Olympia-Historie Olympia 1964 in Tokio: Politisierte Premiere in Asien
Südafrikas Ausschluss, Chinas Boykott, die Mauer in Berlin und die USA in Vietnam: An weltpolitischen Turbulenzen mangelt es in Tokio nicht. An sportlichen Höhepunkten ebenso wenig.
Konflikte begleiten die ersten Spiele in Asien schon, bevor es richtig losgeht: Südafrika wird ausgeschlossen, weil drei seiner Funktionäre zuvor die Apartheidpolitik verteidigt haben. China fehlt aus Protest gegen die Teilnahme Taiwans.
Seit dem Mauerbau in Berlin 1961 kämpft das DDR-NOK um Anerkennung. Noch startet die deutsche Delegation allerdings unter gemeinsamer Flagge - nach fast hundert Gesprächen, in denen die Startplätze aufgeteilt werden.
Der Vietnam-Krieg eskaliert im Jahr der Spiele mit den ersten Bombardements durch die USA. Vier Tage nach Beginn der Spiele wird in Moskau Nikita Chruschtschow am 14. Oktober entmachtet: Die japanische Hauptstadt steht damit unfreiwillig als Symbol für eine lange Reihe von Spielen, die stark von den äußeren politischen Ereignissen geprägt sein werden.
Das Olympische Feuer entzündet der Japaner Yoshinori Sakai. Der Student ist in Hiroshima am 6. August 1945 geboren - am Tag des Abwurfs der ersten Atombombe.
Turnerin Latynina unübertroffen
Auf der Asche-Bahn zündet Bob Hayes seinen Turbo: Über 100 Meter rennt der US-Amerikaner in 9,9 Sekunden als erster Mensch unter zehn Sekunden, wenn auch mit zu viel Rückenwind. Sein Landsmann Al Oerter schockt die Konkurrenz mit olympischem Rekord von exakt 61 Metern im Diskuswerfen und holt sein drittes Gold in Folge.
Mittelstreckler Peter Snell aus Neuseeland brilliert mit einem Doppelsieg über 800 und 1.500 Meter. Der 18 Jahre alte Don Schollander (USA) erkämpft sich als erster Schwimmer vier Goldmedaillen bei Olympia. Sein weibliches Pendant, die Australierin Dawn Fraser, gewinnt über 100 Meter Freistil als erste Frau zum dritten Mal in Folge Gold in einer Schwimm-Disziplin.
Unvergessen auch ihr Fahnenklau vor dem Tokioter Kaiserpalast. Wegen dieses Vergehens verbringt sie eine Nacht in Polizeigewahrsam.
Die Russin Larissa Latynina verabschiedet sich mit sechs weiteren Medaillen, darunter zum dritten Mal in Folge Einzel-Gold am Boden, vom olympischen Parkett. Mit insgesamt neun Gold-, fünf Silber- und vier Bronzemedaillen ist sie bis heute die erfolgreichste Frau bei Olympischen Spielen.
Holdorf - König der Athleten
Einen der mitreißendsten Zehnkämpfe der Olympia-Geschichte bietet der Deutsche Willi Holdorf: Zehn Meter vor dem Ziel im abschließenden 1.500-m-Lauf beginnt der damals 24-Jährige zu taumeln. Doch mit geradezu titanischer Kraftanstrengung rettet er sich ins Ziel und bricht dahinter völlig erschöpft zusammen. Seinen Sieg registriert er erst Minuten später.