Beachvolleyball-Ikone Laura Ludwig - "Es war eine geile Karriere"
Perfekter Abschluss einer Bilderbuch-Karriere: Nach 20 Jahren Schmettern, Baggern und reichlich Titeln geht Olympiasiegerin Laura Ludwig in Beachvolleyball-Rente. Lust auf Neues und viel Zeit für die Familie - darauf freut sich die Hamburgerin "tierisch".
Triumphal und tränenreich, aber der finale Ball blieb unerreicht. "Emotionaler geht's einfach nicht", freut sich Laura Ludwig über einen mit Ovationen und Sprechchören garnierten Abschied von der Beachvolleyball-Bühne, der kaum besser hätte inszeniert werden können.
Strahlender Sonnenschein in Timmendorfer Strand an der Ostsee, wo die in Berlin geborene Wahl-Hamburgerin 2006 ihren ersten von sieben nationalen Titeln gewonnen hat und nun noch einmal zurückkehrte. "Es ist einfach alles gut gelaufen, ein perfekter Abschluss", sagte die 38-Jährige an diesem denkwürdigen Sonntag im Sportclub des NDR.
"Jetzt ist auch gut. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es richtig ist aufzuhören und nach Hause zu gehen."
— Laura Ludwig
Dass es diesmal an der Seite von Louisa Lippmann nur zum zweiten Platz bei den Deutschen Meisterschaften gereicht hat, dürfte für die über die Jahre auch als Party- und Dancing-Queen reüssierende Ludwig nicht mehr als eine Petitesse ihrer beeindruckenden Titelsammlung sein. Obwohl: "Verlieren mag ich auch im hohen Alter noch immer nicht", sagt sie kokett, lacht und fügt durchaus demütig hinzu: "Ich bin froh, dass ich das erleben durfte, und die 20 Jahre so durchgehalten habe."
Noch ein mal Gänsehaut am Timmmendorfer Strand
Ein "geileres Ende" ihrer Bilderbuch-Karriere könne sie sich kaum vorstellen, "auch wenn wir verloren haben". Noch einmal Gänsehaut pur, das soll es gewesen sein. Der Nervenkitzel, der wohl jeden Sportler süchtig mache, werde ihr nun vermutlich fehlen, gesteht sie. "Aber jetzt ist auch gut. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es richtig ist aufzuhören und nach Hause zu gehen." Alle Titel und Ehrungen aufzuzählen - das schafft selbst die als Legende des Beachvolleyballs weltweit bekannte 38-Jährige nicht aus dem Stegreif. "Es war eine geile Karriere" - mehr muss sie dazu eigentlich auch gar nicht sagen.
Olympiasiegerin und Sportlegende
Natürlich strahlt besonders der Olympiasieg von 2016 in Rio de Janeiro, dem ein Jahr später der erste WM-Triumph eines deutschen Frauen-Teams folgte. Kira Walkenhorst war damals ihre kongeniale Partnerin, als es gelang, die erste olympische Medaille eines weiblichen Beachvolleyball-Duos aus Europa zu gewinnen.
Da auch Walkenhorst ihre Karriere in Timmendorfer Strand endgültig beendet hat, bot sich Arm in Arm ein besonderes Bild der "Mannschaft des Jahres" von 2016 und 2017, die sich zudem seit 2020 "Sportlegende des Jahrzehnts" nennen darf. "Die Erinnerung noch mal hochzuholen und den Abschied gemeinsam genießen zu können, das war schön", sagt Ludwig.
In Köpenick fing alles an
"Laura war schon vor meiner Karriere eine Ikone", so Walkenhorst. "Ich bin sehr stolz, was wir und was Laura geschafft hat." Ein Dutzend Mal "Beachvolleyballerin des Jahres", viermal Europameisterin (2008, 2010, 2015, 2016) - schon in der Jugend gewann Ludwig Welt- und Europatitel.
