Wegbegleiter über Neu-Trainer Florian Kohfeldt Wegbegleiter über Neu-Trainer Florian Kohfeldt: "Ich schulde ihm noch ein Kaltgetränk"
Florian Kohfeldt steht vor seinem ersten Spiel mit dem SV Darmstadt 98. Hier erinnern sich journalistische Wegbegleiter seiner vorherigen Stationen an seine Arbeit - und den persönlichen Umgang mit dem Coach.
Am Samstag (13 Uhr) steht Florian Kohfeldt zum ersten Mal für die Lilien an der Seitenlinie. Der hr-sport hat bei ehemaligen journalistischen Wegbegleitern nachgefragt, wie sie ihn erlebt haben.
Björn Knirps, Deichstube, SV Werder Bremen (2017-2021)
Eigentlich bin ich Florian Kohfeldt noch ein Kaltgetränk schuldig. Bei seinem ersten Trainingslager als Werder-Chefcoach im spanischen Algorfa hatte mein Handy während einer Medienrunde mit ihm geklingelt. Seinen alles andere als dezenten Hinweis auf meinen Fauxpas verknüpfte er nicht nur mit einem breiten Grinsen, sondern eben auch mit dem Hinweis, dass ich ihm bei Gelegenheit mal einen ausgeben müsse.
Kohfeldt wollte mich damit aber keineswegs vorführen, ihm war vielmehr daran gelegen, dass die Arbeitsatmosphäre auch immer eine gewisse Lockerheit beinhaltete. In Algorfa erlaubte er uns Journalisten übrigens auch, die Trainingseinheiten direkt am Spielfeldrand zu verfolgen, weil wir ansonsten - wegen der örtlichen Gegebenheiten - weit weg oben auf einem Berg hätten stehen müssen. Als Gegenleistung wünschte er sich, dass wir nicht jedes Wort auf dem Platz auf die Goldwaage legen sollten. Vertrauen ist ein hohes Gut.
Kohfeldt hat sehr viel Einblick in seine Arbeit gegeben und Abläufe gerne ausführlich erklärt. Das hilft enorm, um Zusammenhänge zu verstehen. Im Misserfolg wurde ihm allerdings vorgeworfen, er wolle damit nur ablenken. Das ist schon hart! Deswegen bin ich gespannt, wie offen er sich in Darmstadt präsentieren wird. Bei seiner ersten Pressekonferenz war - aus der Ferne betrachtet - jedenfalls wieder der Florian Kohfeldt zu erkennen, der vor allem eines vermitteln will: seinen großen Spaß am Fußball. Das machte schon Lust auf ein Kaltgetränk in Darmstadt...
Flroian Kohfeldt nach dem Sieg des SV Werder in Dortmund.
Jan-Dirk Bruns, Radio Bremen, SV Werder Bremen
Florian Kohfeldt hat die Bremer Mannschaft im Abstiegskampf übernommen und gleich mit mutigem Fußball den Klassenerhalt geschafft. Das war schon sehr bemerkenswert. Er wurde nicht umsonst zum 'Trainer des Jahres' gekürt. Die sportliche Entwicklung der Mannschaft und sein eigenes Auftreten in der Öffentlichkeit machten ihn schnell auch über die Grenzen Bremens bekannt und beliebt, sodass Werder ihn langfristig binden wollte, denn Kohfeldt weckte Begehrlichleiten. Sogar Borussia Dortmund soll an seiner Verpflichtung interessiert gewesen sein.
Er weckte Begehrlichkeiten. Sogar Borussia Dortmund soll an ihm dran gewesen sein. Jan-Dirk Bruns, Radio Bremen
In der darauffolgenden Saison hat er mit Werder nur knapp das internationale Geschäft verpasst. Werder wollte dann mehr und formulierte mit Kohfeldt das Ziel, wieder ins internationale Geschäft zurückkehren zu wollen. Niclas Füllkrug kam hinzu und riss sich direkt zu Saisonbeginn das Kreuzband. Die Mannschaft geriet in einen Abwärtsstrudel und rettete sich erst in der Relegation mit zwei Unentschieden gegen Heidenheim.
