Surfen Olympia auf Tahiti - eine Insel kämpft mit den Spielen
Die Insel Tahiti steht für ungestörte Erholung im Pazifischen Ozean. Während der Olympischen Sommerspiele 2024 sind die Augen der Welt aber auch auf das französische Überseegebiet gerichtet. Und sie können neben spektakulären Surfbildern auch enttäuschte Einwohner sehen.
Parker Lester zieht in den frühen Morgenstunden einen seiner dunklen Plastikstühle über den steinigen Boden. Er braucht Platz, um die Tischdecke vor sich mit einem Tuch zu reinigen. Es ist einer von neun Tischen im Imbiss seiner Familie. Nur an einem von ihnen sitzt ein Gast.
Parkers Freude über die Olympischen Spiele in seinem Heimatort Teahupoʻo ist verflogen. "Am Anfang waren wir sehr zufrieden, das Olympische Komitee war hier, aber nach und nach haben wir gemerkt: Es gibt keine Kommunikation zwischen dem Komitee dort und der Bevölkerung hier", erzählt der Gastronom.
Neuer Platz, kaum Besucher
Der Imbiss ist nur eine Zwischenlösung. Eigentlich befindet sich sein Lokal in direkter Nähe zum Strand, hinter einer Brücke am Ende der Straße. Da dieser Bereich jedoch für die Wettkämpfe gesperrt und nur mit einer Akkreditierung zugänglich ist, musste Parker umziehen. Sein Übergangslokal befindet sich nun etwa 300 Meter vor dieser Absperrung an einem Sicherheits-Checkpoint. "Gäste verirren sich selten hierher", erklärt Parker und blickt zur Straße.
Imbiss-Betreiber Parker Lester.
Polizisten leiten die anreisenden Olympia-Besucher mit hektischen Handbewegungen in Richtung Fanzone an der Brücke - vorbei am Imbiss.
Strenge Auflagen für Einheimische
Surfwettbewerbe haben Tradition für die etwa 1.400 Einwohner in Teahupoʻo, und normalerweise ist der Zugang für alle offen. Die strengen Sicherheitsbestimmungen bringen jedoch Einschränkungen für alle Bewohner Tahitis mit sich.
"Das beginnt schon 30 Kilometer vorher, wenn die Polizei kontrolliert, ob du hier wohnst", berichtet Franco, einer von vielen privaten Ferienhaus-Vermietern auf Tahiti: "Wir sind stolz, uns der Welt als Gastgeber zu präsentieren, aber hier wird unsere Geduld ausgenutzt. Ich muss teilweise zwei Stunden mehr einplanen, wenn ich vom Markt komme."
Olympia-Starter im Paradies
Tim Elter und Camilla Kemp spüren von dem Frust nichts. "Wir werden super behandelt, alle sind super fröhlich, dass wir da sind", sagt Kemp, die erste deutsche Frau, die sich für das olympische Surfen qualifiziert hat. Die Zeit vor und während des Wettbewerbs verbringen die beiden auf einem Kreuzfahrtschiff.
Ein schwimmendes olympisches Dorf mit Außenpool und mehreren Bars, das direkt am Strand etwa zehn Kilometer vor Teahupoʻo ankert. "Es ist der Hammer, auf diesem Boot zu sein, es gibt einem ein krasses olympisches Gefühl, viel mehr als wir erwartet hätten", erklärt Elter, der allerdings ebenso wie Kemp früh aus dem Wettbewerb ausschied.
Eindrucksvolle Action
Der olympische Surfcontest findet etwa 1,5 Kilometer vor Teahupoʻo draußen auf dem Pazifik statt. Die Wellen hier sind berühmt und berüchtigt. Bei optimalen Bedingungen erreichen sie eine Höhe von bis zu zehn Metern, direkt unter der Wasseroberfläche erstreckt sich ein spitzes Korallenriff.
Auf spektakuläre Bilder müssen die Zuschauer in der Fanzone also nicht lange warten. Eine XXL-Leinwand zeigt die Liveeindrücke vom Wasser, ein Kommentator begleitet das Geschehen auf Englisch und Französisch. Kühle Getränke gibt es bei sommerlichen Temperaturen um die 25 Grad zu erschwinglichen Preisen.
Die Fanzone für die Surf-Wettbewerbe auf Tahiti.
Nach einem Durchlauf, auch Heat genannt, werden die Teilnehmer auf Jetskis an die Fanzone herangeführt. Hochgestreckte Arme und Jubel in Richtung Land, gezückte Smartphones und in die Luft gestreckte Nationalfahnen in Richtung Wasser.
Mit aufgerissenen Augen schreien beide Seiten die Emotionen heraus, bevor es für die Sportler zurück in den abgesperrten Bereich geht. Es ist einer der wenigen olympischen Momente, den Athleten und Fans auf Tahiti miteinander teilen.
Wetterkapriolen beeinflussen den Zeitplan
Schon mehrfach mussten Teile des Wettkampfes allerdings witterungsbedingt verschoben werden. Zu starke Winde, zu viel Niederschlag. Keine Seltenheit im Surfsport. Aus diesem Grund sind bei den Olympischen Spielen neben den vier gesetzten Tagen auch noch sogenannte Puffertage eingeplant.
Wird ein Wettkampf verschoben, kann er an anderer Stelle fortgesetzt werden. "Dann kommen wir halt morgen, kein Problem", berichtet ein Zuschauer an der Einlasskontrolle zur Fanzone. Rund 20 Minuten zuvor ist eine Zwischenrunde im Frauen-Wettbewerb erneut abgesagt worden. Der Eintritt in die Fanzone ist an allen Tagen kostenlos.
Momente, von denen Parker Lester in seinem Imbiss nicht viel mitbekommt. Er verfolgt das Renngeschehen meist auf seinem Smartphone und hofft darauf, bald wieder in seinem Stammlokal arbeiten zu können.