Drei Jahrzehnte ist es her, dass die damals achtjährige Laura mit dem Volleyball bei ihrem Heimatverein Köpenicker SC begann. Doch ihre "Berufung" fand sie beim Beachvolleyball, obschon sie in der Saison 2003/2004 auch im Hallen-Volleyball zur Aufsteigerin des Jahres gewählt wurde.
Sportliche Comebacks - und dann: zwei Söhne
Der Ruf vom Kampfgeist einer Löwin, die nie aufgibt, ganz egal, wie viele Steine ihr in den Weg gelegt werden, haftete Ludwig schnell an. Aus gutem Grund: Im August 2004 erlitt sie im Training einen Schlaganfall, der rasch erkannt und behandelt wurde. Aufgeben war für sie keine Option. Auch nicht nach der Schulteroperation 2017, als sie ein paar Monate nach Beginn der Saison wieder den Sand unter den Füßen spüren wollte.
Eine kurze Zeit lang zumindest, denn im Juni 2018 brachte sie Sohn Theo zur Welt. Im Mai 2022 wurden sie und ihr Ehemann, der schottische Beachvolleyballtrainer Imornefe "Morph" Bowes, nach der Geburt von Lenny zum zweiten Mal Eltern.
"Logistische Herausforderung" für Mama Laura
Aufhören war für die zweifache Mutter selbst dann kein Thema. "Auch wenn es mit zwei Kindern eine logistische Herausforderung ist", so Ludwig, die mitunter Schuldgefühle plagten, wenn sie sich zu Turnieren verabschiedete. "Mit den Trennungen musste ich lernen umzugehen." Hechten, Schmettern und Baggern im Sand - das zog sie weiter magisch an. "Hin und wieder kamen Zweifel auf, ob es nicht genug ist."
Aber erst in den vergangenen Wochen und Monaten reifte, Stück für Stück und Argument für Argument, die Entscheidung aufzuhören. Was sie nach dem sieglosen Ausscheiden bei ihren fünften Olympischen Spielen in Paris scheinbar spontan verkündete.
Abschied bei Olympia: Es folgten Wochen voller Tränen
"Ich bin langsam zu alt, muss das den jungen Leuten überlassen", meinte Ludwig damals mit einem schelmischen Lächeln. Es folgten Wochen mit vielen Tränen, verrät sie im Sportclub des NDR. "Die Kinder haben's auch gemerkt, dass was los ist. Weil Mama dauernd am Weinen war."
Auch beim internationalen Goodbye am Hamburger Rothenbaum kullerten die Tränen. "Es gab viele Abschiede, viele Erinnerungen", so Ludwig, die auf einem Fan-Plakat in Timmendorfer Strand stimmig als "lässig, laserstark, laut und legendär" charakterisiert wurde.
Ludwigs Lust auf Neues
"Was auch immer kommen wird, ich habe Bock auf einen Neustart, neue Projekte und werde dem Sport, dem Beachvolleyball bestimmt verbunden bleiben." Das hat sie schon angekündigt und mit sprichwörtlicher "Berliner-Schnauze" hinzugefügt: "So schnell werdet ihr mich nicht los." Was sie gelernt habe, wolle sie weitergeben. "Was genau es sein wird, kann ich jetzt gerade nicht sagen, aber ich habe keine Angst davor."
Show-Auftritte in Utrecht und Miami
Zwei Show-Auftritte stehen in Utrecht und Miami noch auf dem Programm. In Florida spielt sie mit Agatha, der Rio-Finalgegnerin aus Brasilien, die mit vollem Namen Bednarczuk Rippel heißt, und gleichfalls in Beachvolleyball-Rente geht. Die erste Geige aber werde im Hause Ludwig-Bowes nun auf jeden Fall die Familie spielen.
Im Sand am Timmendorfer Strand hat es Mama Laura nach dem letzten Ballwechsel schon mal praktiziert. Die Lust auf Neues treibt sie nun um. Und: "Der Große kommt in die Schule - darauf freue ich mich tierisch."
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Sportclub | 01.09.2024 | 23:00 Uhr