Die Erwartungen an Kohfeldt wurden größer. Nach der Rehhagel- und Schaaf-Ära war die Hoffnung da, dass wieder ein Trainer wieder langfristig eine Zeit im Club prägen könne und vermutlich hat er sich auch selbst ein Stück weit übernommen. Er wurde zum Gesicht des Vereins, musste sich auch zu nicht rein-sportlichen Themen äußern. Noch dazu war er der größte Fan des Vereins, was im Profibetrieb nicht immer ein Segen ist.
Im persönlichen Umgang ist er immer ehrlich und authentisch aufgetreten. Zu seiner Bremer Zeit hatte er immer etwas zu sagen, Pressekonferenzen waren nie langweilig, weil er keine abgedroschenen Antworten oder Floskeln von sich gegeben hat. Er hat immer den Eindruck vermittelt, dass er für seine Aufgabe brennt. Irgendwann ist der Funken aber nicht mehr zur Mannschaft übergesprungen. Denn den Abstieg konnte diese nicht mehr verhindern.
Inka Blumensaat, NDR, VfL Wolfsburg (2021-2022)
Ich erinnere mich genau an den Tag der Entlassung von Florian Kohfeldt in Wolfsburg im Mai 2022 nach nur sieben Monaten. Am Abend zuvor hatte er noch über das nach der Sommerpause anstehende Trainingslager und die dann folgende Saison gesprochen. Während eines Bundesligaspiels des Frauenteams - an dessen Ende die Meisterschale überreicht wurde, äußerst unpassend also - sickerte durch, dass die sportliche Führung mit Jörg Schmadtke und Marcel Schäfer Kohfeldt frei stellen werde. Das kam überraschend.
Zwar hatte Kohfeldt mit dem Team nur 20 Punkte in der Rückrunde geholt und zum Teil schmerzhafte Niederlagen einstecken müssen. Andererseits hatte man das Gefühl, dass er das Team zum Ende der Saison mit acht Punkten aus vier Spielen stabilisiert hatte - daran hatte auch Max Kruse Anteil, dem Kohfeldt besonders zugewandt war und den er wohl zu handlen wusste wie kein anderer.
Für die Ziele des VfL, der stets in den Europapokal einziehen will, war es aber jedenfalls zu wenig. Im persönlichen Umgang kann ich nur Gutes über Florian Kohfeldt sagen - ein netter, angenehmer Typ ohne den oft branchentypischen Tunnelblick mit Interesse für Dinge, die über den Fußballplatz hinausgehen.
Florian Kohfeldt spielte mit Wolfsburg in der Champions League.
Thomas Standaert, Het Nieuwsblad, KAS Eupen (2023-2024)
Florian Kohfeldt hatte einen guten Start in Eupen, aber ein großes Problem: Der von Wolfsburg geholte Stürmer Bartosz Bialek riss sich gleich in seinem ersten Freundschaftsspiel das Kreuzband. Für große weitere Verstärkungen fehlte das Geld.
Eupen war immer schon nah an der Relegation, deswegen war es eigentlich überraschend, dass der ehemalige Champions-League-Trainer Kohfeldt hier angefangen hatte. Elf Niederlagen in seinen letzten 14 Spielen führten dann zu einer unglaublichen Negativserie, die Mannschaft erzielte in dieser Zeitspanne auch nur fünf Tore.
Kohfeldt verkündete dann sein Ende nach einer Klatsche in Lüttich, weil er glaubte, dass das Team für den Klassenerhalt einen neuen Impuls brauchte. Aus der Mannschaft selbst gab es keine negativen Stimmen und auch der Vorstand war trotz der Niederlagen von ihm überzeugt. Im persönlichen Umgang empfand ich ihn als sehr nett, höflich und freundlich. In der schlechten Phase schoss er sich ein ums andere Mal zu sehr auf die belgischen Schiedsrichter ein, aber das machen auch andere Trainer.