zwischen Frohms und Ann-Katrin Berger aus.
Zweikampf mit Ann-Katrin Berger
Schicksalhaft wurden die beiden letzten Spiele vor dem Start der Olympischen Spiele: Frohms stand auf Island in der EM-Qualifikation im Tor - hinter einer äußerst wackligen Abwehr, das 0:3 war das schlechteste Spiel in der zweiten Hrubesch-Amtszeit. Die Wolfsburgerin war mitverantwortlich für das erste Gegentor. Vier Tage später durfte Berger in Hannover gegen Österreich in den Kasten. Die Keeperin aus der US-amerikanischen NWSL wurde zwar wenig gefordert, bereitete aber mit weiten Abschlägen zwei Treffer vor, strahlte zudem für Hrubesch große Souveränität aus.
Degradierung der Nummer eins
Nach fast fünf Jahren und kurz vor dem ersehnten olympischen Fußballturnier also verlor Frohms den Status als Nummer eins. Das muss ihr sehr weh getan haben. Und ebenso, dass die DFB-Verantwortlichen offenbar während der Zeit in Frankreich keinen Kontakt zur degradierten Torhüterin gesucht haben sollen. Weder das Trainerteam noch Sportdirektorin Nia Künzer haben sich dem Vernehmen nach für die Gefühlslage der 29-Jährigen interessiert. Diese so empfundene Missachtung soll ursächlich für Frohms' frühen Rücktritt gewesen sein.
Starke Leistungen von Berger bei Olympia
Die neue Nummer eins Berger spielte nicht in jeder Partie fehlerfrei, avancierte aber besonders aufgrund ihrer Qualitäten als "Elfmeterkillerin" zur Heldin des Teams und Stars des Turniers aus deutscher Sicht. Im Viertelfinale gegen Kanada parierte die 33-Jährige im Elfmeterschießen zweimal und verwandelte anschließend selbst vom Punkt. Im Spiel um Platz drei sicherte sie mit einer starken Parade beim Strafstoß von Alexia Putellas die Bronzemedaille. Sportlich also verbietet sich Kritik an der Hrubesch-Entscheidung für Berger, die anschließend zur Fußballerin des Jahres in Deutschland gewählt wurde.
"Wieder mehr Zeit für Familie und Freunde haben"
Bei seiner Antritts-Pressekonferenz am 23. August hatte der neue Bundestrainer Christian Wück auf Nachfrage erklärt, dass es "zwei Nummer Einsen" gäbe und somit erneut einen Zweikampf der beiden Torhüterinnen angekündigt. Aber Frohms informierte Wück schnell, dass sie dafür nicht zur Verfügung stehen würde. In der offiziellen Pressemitteilung wird die Torhüterin so zitiert: "Mein Land bei zwei großen Turnieren (EM 2022 und WM 2023, d.Red.) als Nummer eins vertreten zu haben, war mir eine Ehre, aber auch körperlich und mental sehr fordernd. Nun richte ich den Blick nach vorne und freue ich mich darauf, nach intensiven Jahren mit sportlicher Doppelbelastung wieder mehr Zeit für Familie und Freunde zu haben."
Bedauern beim DFB
Der Bundestrainer hat, wie er selbst bestätigte, noch versucht, die Wolfsburgerin umzustimmen, aber Frohms' Entscheidung wirkt felsenfest. "Ich hätte sehr gerne mit Merle gearbeitet und habe ihr das auch in einem persönlichen Gespräch deutlich gemacht. Merle ist eine herausragende Torhüterin, die in unseren Planungen eine wichtige Rolle gespielt hätte", so Wück.
Auch DFB-Sportdirektorin Nia Künzer erklärte, es sei nicht einfach, den Entschluss zu akzeptieren. Zudem würdigte Künzer die Leistungen Frohms im Nationalteam unter anderem bei der "herausragenden EM 2022".
Knapp fünf Jahre Nummer eins
Frohms hatte im Oktober 2018 ihr erstes Länderspiel bestritten und nach der WM 2019 die zunächst verletzte und später schwangere Almuth Schult als deutsche Nummer eins abgelöst. Bei der Europameisterschaft 2022 überzeugte sie mit starken Paraden und einer sichtbar gewachsenen Ausstrahlung, so hat sie viel zum zweiten Platz des Teams beim Turnier beigetragen. Mit dem VfL Wolfsburg holte sie als Stammkeeperin in diesem und im vergangenen Jahr den DFB-Pokal.
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Sport aktuell | 03.09.2024 | 12:17 Uhr